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Natalie Weiss: Deutsche Modebloggerin in Paris

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BrunchGesellschaft

Seit 2008 bloggt Natalie „Schnati“ Weiss auf dem größten deutschen Modeblog LesMads („Les Mademoiselles“). Ein Studienaufenthalt in Paris war dann die Gelegenheit, direkt aus der Modemetropole zu bloggen. In ihrem Blog Schnati à Paris (Schnati in Paris) präsentiert die 22-Jährige eigene Outfits, zeigt, was sie inspiriert und berichtet von Modenschauen und anderen Events.

Schnati kauft viele ihrer Sachen in Vintage-Läden, aber ebenso bei H&M„Ich dachte immer, es wäre ein Witz, dass Paris im August wie ausgestorben ist.“ Natalie alias Schnati wirft einen Blick auf die Touristenmassen, die sich an diesem warmen Sommertag durch das Marais –Viertel drängen. Sie lacht kurz auf: „Aber es stimmt, es ist niemand hier.“ Wir lassen uns in einer Bar nieder, Schnati bestellt ein belegtes Baguette ("Sorry, ich habe heute noch nichts richtiges gegessen") und Wasser.

Seit Anfang 2010 lebt sie in Paris, bis Mitte Oktober bleibt sie noch. Eigentlich studiert Schnati in Köln Medienkulturwissenschaften und Medieninformatik („Ab Herbst kommt da leider viel zu viel Informatik auf mich zu.“), an der Sorbonne Nouvelle III belegte sie Kurse im Fach Cinéma. Hauptsächlich wegen ihres französischen Freundes hat sie sich entschieden, ihren Erasmus-Aufenthalt hier zu verbringen: „Und natürlich ist Paris eine absolute Modemetropole.“ Von typischen Erasmus-Leben hat sie allerdings nicht viel mitbekommen: „Es ist was anderes, wenn man hier mit seinem Freund zusammen wohnt. Dafür kann ich mir an der Uni Köln fast alle meine Kurse anrechnen lassen.“

Bezahlte Blogger: Exoten in Deutschland

Das Bild ist Teil der Serie "Gipsy", fotografiert von Schnatis FreundSchnati trägt eine schwarze Bluse mit hellen Tupfen, dazu eine beigefarbene, enge Hose. Das Haar hat sie locker auf dem Kopf zusammengenommen und um den Hals baumelt eine langgliedriege Kette mit vielen kleinen Schlüsseln. Mehrmals in der Woche stellt Schnati Fotos von ihren Outfits online. Die Leser können per Kommentarfunktion ihre Meinung dazu ablassen. „Kommentare sind eigentlich immer radikal“, stellt die Bloggerin fest. „Entweder, die Leute finden etwas ganz toll – oder sie wollen sich beschweren. Konstruktives Feedback gibt es leider selten. Bei einigen habe ich das Gefühl, sie sind neidisch, weil sie vielleicht mit ihrem Blog auch gerne Geld verdienen würden.“ Zumindest in Deutschland ist Schnati noch eine Rarität, denn sie wird fürs Bloggen bezahlt. „Es wird da viel falsches erzählt“, sagt sie und man merkt, mit diesem Thema wird sie immer wieder aufs Neue konfrontiert. „Meine Schwester Jessica und Julia Knolle haben LesMads 2007 gegründet. Von Anfang an wurden Gespräche mit dem Burda-Verlag geführt. Der fand die Ideen gut, ist dann ins Geschäft mit eingestiegen.“ Aus einigen Kommentaren auf der Seite lässt sich schließen, dass gerade diese Professionalisierung kritisiert wird. Schnati: „Wir haben eine riesige Freiheit beim Bloggen, die ist nahezu unendlich. Außerdem geht aus der Seite klar hervor, dass wir angestellt sind. Aber wir bleiben uns selbst treu, da mischt sich der Verlag nicht ein.“

Hype um 13-jährige Bloggerinnen? Nicht in Europa.

Schnati sieht sich selbst als "Vor-Ort-Bloggerin" und berichtet besonders gerne von Mode-Events - die Einladungen dazu flattern immer öfter ins HausFür Schnati ist das Bloggen momentan „nur“ ein Studentenjob, ihre Schwester Jessica hingegen arbeitet Vollzeit für LesMads: „Wenn ich Uni habe, kann ich natürlich nicht so viel Zeit fürs Bloggen aufwenden. Momentan investiere ich quasi den ganzen Tag. Der Arbeitsaufwand wird generell unterschätzt. Die Leute sehen den Artikel auf der Seite – aber sie sehen nicht, dass man dafür stundenlang im Internet gesucht und gelesen hat.“Ich frage Schnati, ob sie sich als Bloggerin in der Medienbranche generell akzeptiert fühlt. Sie denkt kurz nach. „Klar, mittlerweile werden wir ernster genommen und bekommen viele Einladungen von Designern und Marken.“ In den USA wäre man allerdings schon viel weiter: „Die Resonanz ist eine ganz andere. In Deutschland würde eine 13-jährige Bloggerin, die zu Modeschauen geht, nicht akzeptiert. In den USA werden Blogger mehr gehypt, in Europa ist das Phänomen nicht so ausgeprägt. In Amerika ist auch die Vernetzung innerhalb der Branche viel größer.“

Überhaupt, die europäische Mode-Blogosphäre. Laut Schnati gibt es so etwas schon, „meistens bleibt das aber länderintern. Allerdings mischt sich das Ganze durch Bloggertreffen auf europäischer Ebene schon. Das fördert den länderübergreifenden Austausch.“ Länderspezifische Unterschiede gäbe es auf jeden Fall: In Frankreich würde zum Beispiel die Kommentarfunktion viel mehr genutzt. Ich möchte von Schnati wissen, ob Paris ihren Modestil verändert hat. „Die Stadt, in der man lebt, verändert einen natürlich schon“, gibt sie zu. „Trotzdem hat man irgendwann seinen eigenen Stil gefunden, dann ist die Stadt sekundär.“ Allerdings hätte sie noch nie „so viel geshoppt, ohne zu shoppen“ wie in der französischen Kapitale. Hier ist eben doch alles etwas teurer als in Deutschland. Was sind ihr noch für Unterschiede aufgefallen, wann fühlt sie sich besonders deutsch? „Deutsch fühle ich mich eigentlich nur, wenn andere Leute unzuverlässig sind. In Deutschland zählt ein Versprechen viel mehr, man ist nicht so unverbindlich.“ Schnati grinst. „Andererseits habe ich mich den französischen Sitten ganz gut angepasst – zu unserer Verabredung bin ich schließlich auch zu spät gekommen.“

Fotos: ©Natalie Weiss/Schnati à Paris