Meet My Hood: La Bolognina, Bologna
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Diana KapkeEinst klassischer Arbeiterbezirk, verändert Bolognas Stadtviertel hinter den Bahngleisen sein Gesicht: Bolognina ist heute Anziehungspunkt für Menschen aller Couleur und Altersklassen, was ihn zum multikulturellsten und jüngsten Stadtteil Bolognas macht. Die Anwohner krempeln hier gemeinsam die Ärmel hoch, um neue Treffpunkte zu schaffen.
Bolognina kann man, der Name legt es nahe, als Klein-Bologna verstehen; das Viertel ist zugleich städtisch mit urbaner Infrastruktur, aber auch mit ländlichem Charakter, denn hier kennt jeder jeden. Aufgrund seiner neuralgischen Lage direkt hinter dem Bahnhof befindet sich der Bezirk mitten in einer infrastrukturellen und demografischen Umwälzung. War Bolognina noch vor 20 Jahren Sitz von Fabriken mit einem recht hohen Durchschnittsalter, leben hier heute die Jungen und Kreativen der Stadt. Dazu gehören Paare, die die günstige Lage schätzen, junge Leute, die den ruhigen Charakter dem bunten Treiben im Zentrum vorziehen, oder auch Studierende.
So wie die 23-jährige Aleksandra aus Polen und der 21-jährige Rick aus den Niederlanden, die für ihre sechs Monate Erasmus-Studium die 'Stadt mit den zwei Türmen' wählten und sich hier dank des nachbarschaftlichen Flairs Bologninas schnell angefreundet haben. Rick bewohnt ein Zimmer direkt hinter dem Mercato Albani, einem Obst- und Gemüsemarkt mit bemalten Rollläden und Geschäften, aus denen man ein Wirrwarr verschiedener Sprachen hört. Er hat sich dieses Viertel zum Wohnen ausgesucht, „weil die Mischung einfach stimmt: Es findet sich immer jemand auf der Straße, mit dem man plaudern kann, man lernt die Subkultur der Stadt kennen, gleichzeitig ist es aber auch sehr ruhig und entspannt“, erzählt er stolz über seine Wahlheimat. Um zu seinen Vorlesungen in Politikwissenschaften zu kommen, schwingt er sich aufs Fahrrad, überquert die Matteotti-Brücke, von der aus man die Eisenbahnschienen zusammenlaufen sieht, und ist in nur zehn Minuten im Zentrum.
„Wenn man die Schlagzeilen mancher Zeitungen liest, erscheint einem Bolognina sehr gefährlich“, fährt der niederländische Student fort, „die ersten Tage hier hatte ich ein flaues Gefühl im Magen. Aber wenn man das Leben dann kennenlernt, merkt man schnell, dass hier in Wirklichkeit eine echte Willkommenskultur herrscht.“ Die lokalen Zeitungen berichten oft von Kleinkriminalität, Taschendieben oder Drogenhandel und schaffen damit ein negatives Bild von ganz Bolognina. „Aber die Bewohner haben keinen Bock mehr auf dieses Klischee, sie begehren dagegen auf - das finde ich unglaublich“, sagt Rick.
Was Bolognina auszumachen scheint, ist die Fähigkeit, sich immer wieder etwas einfallen zu lassen, selbst da, wo sich niemand sonst, nicht einmal die Verwaltung, mehr einbringen möchte. Viele Bewohner tragen das Viertel nicht nur im Herzen, sie glauben auch noch daran, dass Bürgerbeteiligung keine Utopie sein muss. So wie das Kollektiv CONCIBò, eine engagierte Gruppe von etwa 40-50 Leuten: „Ein Netzwerk“, erklärt Andrea Taglio, einer der Verantwortlichen des Kollektivs, „das sich vor über drei Jahren zusammenschloss, als der Bezirk gerade mal wieder schlechte Presse hatte. Bolognina wurde zu der Zeit oft mit sensationsheischenden Begriffen und dramatischen Bildern beschrieben, quasi eine Art Bronx von Bologna. Also begannen wir, uns mit anderen Eltern zusammenzutun und uns mit unseren Kindern auf Spielplätzen und in den Schulen zu treffen. Wir haben uns gesagt: Warum nicht aktiv werden und das teilen, was es hier an Positivem gibt?“.
Die Nachbarn
Es ist Sonntagnachmittag, und von der Piazza Unità startet die Initiative 'Bolognina in Fucina'. Auch Rick nimmt an dem Spaziergang teil, zu dem die Geschichte des Stadtviertels erklärt wird. Er hat sich für Bologna aufgrund seines Rufes entschieden und dessen, wofür die Stadt in der Welt steht. Für viele Ausländer ist dieser kleine, aber wichtige Landstrich in Italien gleichbedeutend mit zivilem Engagement, Bürgerbeteiligung und vor allem auch Widerstand. „Die Menschen hier gehen noch immer auf die Straße, um zu demonstrieren. Die Bewohner sind die ersten, die Gesicht zeigen, wenn etwas nicht läuft“, erläutert der Erasmus-Student. Der Marsch aus Menschen und Ideen bewegt sich vorwärts zur Fabrik Mangati über den Fahrradweg der Via Creta bis hin zur Schule Federzoni, wo Musik und Tanz vom unnachgiebigen Charakter Bologninas zeugen.
