Participate Translate Blank profile picture
Image for Nicht mehr Schmitteinander: Orbans Präsident tritt wegen Plagiat zurück

Nicht mehr Schmitteinander: Orbans Präsident tritt wegen Plagiat zurück

Published on

Story by

euro topics

Politik

Wegen Plagiatsvorwürfen ist Ungarns Präsident Pál Schmitt am Montag zurückgetreten. Er soll große Teile seiner Doktorarbeit abgeschrieben haben. Schmitt war völlig ungeeignet und ohnehin nur eine Marionette von Premier Viktor Orbán, meinen einige Kommentatoren. Für andere beweist der Rücktritt, dass in Ungarn noch demokratische Spielregeln gelten.

Népszabadság: Schmitt zum Präsidenten gewählt, weil Viktor Orbán es so wollte; Ungarn

Eine Universitätskommission stellte in der vergangenen Woche fest, dass Pál Schmitt seine gesamte Dissertation aus dem Jahr 1992 von anderen Autoren abgekupfert hatte. Daraufhin wurde ihm der Doktortitel aberkannt. Nach Ansicht der linksliberalen Tageszeitung Népszabadság war Schmitt für das Präsidentenamt völlig ungeeignet: "Alle wussten, dass er ungeeignet ist. Premier Viktor Orbán wusste es, der ihn zum Kandidaten machte, Parlamentspräsident László Kövér wusste es, der von Anfang an gegen Schmitts Kandidatur war, das Präsidium der Regierungspartei Fidesz wusste es, die Fraktion des Fidesz wusste es, das Parlament wusste es, Budapest wusste es, ja, das ganze Land wusste es. Und dennoch. Dennoch wurde Pál Schmitt zum Präsidenten gewählt, weil Viktor Orbán es so wollte. Er wollte es, weil er wusste, dass er genau so einen Mann benötigt, [...] der nicht bockbeinig ist, und der ohne Nachzudenken jedes Gesetz unterschreibt, das ihm vorgelegt wird. Und so wurde die Inkompetenz zur Tugend erhoben." (03.04.2012)

Rzeczpospolita: Wie sieht es aus mit der Demokratie in Ungarn? Nicht schlecht!; Polen

Plagiate: Von Guttenberg “Googleberg” bis Saif al-Islam al-Gaddafi

Der Rücktritt des ungarischen Staatsoberhauptes Pal Schmitt zeigt, dass in Ungarn entgegen der Vorwürfe der linken Presse doch demokratische Spielregeln gelten, meint die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita: "Kein Präsident (auch einer, der kaum Kompetenzen hat) kann in einem demokratischen Land in der Politik bleiben, wenn er sich gleichzeitig dem Verdacht ausgesetzt sieht, dass er eine Arbeit plagiiert hat. […] Schmitt hat damit die linke Presse Lügen gestraft. Wenn Ungarn tatsächlich so ein Staat wäre, wie die europäischen Zeitungen schreiben, dann müsste er nicht zurücktreten. Denn er wird von der Immunität geschützt, weiß eine bedeutende parlamentarische Mehrheit hinter sich und genießt das Wohlwollen des Premiers. Außerdem hat die Wochenzeitung HVG die Plagiatsaffäre ans Tageslicht gebracht, die nicht mit der Regierung sympathisiert. […] Wie sieht es nun also aus mit der Freiheit des Wortes und der Demokratie in Ungarn? Wohl gar nicht mal so schlecht." (03.04.2012)

Süddeutsche Zeitung: Fahrensmann von Orbán nicht aus Nibelungentreue im Amt gehalten; Deutschland

Der Rücktritt Pál Schmitts vom Amt des Präsidenten kommt Ungarns Premier Viktor Orbán sehr gelegen, meint die linksliberale Süddeutsche Zeitung: "Schmitt hatte seinen wichtigsten Job - mehr als 360 Gesetze ohne weitere Nachfragen zu unterzeichnen - ohnehin bereits erledigt. Der Umbau der Verfassung gilt als weitgehend abgeschlossen, Schmitt hat seine Schuldigkeit getan. Außerdem lenkt die Affäre von anderen Problemen ab: den stockenden Verhandlungen mit dem IWF, der schwierigen Haushaltslage. Die viel gescholtenen westlichen Zeitungen schreiben endlich mal über etwas anderes als über die geschundene ungarische Demokratie, und nicht nur das: Westen und heimische Opposition müssen einräumen, dass ein Fahrensmann von Orbán nicht aus Nibelungentreue im Amt gehalten wurde. Der demokratische Prozess hat funktioniert. Schmitt hat unter dem Druck der Öffentlichkeit, der Opposition wie von Teilen der Regierungspartei resigniert." (03.04.2012)

28 Länder - 300 Medien - 1 Presseschau. Die euro|topics-Presseschau zeigt, welche Themen Europa bewegen und spiegelt die Vielfalt an Meinungen, Ideen und Stimmungen wider.

Illustrationen: Teaserbild (cc)I LIKE IT SIMPLE/flickr; Van Rompuy und Schmitt (cc)President of the European Council/flickr

Story by