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Nie wieder Mafiaboss! Das Berlin Asian Film Network

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Berlin

Das Schauspielerleben ist bekanntlich schwer, aber das von asiatisch aussehenden Mimen noch viel mehr. Um asiatische Deutsche beim Schauspielern und Filmemachen zu unterstützen, haben Anna Hong Xian und Thuy Trang Nguyen 2012 das „Berlin Asian Film Network“ gegründet. Zwei Jahre später laden sie zu Filmscreenings ein und vernetzen Filmenthusiasten.

Schumm­ri­ge Be­leuch­tung, eine gut ge­hen­de Bar und ein Junge, der auf der Lein­wand Blu­men zer­tram­pelt. Was wie eine nor­ma­le Film­vor­füh­rung aus­sieht, ent­puppt sich schnell als Kul­tur­pro­jekt mit ge­sell­schaft­li­cher Agen­da. „Vor zwei Jah­ren, als ich von der Film­aka­de­mie in Pe­king zu­rück nach Ber­lin ge­kom­men bin, habe ich nach Film­netz­wer­ken für asia­ti­sche Deut­sche ge­sucht. Es gab kein ein­zi­ges“, meint Anna Hong Xian, die zu­sam­men mit Thuy Trang Nguy­en im Au­gust 2012 das Ber­lin Asian Film Net­work ge­grün­det hat. Das erste Tref­fen fand noch auf einer Bier­bank vor einem Kiosk statt. Seit an­dert­halb Jah­ren or­ga­ni­sie­ren die bei­den jetzt re­gel­mä­ßig ihre Meet ‘n‘ Screen ge­nann­ten Ver­an­stal­tun­gen, bei denen sie Kurz­fil­me zei­gen und zur Dis­kus­si­on ein­la­den.

Bei dem Tref­fen im März 2014 sind das der ver­stö­rend poe­ti­sche Kurz­film The Use­l­ess Flowers (2013) von In­grid Wong Tsz Yin und zwei Do­ku­men­tar­fil­me von Bao Nguy­en. „Bei der Film­aus­wahl legen wir den Schwer­punkt ganz be­wusst auf asia­ti­sche Filme und asia­ti­sche Fil­me­ma­cher in der Dia­spo­ra“, un­ter­streicht Thuy. Be­son­ders wich­tig sei es ihnen, auf die immer noch ste­reo­ty­pe Dar­stel­lung asia­ti­scher Deut­scher hin­zu­wei­sen und daran zu ar­bei­ten, dass die­sen nicht mehr nur Kli­schee­rol­len an­ge­bo­ten wür­den: „Fang Yu, einer der we­ni­gen chi­ne­si­schen Schau­spie­ler in Deutsch­land, muss so­wohl den Ma­fia­boss als auch den Sen­s­ei mimen", er­zählt Anna. Daher setzt sich das Ber­lin Asian Film Net­work im Geis­te der Viel­falt für eine ef­fek­ti­ve­re Ver­net­zung asia­ti­scher Film­schaf­fen­der und eine bes­se­re Zu­sam­men­ar­beit mit deut­schen Pro­duk­tio­nen ein.

Jiang Ding­ding, der schon seit zwei Jah­ren an der Deut­schen Film- und Fern­seh­aka­de­mie Ber­lin (dffb) stu­diert, hat stark vom Netz­werk pro­fi­tiert: „Es ist toll, an­de­re Fil­me­ma­cher zu tref­fen und Hilfe bei den ei­ge­nen Pro­duk­tio­nen zu be­kom­men. Au­ßer­dem kann ich hier chi­ne­si­sche Freun­de fin­den!“ Auch Dieu Hao Do, der an der Hoch­schu­le für Film und Fern­se­hen Kon­rad Wolf (HFF) Regie lernt, schaut re­gel­mä­ßig vor­bei: „Ent­ge­gen allen Vor­stel­lun­gen gibt es gar nicht so viele asia­ti­sche Deut­sche in Ber­lin und Film­schaf­fen­de sind dar­un­ter noch we­ni­ger. Daher sind die Scree­nings per­fekt, um sich ge­gen­sei­tig zu mo­ti­vie­ren.“ Ob­wohl ei­ni­ge der Mit­glie­der des Ber­lin Asian Film Net­work einen chi­ne­si­schen oder viet­na­me­si­schen Hin­ter­grund haben, ver­or­tet sich das Netz­werk jen­seits aller geo­gra­fi­schen Gren­zen: „Es geht um ganz Asien. Auch wenn das ein rie­si­ger Kon­ti­nent ist, haben viele Deut­sche nur eine be­grenz­te Idee davon, was Asien ei­gent­lich ist“, meint die An­thro­po­lo­gie­stu­den­tin Trang Tran Thu, die in die­sem Jahr neu zum Netz­werk ge­sto­ßen ist. 

