No more page Three: Brüste raus, sexuelle Gleichstellung rein
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Helene SindlThe Sun ist die meistgelesene Zeitung Großbritanniens. Seit 1970 beherbergt Seite 3 ein weibliches Oben-ohne-Model. Das Feature wurde schon als objektivierend, frauenfeindlich und schädigend für die männliche Wahrnehmung von Frauen, und auch für das weibliche Selbstbild, betrachtet.
Schließlich hatte die Gesellschaft genug. Die "No More Page"- Petition hat schon 184 000 Unterschriften gesammelt. Cafébabel hat mit Ceris Aston, der Gründerin von NMP3 Edinburgh gesprochen.
Cafébabel: Warum denkst du, dass es wichtig ist Seite 3 abzuschaffen?
Ceris Aston: Es gibt einige gute Gründe. Einer der mich wirklich stört ist, dass viele Leute denken es sei trivial. Sie fragen: „ Wenn du dich als Feministin auf Kampagnen konzentrierst, warum dann auf diese? Gibt es keine wichtigeren Dinge, um die man sich sorgen muss?“ Die Tatsache, dass die Leute die Sache als so belanglos ansehen, zeigt wie weit verbreitet, aber auch wie schädigend sie ist In der am meisten gelesenen Zeitung Großbritanniens (12,4 Mio. Menschen lesen jede Woche die Printausgabe, Red.) werden Frauen als Objekte mit großen Brüsten dargestellt wohingegen Männer agieren können: Männer können die Welt verändern und Frauen stehen bloß barbusig daneben- eine grausige Aussage. Die Tatsache, dass so viele Menschen denken, dass es nicht so wichtig ist, lässt mich die Kampagne umso mehr durchführen wollen- um hervorzuheben warum diese Dinge ausschlaggebend sind.
Ich habe mit so vielen Frauen gesprochen, die sagen „ich habe so ungefähr meine gesamten Teenagerjahre damit verbracht mich unwohl zu fühlen, weil irgendwelche Typen mich mit den Bildern auf Seite 3 verglichen. Sie waren der Meinung, es wäre in Ordnung zu bewerten wie gut jemandes Titten seien.“ Ihr Einfluss war wirklich herabwürdigend. Wenn Seite 3 ein Symbol für den Sexismus in unserer Gesellschaft ist, dann könnte sie zu verändern ein Zeichen dafür sein, dass sich die Gesellschaft wandelt.
Cafébabel: Denkst du, dass Seite 3 ein Relikt einer vergangenen Zeit ist, in der Sexismus weit verbreitet und tief verwurzelt war?
Ceris: Ja, er kommt aus einer Zeit, in der es als in Ordnung angesehen wurde offen sexistisch zu sein. Heutzutage sagen die Misogynisten „Och, jetzt gibt es diese sexuelle Belästigung- früher dachten die Leute es sei ein Kompliment, wenn man sie in den Hintern zwickte oder auf der Arbeit ‚wunderschön‘ nannte.“
Cafébabel: Denkst du sie schafft ein Schönheitsideal von Frauen, das nicht realistisch ist und so Frauen, insbesondere junge Mädchen, unter Druck setzt? Könnte das mit der heutigen Verbreitung von Essstörungen in der Gesellschaft in Verbindung stehen?
Ceris: Ich denke schon. Eines der Argumente der Sun zur Verteidigung von Seite 3 ist, dass es eine „Zelebrierung weiblicher Schönheit“ ist. Aber das ist sie nicht. Sie feiert nur eine recht kleine Gruppe von Frauen, ich denke so 18- 22 Jahre alt, die große Brüste haben, größtenteils weiß und mager sind und Figuren haben, die die meisten Frauen nicht haben. Ich denke, das ist unglaublich schädigend fürs Selbstbewusstsein.
Für viele heranwachsende Mädchen gibt es da diese Erwartungshaltung seitens der Gesellschaft, dass eine Frau und ihre Rolle folgendermaßen aussehen sollten: attraktiv und sexuell verfügbar sein. Das ist das Bild, das Seite 3 schafft. Es ist extrem objektivierend.
Keiner der Gründe, die die Sun vorbrachte, um sie beizubehalten, sind in irgendeiner Art und Weise relevant - „ein bisschen kesser Spaß“- aber es ist kein Spaß. The Sun ist eine Familienzeitung- etwas womit die Leute aufwachsen. Ob deine Eltern sie kaufen oder nicht, es gibt sie noch immer. Ich denke nicht, dass das Argument „ wenn du es nicht magst, kauf es nicht“ hier überhaupt gilt.
Cafébabel: Gibt es Anzeichen dafür, dass die Verleger und Besitzer der Sun zuhören?
Ceris: Rupert Murdoch hat auf den Tweet eines Anhängers geantwortet „Seite 3 ist sowas von letztes Jahrhundert“. Außerdem sagte er „ vielleicht haben Sie Recht- wir denken über eine Art Mittelweg nach, mit glamourösen Fashionistas“: Nun...sie schenken der Kampagne Aufmerksamkeit. Ich bin nicht sicher, dass dies wirklich das ist, was wir als Ideallösung anstreben, aber wir werden gehört.
