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Musikszene auf Entdeckungsreise

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BerlinWienBeyond the Curtain

Den Austausch zwischen Ost und West hat sich das Waves Festival auf die Fahnen geschrieben. Was hat der Fall des Eisernen Vorhangs für die Musikszenen Österreichs, Ungarns, Kroatiens und der Slowakei bedeutet? Was hat sich seitdem verändert? Cafébabel nimmt euch mit auf Festivalreportage. 

„East meets West“ ist das Motto des Waves Festivals, das von 2. bis 4. Oktober schon zum vierten Mal in Wien stattfand. Zum zweiten Mal ist auch Bratislava mit von der Partie. Mit Shuttelbussen wurden die beiden Festivalstädte verbunden. Es ist der Versuch, den lokalen Musikszenen eine Plattform zu geben. Im Zentrum steht dabei der Austausch zwischen West und Ost. „Ich bin hier, um mehr Kooperation zu bekommen und weil es wichtig ist, dass wir unsere verschiedenen Kulturen besser kennenlernen. Wir sind nur vier Stunden voneinander entfernt – Wien und Zagreb. Trotzdem wissen wir so wenig über unsere Nachbarn,“ sagt Dijana Lakuš, die für verschiedenen Musikunternehmen in Kroatien arbeitet.

Floriende Musikszenen in Wien und Kroatien 

Seit der Öffnung zum Westen hat sich im Osten viel getan, heißt es auf der Website des Waves Vienna. Aber was denn eigentlich? Schon in den 70ern und 80ern florierte die Musikszene im damaligen „Osten“. In Kroatien etwa zeigte man sich schon damals weltoffen. Musiker aus Asien und Afrika seien schon in den 70ern und 80ern nach Kroatien gekommen und Jugoslawen hätten im Ausland Konzerte gegeben, erzählt Dijana Lakuš. Keine Rede von dunklen und finsteren Jahren. In Ungarn, Polen und Tschechien sah die Sache etwas anders aus, meint sie. Der Fall des Eisernen Vorhangs änderte wenig für das Kroatien, meint Dijana Lakuš: „Für andere Teile Europas war der Fall des Eisernen Vorhangs einer der wichtigsten Momente in der Geschichte. Kroatien konnte nicht mit dieser Welle gehen, wegen dem Krieg in Jugoslawien zu der Zeit.“

Eine strikt repressive Politik wurde aber auch in Ungarn nicht verfolgt. Im Land des "Gulaschkommunismus" musste sich die Musikszene, die vom Westen beeinflusst war, jedoch eher im Untergrund halten, wenngleich es eine relativ große Musikszene gab: Auf mehr oder weniger geheimen Keller-Konzerten wurde gegen das System rebelliert.                           Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurden Bands wie Tankcsapda, Kispál és a Borz und Quimby mit dieser Art von Musik und dem Image das dahinter stand, populär. Für nachfolgende Bands fehlte dann aber plötzlich das System, gegen das zuvor rebelliert wurde. Die ungarische Festivalbesucherin Rahel meint, es sei ein großes Problem der heutigen ungarischen Musikszene, dass neue Bands es heute nicht schaffen, ihre eigene Stimme und ihren eigenen Stil zu finden.  

„Wir waren endlich offen für die Welt und die Welt war offen für uns, “ sagt der slowakische Musiker Pišta Kráľovič, bekannt als Fvlcrvm, über den Fall des Eisernen Vorhangs. Doch den wichtigsten Schritt mache die slowakische Musikszene jetzt. Denn langsam beginne man, nicht nur Künstler aus dem Ausland zu importieren, sondern eigene Leute für Auftritte ins Ausland zu schicken und dort groß zu machen. Das Waves Festival sei einer der wenigen Plätze, wo viele Menschen anfingen zu lernen, wie dies bewerkstelligt werden könne.

Die Musikszenen kämpfen mit ähnlichen Schwierigkeiten

Doch davon, dass lokale Künstler zu wenig gefördert werden, können auch österreichische Musiker ein Lied singen. Da muss man nur an die Diskussion rund um den Shitstorm gegen Ö3-Moderatorin Elke Lichtenegger denken, die sich herablassend über österreichische MusikerInnen geäußert hatte. Mainstream-Radiosender spielen in Österreich, wie auch in den meisten anderen Staaten genau dasselbe. Zwischen all den Sternchen am Mainstream-Himmel haben es lokale Künstler schwer, sich einen Namen aufzubauen. Das Musikbusiness ist ein hartes Geschäft.

Diese Situation will das Waves Festival verbessern. Lokalen Künstlern soll eine Plattform und die Möglichkeit gegeben werden, sich besser zu vernetzen. Auf 10 Bühnen in Wien und 9 Bühnen in Bratislava spielten über 100 Künstler, angefangen bei Thees Ullmann und First Aid Kid bis hin zu bislang unbekannteren Musikern, wie dem Slowenen Oknai, den Tschechen Kieslowski und der Polin Kari Amirian. Parallell zu den Konzerten fand außerdem eine Konferenz mit internationalen Delegierten in Wien und Bratislava statt. Vorträge wie „The Future of Music Management“, „The Music Market in Croatia“ und „Life as an artist in South-East Europe“ standen hier auf dem Programm.

„Ich finde es toll, mal was Neues entdecken zu können und bei einem Konzert nicht zu wissen, was mich erwartet,“ sagt ein Festivalbesucher. Traf ein Konzert nicht den eigenen Geschmack, konnte man weiter in den nächsten Club ziehen. Die 10 Bühnen in Wien waren über die unterschiedlichsten Locations rund um den Ring verteilt. Porgy’s und Bess, Flex, brut und das Wiener Konzerthaus waren dabei. Konzerterlebnis und Stadttour also in einem. Wer nicht laufen wollte, stieg einfach in die Party-Tram und ließ sich von den Wiener Linien mit Bier und Beats den Ring entlang fahren. Festivaldirektor Thomas Heher zieht eine positive Bilanz aus dem Waves 2014. Die Besucherzahlen sind im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. 13.800 BesucherInnen kamen zu den Konzerten in Wien und Bratislava und 923 Delegierte nahmen an der Konferenz teil. „Diese unterstreichen einmal mehr, wie wichtig und interessant der Austausch zwischen Ost- und Westeuropa ist.“

Beyond the Curtain: 25 Jahre offene Grenzen

Vor 25 Jahren fiel der Eiserne Vorhang. Vor zehn Jahren traten acht postkommunistische Staaten der EU bei. Aber was wissen wir wirklich über unsere Nachbarn jenseits der Grenze? Schreibt an berlin(at)cafebabel.com, um Teil des Reporterteams zu werden!