Moldawien Blutige Unruhen im ärmsten Land Europas
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Nach dem erneuten Wahlsieg der Kommunisten stürmen 20.000 Demonstranten das Parlament.
von Ulrich Heyden
Zwei Tage nach den Parlamentswahlen in der Republik Moldau, bei denen die regierenden Kommunisten knapp über 50 Prozent der Stimmen bekamen, kam es am Dienstag zu blutigen Unruhen in der Hauptstadt Chisinau. Etwa 20.000 Demonstranten, vor allem junge Männer, stürmten das Parlament und steckten die Residenz des kommunistischen Präsidenten Wladimir Woronin in Brand.
Bereits am Montag hatten Vertreter der unterlegenen Parteien, der Führer der Liberaldemokratischen Partei Moldova (LDPM) Wladimir Filat und der Vorsitzende der Allianz Unser Moldova (AMN) Serafim Urechean, Massenproteste angekündigt. Ihrer Ansicht nach sind die Wahlen gefälscht worden. Die Beobachter der OSZE hatten am Montag jedoch erklärt, dass die Wahlen ruhig, in einer pluralistischen Atmosphäre und im Wesentlichen nach internationalen Standards abgelaufen seien. Auch die Beobachter der EU hatten das Wahlergebnis nicht angezweifelt. Die Opposition sieht das anders und fordert jetzt eine Neuauszählung der Stimmen.
Bei den Unruhen wurden 30 Menschen - darunter Polizisten und Demonstranten - verletzt. Die Meldung, bei den Unruhen sei auch ein Mensch gestorben, wurde von dem Leiter der Ersten Hilfe in Chisinau, Juri Wasiljuk, dementiert. Bestimmte Kräfte versuchten mit solchen Meldungen „die Stimmung anzuheizen“, erklärte der Arzt. Die Unruhen in der Hauptstadt Moldaus - in der Stadt leben etwas mehr als eine halbe Million Menschen - erinnern an die Tulpenrevolution in der Armutsrepublik Kirgistan im Frühjahr 2005. Damals entwickelten sich aus Protesten gegen Wahlfälschungen blutige Unruhen. Junge Männer zogen plündernd durch die Innenstadt.
Sie verbrannten rote Fahnen der regierenden Kommunistischen Partei, warfen Möbel aus dem Parlament auf die Straße und machten aus Stühlen und Tischen ein Feuer.
Wie im russischen TV zu sehen war, war die Polizei in Chisinau den Demonstranten personell und taktisch unterlegen. Die Demonstranten konnten ungehindert das Parlamentsgebäude mit Pflastersteinen bewerfen. Sie verbrannten rote Fahnen der regierenden Kommunistischen Partei, warfen Möbel aus dem Parlament auf die Straße und machten aus Stühlen und Tischen ein Feuer. Augenzeugen berichteten gegenüber dem Kreml-kritischen Radiosender Echo Moskwy, am Eingang der Präsidentenresidenz sei die rumänische Flagge und auf dem Dach des Gebäudes die EU-Flagge aufgezogen worden. Schon seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion sympathisiert ein Teil der Bevölkerung mit der Idee, Moldau mit Rumänien zu vereinigen.
Die Kommunisten hatten vor den Wahlen Löhne und Pensionen erhöht. Insgesamt ist die soziale Lage in Moldau jedoch äußerst angespannt. Das monatliche Durchschnittseinkommen liegt bei 124 Euro im Monat. Mehrere Hunderttausend Einwohner der kleinen Republik können ihre Familien nur ernähren, indem sie sich als Gastarbeiter in Russland oder Italien verdingen. Doch Präsident Woronin lobt Moldau stets als Insel der Stabilität. Die Landeswährung Leu blieb durch massive Interventionen der Nationalbank trotz Finanzkrise stabil. Die Kommunisten fordern die Integration in die EU, wollen aber gleichzeitig gute Beziehungen zu Russland, das als Absatzmarkt für die landwirtschaftlichen Produkte Moldaus wichtig ist.
Eigentlich soll das Parlament am 5. Mai den neuen Präsidenten wählen. Woronin, der schon zwei Amtszeiten hinter sich hat, kann nicht noch einmal kandidieren, hat sich nach eigenen Worten aber schon einen Nachfolger ausgesucht. Dessen Namen will der Präsident jedoch vorerst nicht bekannt geben. Der 68-jährige Woronin will nach seinem Rücktritt die Zügel im Land weiter in der Hand halten und wird möglicherweise auf den Platz des Premiers oder Parlamentssprechers wechseln.
Der Autor dieses Artikels, Ulrich Heyden, ist Mitglied des Korrespondentennetzwerks n-ost.