Mélanie Laurents Regiedebüt "Les Adoptés": Aller guten Dinge sind drei
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Die erst 28-jährige Französin Mélanie Laurent, nicht nur Schauspielerin, sondern aktuell auch Regisseurin und Sängerin, bringt ihren ersten Film Les Adoptés in die Kinos. Eine tragische Geschichte, drei Perspektiven, ganz viel Liebe: So mögen wir die Franzosen.
"Als ich klein war träumte ich davon Prinzessin zu werden, du Astronautin, meine Mutter träumte davon glücklich zu werden."
Ein recht klassischer Einstieg, könnte man meinen. Träumte nicht jeder einmal davon Astronautin, Prinzessin oder glücklich zu werden? Und genau um diese alltäglichen Fragestellungen dreht sich das Regiedebüt Les Adoptés [Die Adoptierten] der Schauspielerin Mélanie Laurent, das momentan in den französischen Kinos anläuft: Szenen aus einer heutzutage völlig normalen Patchworkfamilie, in der alles drunter und drüber geht. Vor allem dann, wenn die große Liebe alles aus dem - mehr oder weniger vorhanden gewesenen - Gleichgewicht wirft.
EINS
Typisch? Nein, denn es geht eben nicht um einen gewöhnlichen Abklatsch kitschiger Pariser Romanzen, sondern um Nähe, Seelenverwandtschaft, Dialoge und gezielte Kameraaufnahmen. Laurent setzt auf eine "eher emotionale als technische Kameraführung" eines eingespielten Teams, die den Zuschauer mitten ins Geschehen werfen. Les Adoptés spielt nicht wie erwartet in der Stadt der Liebe, sondern in Lyon, aus genau diesem Grund: "In der Provinz zu drehen hat es mir ermöglicht, das Team aus ihrem Alltag zu reißen und den Gruppengeist zu stärken", bestätigt die Regisseurin und Darstellerin der alleinstehenden Mutter Lisa, Mélanie Laurent der Presse.
Mélanie Laurent und der Klimawandel
Nach der Scheidung der Eltern zieht Adoptivschwester Marine [Marie Denarnaud] zu Lisa, alleinstehende Mutter des kleinen Léo. Beide Schwestern sind Single. Und alles in ihrem Leben dreht sich um die Suche nach Leidenschaft. Was für Lisa die Gitarre ist, sind für Marine ihre Bücher und die enge Bindung zur gemeinsamen Familie. Doch wie das bekanntlich so ist, kommt natürlich irgendwann ein Mann in diese besondere Vertrautheit und bringt alles gewaltig ins Schwanken: Bei Mélanie Laurent heißt dieser Übeltäter Alex, gespielt von Denis Ménochet. Marines große Liebe. Lisa ist eifersüchtig. Alex verliebt. Marine verzweifelt. Doch dann: Bumm! Unfall. Marine liegt im Koma. Was geschieht nun? Moment mal, war sie nicht die Hauptdarstellerin?
Laurents Geschichte ist eine Trilogie: drei Abschnitte, drei Perspektiven, drei mögliche Enden. "Die Idee des Komas ist mir sehr früh gekommen. Ich wollte einen Film über eine Person machen, die 'schläft', während ihre Nahestehenden darauf warten, dass sie aufwacht [...]. Außerdem wollte ich, dass das Koma ihre Nahestehenden verändert, sodass ich auf diese fusionelle Geschichte der Schwestern, diese Liebesgeschichte kam", vertraut uns Mélanie Laurent zur Idee ihres sowohl ersten Spiel- als auch Kinofilms an.
ZWEI
Vor allem bekannt durch die Szenen mit Daniel Brühl aus dem Tarantino-Knaller Inglourious Basterds (2009), will Mélanie Laurent nun auch die Kinosäle mit eigenen Filmen erobern. Auch wenn die schauspielerischen Fertigkeiten der Französin häufig in Frage gestellt und auslassend kritisiert wurden, weist sie hier eine beeindruckende Fähigkeit des Rollenwechsels auf. Mit Erfolg. "Als Schauspielerin konnte ich meine Partner dort hinführen, wo ich sie als Regisseurin haben wollte", erklärt sie.
Doch damit nicht genug. Denn 2011 ist nicht nur filmisch betrachtet das Jahr von Mélanie Laurent, sondern auch musikalisch. Mit ihrem im Mai erschienenen Debütalbum En t'attendant [frz. „Während ich auf dich warte“] könnte eine scheinbar recht gängige 'um-jeden-Preis-berühmt-werden' Seite der Schauspielerin ans Licht gebracht werden. War ihr Album wohl der Vorbote ihres ersten Films? Immerhin sehen wir sie auch zu Beginn des Filmes zur Gitarre greifen und erleben einen kleinen Undergroundaufritt am Ende des Filmes mit. Von der Musik zum Film oder vom Film zur Musik? Mélanie Laurent bleibt zurückhaltend und sagt, sie habe vor vier Jahren, als sie das Drehbuch geschrieben hat, nicht einmal gewusst, dass sie eines Tages singen würde.
ODER DREI
Wie dem auch sei, Skepsis gegenüber Jungschauspielern und Kurzfilmregisseuren, die zugleich Musik machen wollen, ist gang und gäbe und schließlich auch ein Risiko, das der Künstler in Kauf nimmt. Doch auf wenn Mélanie Laurent auf jeder Hochzeit tanzt, verwechselt die blonde Französin nicht die Dinge und beteuert, dass ihre Arbeit als Regisseurin immer an erster Stelle stehe.
So banal der Film anfangs auch scheinen mag, sind sowohl die Dialoge als auch die innigen Verhältnisse dieser kleinen, zusammengewürfelten Gruppe von Menschen so berührend, dass sie den ein oder anderen zu einem leicht pathetischen Tränenfluss und Griff zum Taschentuch verleiten können. Diesbezüglich zumindest trifft Laurents Liebestragödie also ins Schwarze!
LETZTE CHANCE: "Les Adoptés" kommt am Mittwoch, 23. November 2011, in die französischen Kinos. VORBEI!
Illustrationen: Alles Fotos ©Studiocanal; Videos: Trailer ©StudioCanal/YouTube, En t'attendant (cc)Atmospheriques/YouTube