Während des Spaziergangs durch die Straßen entsteht das Bild einer Kulturrevolution, die dem Viertel, das von der Unterschicht der Stadt bewohnt wird, ein neues Gesicht zu verleihen vermag. Das ist auch in etwa die Idee der drei Besitzer des Binario69, ein im letzten Jahr eröffneter alternativer Club, in dem gute Live-Musik angeboten wird. Angelo, einer der drei Jungs, liebt Bolognina von ganzem Herzen: „Einer unserer Freunde, Taifur, der sich schon immer für das Viertel eingesetzt hat, machte uns eines der schönsten Komplimente: Die Leute hier denken immer, es sei die Bürgerwehr, die für Sicherheit sorgt, stattdessen seid ihr es, die Kultur hierher bringen; denn das war schon immer die beste Medizin, wenn etwas schief läuft.“ Die Musik wird hier zu einem sozialen Anliegen mit Initiativen wie dem „offenen Ticket“: Jeder kann zwei oder mehr Tickets kaufen und sie am Eingang für jemanden hinterlegen, der sich den Eintritt nicht leisten kann. Ganz im Sinne eines einfachen Konzepts, das Kultur jedem zugänglich machen möchte - und nicht nur Einzelnen. „Wir können bestehen“, fährt Angelo fort, „weil sie nach und nach alle Orte schließen, die die Gemeinschaft im Viertel fördern, so wie der letzte besetzte Ort dieser Stadt, das Xm24. Das ist sinnbildlich und paradox: Die Verwaltung will ihn zurück, um daraus einen Kulturort zu machen, obwohl er das bereits seit mehr als 15 Jahren ist.“
Das Binario69, so wie auch andere Initiativen in der Gegend, darunter das BAUMHous, ein Kollektiv, das sich vornehmlich mit der Bildung von Kindern und Jugendlichen beschäftigt, Bolognina Basement, ein Lokalblatt mit Fokus auf Bolognina, oder das Künstleratelier Checkpoint Charly, organisieren viele Live-Events. Die Aktivitäten sollen den Anwohnern wirklich etwas bringen und auf Augenhöhe stattfinden, wie eine Jam-Session, Live-Konzerte, Laboratorien oder Begegnungen. „Diese Events sind auch ein Vorwand, um uns zu treffen und gemeinsam etwas Neues zu schaffen“, erzählt Angelo. „Im Binario69 gehen alle möglichen Typen ein und aus, niemand braucht eine Maske zu tragen: Nachtschwärmer, Musiker, Studenten und auch viele Durchgeknallte. Junge wie erwachsene Leute, die es sich einfach gut gehen lassen wollen und sich sagen: Was für wunderbare Menschen es hier in Bolognina gibt!“
Sich erholen und zusammenarbeiten, sich etwas ausdenken und sich erneuern - das alles ist möglich in diesem besonderen Viertel, an dem ganz in der Nähe die Züge vorbeirauschen. Die Bahnhofsromantik von Bolognina muss man einmal erlebt haben.
Die Preise
Die Köpfe
Die Orte
-Binario69 (Via De'Carracci 69/7d): Hier treffen sich Künstler und Träumer, um Bier zu trinken, die Nacht zum Tag zu machen und Live-Musik zu hören.
-XM24 (Via Fioravanti 24): Seit 15 Jahren besetztes Nachbarschaftszentrum, das jederzeit geräumt werden kann. Unter der Woche werden diverse Events organisiert: Kunstprojekte und Sport-Kurse, ein Bio-Markt und Musik-Abende.
-Mercato Albani (Via Francesco Albani): Lokaler Markt mit regionalem Essen. Sehr zu empfehlen ist der gute und günstige Aperitif.
-Fermento (via Luigi Sera 11/c): Eine Bar für den Abend und den Morgen, betrieben von den jungen Cobbe-Brüdern: selbst gebrautes Bier, Taralli-Gebäck und Cocktails. Öffnungszeiten: 7.30-23.45 Uhr, samstags ab 17.30 Uhr.
-Pasta Fresca La Bolognina (via Antonio di Vincenzo 33): Ein authentischer Ort für frische Pasta und Tortellini: Hier wird man mit einem Lächeln begrüßt. Öffnungszeiten: 8 – 13 Uhr (sonntags geschlossen).
-Checkpoint Charly (Via del Rosaspina 7/a): Hier arbeitet ein heterogenes Künstlerkollektiv mit Ölfarben und Schweißbrenner, Holz, Nägeln, Bleistiften und Pressen: Das sind die Werkzeuge der Maler, Bildhauer, Illustratoren, Drucker und Fotografen, die nach jahrelanger Suche einen passenden Ort zum Arbeiten gefunden haben.
-Trattoria di via Serra (Via Serra 9/b): Die Trattoria aus Bologna bietet typische Speisen aus der Region zu günstigen Preisen. Mittwochs und donnerstags ist mittags zu, dafür abends geöffnet, von Freitag bis Sonntag ist sowohl mittags als auch abends geöffnet.
-Museo per la memoria di Ustica (Via di Saliceto, 3/22): Das Museum widmet sich dem Gedenken an die Opfer des als Strage di Ustica bekannten Flugzeugunglücks von 1980. Öffnungszeiten: 15-18 Uhr, montags geschlossen, Sa-So 10-18 Uhr.
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Dieser Artikel ist Teil der cafébabel-Serie Meet My Hood zu euren Vierteln in europäischen Metropolen. Hier mitmachen, wenn ihr eure Hood vorstellen wollt!
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- | Fondation Hippocrène
Dieser Artikel wurde durch die Fondation Hippocrène ermöglicht.
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Translated from Meet My Hood: Bolognina