Fil­me­ma­chen ist auch Ak­ti­vis­mus

Da Thuy sich auf ihre Filme kon­zen­trie­ren will, über­nimmt Trang den ak­ti­vis­ti­schen Teil: „Wir wol­len uns selbst re­prä­sen­tie­ren und nicht nur re­prä­sen­tiert wer­den. Es gibt noch kein Netz­werk für asia­ti­sche Deut­sche in der Film­bran­che? Na, dann grün­den wir eben eins!“ un­ter­streicht Trang die ge­sell­schafts­po­li­ti­sche Di­men­si­on. Daher ist ihnen die Zu­sam­men­ar­beit mit Kul­tur­ver­ei­nen wie kori­en­ta­ti­on e.V. und den Ver­an­stal­tern des Asian Film Fes­ti­val Ber­lin be­son­ders wich­tig. Mitt­ler­wei­le kom­men zu den mo­nat­li­chen Scree­nings um die 30 Ki­no­en­thu­si­as­ten, aber auch ei­ni­ge äl­te­re Film­freun­de wie der Jour­na­list Kevin Chen oder die Schau­spie­ler Fang Yu und Guo Zeng Quan ge­hö­ren zum Netz­werk.

Die Ent­schei­dung, die Filme in Bars vor­zu­füh­ren, ist eine be­wuss­te: „Es wäre scha­de, wenn wir nur steif am Tisch säßen,“ meint Thuy. „Wir woll­ten un­se­re Tref­fen mit den Fil­men etwas auf­lo­ckern.“ Wäh­rend die ers­ten Vor­füh­run­gen in der Film­kunst­bar in Kreuz­berg statt­fan­den, tref­fen sich die Mit­glie­der des Netz­werks mitt­ler­wei­le im Stu­di­o8 im Nor­den Ber­lins, der nicht un­be­dingt zu den be­lieb­ten Ecken der deut­schen Haupt­stadt ge­hört: „Das baut Vor­ur­tei­le ganz an­de­rer Art ab, nicht glo­bal son­dern ein­fach nur in­ner­halb von Ber­lin“, er­klärt Trang und lacht.

Für die Zu­kunft wünscht sich Anna, das Ber­lin Asian Film Net­work als Ver­ein zu or­ga­ni­sie­ren und Kon­tak­te auch in an­de­re deut­sche Groß­städ­te zu knüp­fen. „Viel­leicht kön­nen wir auch asia­ti­schen Künst­lern aus an­de­ren Spar­ten eine Bühne bie­ten“, hofft Trang. Im Stu­di­o8 könn­te die Stim­mung an die­sem Abend auf jeden Fall nicht bes­ser sein. Noch lange nach­dem der letz­te Ab­spann ge­lau­fen ist, scha­ren sich die Fil­men­thu­si­as­ten um ihr Bier und reden über Kino, Dreh­bü­cher und das Leben in Ber­lin. Schon so man­che Ge­mein­schafts­pro­duk­ti­on hat hier ihren An­fang ge­nom­men. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis eine davon auch die gro­ßen Lein­wän­de er­obert.

Die­ser Ar­ti­kel wurde erst­mals am 09. Mai 2014 auf der Web­site des Goe­the-In­sti­tut China ver­öf­fent­licht. Alle Rech­te lie­gen bei der Au­to­rin und dem Goe­the-In­sti­tut China.