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Moldaus erstes Öko-Dorf: Nachahmer gesucht

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Ein multikulturelles Paar baut aktuell am ersten Öko-Dorf der Republik Moldau und hofft, dass das Konzept in naher Zukunft nicht nur Ableger bildet, sondern den Fokus auch auf die Stärken des südosteuropäischen Landes rückt – seine Natur und Landwirtschaft.

Da waren zunächst einmal erstaunte Blicke und Geflüster. Liliana Botnaru und ihr Mann David Jesse haben sich aber längst daran gewöhnt. Hier, im moldauischen Dorf Riscova kennt sie mittlerweile jeder. Der Amerikaner David kam 2003 als Freiwilliger des Peace Corps in die Republik Moldau und entschied sich zu bleiben. Heute ist er gemeinsam mit Liliana Gründer des ersten Ökodorfes der Region. 

Das Paar bastelt zusammen mit anderen Träumern an einer grünen Gemeinschaft aus Schilf, Holz und Lehm. Das sei nicht nur kostengünstiger, sondern auch umweltfreundlicher als Beton und gesünder als Asbest. Trotzdem will sich die junge Familie nicht von der Gesellschaft isolieren und ein Einsiedlerleben führen. Ihr Ziel ist es auch anderen zu zeigen, wie man seinen Verbrauch überdenken und senken kann und was es bedeutet, nachhaltiger zu wohnen.

Generationenvertrag in grün

„Wir haben uns irgendwann gefragt: Was hinterlassen wir eigentlich unseren Kindern? Im antiken Griechenland gab es so einen Brauch, einen Olivenbaum zu pflanzen, so dass sogar die siebte Generation den Nutzeffekt noch spüren konnte. Im Moment sind alle leider nur auf das Hier und Jetzt fokussiert. Niemand denkt daran, was wir späteren Generationen hinterlassen“, sagt Liliana.

Seit mehreren Jahren lebte die junge Familie in der Moldauer Hauptstadt Chisinau. Doch bald bemerkte sie, dass ihre drei Kinder sich dort nicht so wohl fühlten. In einer Großstadtwohnung gebe es viel zu wenig Raum zum Spielen. Hinzu kamen jede Menge Allergien. Deshalb wurde die Idee, einen alternativen Lebensstil zu haben, schnell Realität.

Lilana und David haben ihr Projekt 'Eco-Village Moldova' gründlich durchdacht: „Wir haben zunächst Öko-Dörfer im Ausland besucht und gedacht, das können wir auch“, erinnert sich Liliana. In erster Linie geht es auch nicht darum, sich in eine Idylle zurückzuziehen. Die Familie will sich aus mehreren Gründen auf jeden Fall in das Dorfleben integrieren. Dazu zählen der Zugang zu Schule, Kindergarten, Sanitärem, Elektrizität und Trinkwasser. 

Noch wichtiger ist für Liliana aber der menschliche Kontakt zur Community: „Wir wollen unsere Kenntnisse und Entdeckungen teilen. Außerdem würden wir uns auch freuen, von den Erfahrungen der Leute, die schon immer hier gewohnt haben, zu profitieren. Einige Dorfbewohner haben uns bereits unter die Arme gegriffen, andere sind einfach nur neugierig. Wir wollen aber keinen kompletten Neustart hinlegen, sondern einfach einen Schritt hin zu einem umweltfreundlicheren Leben machen.“

Aktiv am Passivhaus

Letzen Sommer begannen im Dorf Riscova die Bauarbeiten. Und diesen Sommer wird die Öko-Gemeinschaft ihre Pforten für zwei weitere Familien öffnen. Die Passivhäuser im Dorf - das sind Häuser, die so gut gedämmt sind, dass sie keine konventionelle Heizung benötigen – bieten mehrere Vorteile: Sie speichern die Wärme im Winter und kühlen die Räumlichkeiten im Sommer.

Für die Dachstühle wurde Holz verwendet, Mauern sind aus Schilf, für die Isolierung sorgt Ökowatte, aus Sand und Heu werden Innenwände, aus Kalk und Sand Außenwände gefertigt. All diese Materialien sind kostengünstig, benötigen jedoch auch Pflege und das nötige Vorwissen. 50 Meter weit vom Haus steht schon eine Werkstatt bereit, wo Workshops zum Thema „umweltfreundliche Konstruktionen“ für alle Interessierten durchgeführt werden.

David, der erste Besitzer eines solchen Naturhauses, will Vorbild für Moldauer sein. Die Leute hier seien fleißig und unternehmerisch, sagt er, manchmal fehle einfach nur der Ansporn: „Ich denke, es steht in meiner Verantwortung, mit gutem Beispiel vorauszugehen. Auf keinen Fall wollen wir importierte Ideen mit importierter Technologie und mit importiertem Geld realisieren. Wir wären total begeistert, wenn Leute uns nachmachen würden.“   

In Moldau könne man sehr gut leben, denkt David. Leider überlegen aber viele Menschen nur, wohin die nächste Reise gehen soll - in Richtung Europäische Union oder doch lieber näher an Russland? Eine pro-moldauische Perspektive ist kaum spürbar. Auch die  stereotype Bezeichnung „Moldau – Armenhaus Europas“ ist nicht unbedingt gut für das hiesige Selbstwertgefühl. Die schwach ausgeprägte Industrie und nur gering vorhandene Bodenschätze sehen aber Öko-Anhänger wie David als große Vorteile Moldaus: „Wir haben kein Erdöl oder Berge voll mit mineralischen Ressourcen. Unser Reichtum ist die Landwirtschaft und die Menschen, die hier wohnen. Und das ist auch gut so!“    

„Schätzen, was man hat und in jedem Hindernis eine Möglichkeit sehen“. So lautet das Motto der jungen Familie. Für einige sind „verantwortlich bauen und gemeinschaftlich wohnen“ nur schöne Worte, für Liliana und David ist es eine Utopie, die bald zum Leben erweckt wird: „Im August ziehen wir schon um. Kommt gern mal vorbei!“

Autor: Mila Corlateanu