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Niederländer strafen EU ab: Nee, nee, nee, nee, nee

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Politik

Die Niederländer haben das EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine im Referendum am Mittwoch mehrheitlich abgelehnt. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 32 Prozent, womit das Quorum erfüllt wurde. Kommentatoren werten das Ergebnis als Ohrfeige für die EU und sehen diese gut zwei Monate vor dem Brexit-Referendum gefährlich geschwächt.

De Volkskraant: Regierung Rutte im Teufelskreis gefangen; Niederlande

Die klare Mehrheit der Niederländer gegen das EU-Abkommen mit der Ukraine setzt Den Haag und die EU unter Druck, stellt die linksliberale Tageszeitung De Volkskrant fest: „Die niederländischen Wähler haben den Zweifeln an der Zukunft des europäischen Projekts am Mittwoch erneut Nahrung gegeben. Die Regierung Rutte steht nun vor der lebensgroßen Herausforderung, das Ergebnis in etwas Greifbares umzusetzen, etwas das die Volkswut nicht noch vergrößert. [...] Doch die Enttäuschung ist programmiert. [...] Es droht ein Teufelskreis der Euroskepsis. Was das Kabinett auch tut, das Nein-Lager wird jedes europäische Zugeständnis als Kosmetik verstehen, als eine Bestätigung des Bildes, dass die Niederlande in der Realität wenig zu sagen haben. Eine Bestätigung des Gefühls, dass es Grund für die Wut gibt. Das Referendum hat dieser Wut erneut eine Stimme gegeben, aber sicherlich nicht den großen Druck vom Kessel genommen.“ (Artikel vom 7. April 2016)

Il Sole 24 Ore: EU ist der große Verlierer; Italien

Die Niederländer haben der EU eine schallende Ohrfeige verpasst, und das so kurz vor dem britischen Referendum, stöhnt die liberale Wirtschaftszeitung Il Sole 24 Ore: „Den Haag könnte nun verlangen, einige Klauseln des Abkommens neu zu diskutieren, vor allem diejenigen mit politischem Charakter. Doch dürfte das Abkommen, das auf gemeinschaftlicher Ebene ausgehandelt und ratifiziert wurde, schwerlich in seinem Gesamtansatz abgewandelt werden. Dennoch ist die EU, die schon mit quälender Ungewissheit das Brexit-Referendum vom 23. Juni erwartet, der großer Verlierer. Und sieht voller Sorge auf einen Präzedenzfall auf dem Gebiet internationaler Absprachen, der das gesamte Entscheidungssystem der EU in Frage stellen könnte.“ (Artikel vom 7. April 2016)

Postimees: Niederländer spielen Moskau in die Hände; Estland

Die Niederländer haben mit ihrem Nein beim Referendum die Einheit Europas aufs Spiel gesetzt, schimpft die liberalkonservative Tageszeitung Postimees: „Die Gegner des Assoziierungsabkommens sagen, dass die Ukraine ein korrupter Staat ist und dass sie kein neues Griechenland in Europa wollen. Es ist ihnen egal, dass niemand außer den Ukrainern selbst von einem Beitritt in die EU redet. Es ist nicht schwer zu erraten, in welcher Hauptstadt man sich über dieses Ergebnis besonders freut. Bis jetzt gelang es der EU, in der Ukraine-Frage und bei den Sanktionen mit einer Stimme zu sprechen, auch wenn es ab und zu Kritik gab. Nun haben die Niederländer diese Einheit aufs Spiel gesetzt. Es ist die Ironie der Geschichte, dass die Sanktionen gegen Russland gerade nach dem Abschuss des Malaysian-Airlines-Fliegers in der Ostukraine 2014 eingesetzt wurden. Die meisten Getöteten in dieser Katastrophe waren Niederländer.“ (Artikel vom 7. April 2016)

Gazeta Wyborcza: Niederländer können gesamte EU blockieren; Polen

Eine Ablehnung des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine durch die Niederländer wäre verheerend, meint der liberale Abgeordnete des polnischen Parlaments Marcin Święcicki in einem Gastbeitrag für die liberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza: „Das hieße für die gesamte Gemeinschaft, dass eine einfache Mehrheit in einem Referendum in einem einzigen Land ausreicht, um eine Entscheidung zu blockieren, die alle anderen 27 Staaten, das Europaparlament und auch die Ukraine gefällt haben. Das Recht auf ein Veto bei den wichtigsten Angelegenheiten führt dazu, dass die EU keine Entscheidungen fällen kann. Dies bestätigt die These, dass die EU entweder auseinander fällt oder ein föderales System bilden muss, in dem Entscheidungen mit einer einfachen Mehrheit der Stimmen gefällt werden, die demokratisch gewählte Institutionen treffen.“ (Artikel vom 5. April 2016 - vor dem Referendum)

Lost in Europe: Trendsetter für den Brexit?; Belgien

Das Referendum in den Niederlanden ist ein Testlauf für die Brexit-Abstimmung in Großbritannien, meint Eric Bonse in seinem Blog Lost in Europe: „Es macht [...] keinen Sinn, wie es die Mainstream-Medien tun, die Referenden in beiden Ländern als 'willkürlich', 'überflüssig', 'am Thema vorbei' etc. abzutun. Das greift zu kurz. Wir täten besser daran, das Leiden an diesem Europa und seiner (zunehmend deutschen) Führung, ernst zu nehmen. Es ist ein zutiefst demokratisches Leiden, auch wenn es populistisch daherkommt. Wenn die Niederländer Nein sagen, könnten sie zu Trendsettern für die Briten - und den 'Brexit' - werden. 2005 ist das schon einmal passiert - damals haben sie den Verfassungsvertrag zu Fall gebracht.“ (Artikel vom 5. April 2016 - vor dem Referendum)

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