The Sun organisiert Check ‘em Tuesdays in Zusammenarbeit mit der Coppafeel Campaign, um junge Frauen dazu zu bringen ihre eigenen Brüste auf frühe Anzeichen von Brustkrebs hin zu untersuchen. Die Leute spekulieren, dass The Sun dies tut, weil sie Seite 3 aufgrund der vielen negativen öffentlichen Aufmerksamkeit als etwas potenziell Positives neu gestalten müssen. Coppafeel ist eine großartige Kampagne. Ich denke dennoch, dass es traurig ist, dass die Sun nur darauf kam eine jugendliche, halbnackte Frau in einer sexualisierten Pose abzubilden, um auf Brustkrebs und Früherkennung aufmerksam zu machen. Es ist ein Feiern der Brüste, die Brustkrebspatientinnen nicht unbedingt haben. Dies setzt Begehrlichkeit und Weiblichkeit mit „perfekten“ Brüsten gleich.
Cafébabel: Wie läuft die Kampagne bezüglich der Zahlen, relevanter Erfolge...?
Ceris: Über 100 MPs haben unterschrieben, wir erhalten Unterstützung von MPs, MSPs, und Mitgliedern der Welsh Assembly, einigen berühmten Persönlichkeiten, sogar Russell Brand unterstützte vor Kurzem die Kampagne.
No More Page 3 hat das Cheltenham Frauenfußballteam gesponsert, was sowohl auf die Kampagne als auch auf Frauensport aufmerksam macht, welcher nicht genug gewürdigt wird.
Cafébabel: Was denkst du sind die heimtückischsten Ausprägungen von Sexismus, abgesehen von Seite 3?
Ceris: Auf jemandes Geschlecht hinweisen, weil es überrascht. Insbesondere im Sport hört man oft „unglaublich, dass es eine Frau war, die das geschafft hat“.
Erst neulich habe ich eine Liste gesehen, in der die Treuhänder einer großen Organisation aufgeführt waren- dass nur eine von ihnen eine Frau war, ist bezeichnend. Aber das ist unerheblich. Wie oft ist das Geschlecht nicht von Bedeutung, aber wenn es überraschend scheint, machen es die Leute zum Thema. Wenn es noch immer überrascht, dass Frauen Machtpositionen übernehmen, dann haben wir noch einen langen Weg vor uns.
No More Page 3 Gedicht von Sabrina Mahfouz
Cafébabel: Lucy-Ann Holmes hat gesagt, sie hätte chance.org nutzend die Kampagne auf gut Glück gestartet- sie hat sich einfach entschieden eine Petition zu initiieren, und war dann erstaunt, als sie tatsächlich Fahrt aufnahm. Denkst du das Internet hat eine wichtige Rolle zu spielen, wenn es darum geht die Gesellschaft zu befähigen Dinge zu ändern und Institutionen einzurichten, und den Leuten so zu zeigen, dass die Dinge nicht immer so sein müssen wie sie waren?
Ceris: Das Internet ist eine seltsame Sache, denn es kann uns Macht verschaffe, uns aber auch genauso entmachten. Es ist eine demokratisierende Kraft, denn zum Beispiel auf Twitter ist es egal wer man ist, es ist nur wichtig, dass man gehört wird- und das ist möglich.
Das Internet hat viel Potential. Es ist ein Weg, Leute, denen dasselbe Problem wichtig ist, zusammenzubringen. Ich weiß nicht, wie diese Kampagne ohne die social media realisiert worden wäre.
Natürlich läuft man immer auch in Gefahr von einer Menge Bilder von Katzen abgelenkt zu werden.
Cafébabel: Es scheint für die Leute ermutigend zu sein, dass sie auf der No More Page 3 Homepage ihre Geschichte erzählen können und sehen, dass andere dieselben Sachen erlebt haben. Die Leute werden weniger mit ihren Erlebnissen allein gelassen.
Ceris: Genau. Die Kampagne gibt den Leuten Kraft, die sich damit lange unwohl gefühlt haben, die noch nicht einmal dachten „ich kann es nicht ändern“, da es ihnen nicht einmal in den Kopf kam dies zu ändern.
Aber wenn dann jemand aufsteht und sagt „eigentlich hat dies keinen Platz in einer Zeitung, das sind keine Nachrichten, das ist eine junge Frau, die ihre Brüste entblößt, um Männer anzuregen- das sind keine Nachrichten“, dann stimmt plötzlich jeder damit überein. „Du hast Recht, das hat mich so lange beeinflusst, es hat Einfluss darauf genommen, wie ich mich heute sehe, wie Männer mich sehen, das mag ich nicht.“ Es ist wunderbar, wenn das passiert.
Unterschreibt die Petition.
Schließt euch No More Page 3 Edinburgh an.
Macht mit bei "Boobs Aren't News: media, power & page 3", No More Page 3 Edinburgh's Veranstaltung am 2 April.
Translated from Boobs are not news: No more page Three.