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Marwan Kenzari: Per Kinnhaken zum Shooting Star

Published on

Berlin

"Wenn je­mand tough sein will, dann muss ich ihm ein­fach weh­tun. Sonst kann ich nicht nach Hause gehen." Für seine elek­tri­sie­ren­de Ver­kör­pe­rung des jun­gen Kick­bo­xers Majid in Wolf (2013) ernet Mar­wan Ken­za­ri eine No­mi­nie­rung als Eu­ro­pean Shoo­ting Star 2014. Neben Kinn­ha­ken und ma­gne­ti­schem Blick hat der nie­der­län­di­sche Schau­spie­ler aber noch mehr drauf. In­ter­view

"Tu ein­fach, was du am bes­ten kannst. Ver­schwin­de." Wäh­rend der Trai­ner sei­nen Schü­ler Majid immer grim­mi­ger an­starrt, wen­det der sich um, stiert dem äl­te­ren Mann be­droh­lich in die Augen - und ver­schwin­det dann wirk­lich. Majid, der nach sei­ner Ent­las­sung aus dem Ge­fäng­nis be­schließt, aus sei­nem Kick­box-Ta­lent Pro­fit zu schla­gen, möch­te man lie­ber nicht im Dun­keln be­geg­nen. Im Fall von Mar­wan Ken­za­ri sieht das an­ders aus: Der nie­der­län­di­sche Schau­spie­ler mit tu­ne­si­schen Wur­zeln kann nicht nur Thea­ter, son­dern auch Film und sieht noch dazu um­wer­fend aus. Kein Wun­der also, dass er sich die­ses Jahr in die il­lus­tre Reihe der Eu­ro­pean Shoo­ting Stars 2014 ein­rei­hen darf. Das mit dem Ver­schwin­den dürf­te da vor­erst schwer wer­den.

was fühlst du, wenn du so rich­tig zu­schlägst?

In Wolf (2013), dem preis­ge­krön­ten Film des nie­der­län­di­schen Re­gis­seurs Jim Tai­hut­tu, spielt Marwan Kenzari den Kri­mi­nel­len Majid - und das mit Leib und Seele. Majid schlägt um sich, tritt zu, steckt ein, blu­tet, haut zu­rück, be­hält die Ober­hand. Auf die Frage, wie es sich an­füh­le, je­man­den zu­sam­men­zu­schla­gen, ant­wor­tet er nur la­pi­dar: "Ich fühle nichts. Manch­mal muss ich es ein­fach tun." Sein Ta­lent im Kämp­fen ist für Majid der Weg in ein neues, schein­bar bes­se­res Leben. Als Kick­bo­xer fei­ert er schnell Er­fol­ge, doch seine kri­mi­nel­le Ver­gan­gen­heit lässt ihn ein­fach nicht los und auch seine Ag­gres­sio­nen kann er sich nicht so ein­fach im Box­ring aus­trei­ben. 

Der of­fi­zi­el­le Ki­no­trai­ler von Wolf (2013), in dem Mar­wan Ken­za­ri in die Rolle eines Kick­bo­xers und Kri­mi­nel­len schlüpft. 

Schon in Rabat (2011), eben­falls unter der Regie von Jim Tai­hut­tu, hatte Mar­wan Ken­za­ri einen jun­gen Nie­der­län­der mit ma­rok­ka­ni­schen Wur­zeln ge­spielt, doch in dem Road­mo­vie von Ams­ter­dam nach Rabat sah die Welt noch bei Wei­tem ro­si­ger aus. Nadir, Abdel und Zaka­ri haben zwar auch manch­mal Sche­re­rei­en mit der Polizei, aber das hält sich in ko­mö­di­an­ti­schen Gren­zen. In Wolf hin­ge­gen gilt nur das Recht des Stär­ke­ren, ein schnel­ler Tritt oder der nächs­te Kick. Mar­wan Ken­za­ris "star­ke, mas­ku­li­ne und ma­gne­ti­sche Lein­wand­prä­senz" hat es der Jury der Eu­ro­pean Shoo­ting Stars be­son­ders an­ge­tan: Wie könn­te man bei die­sen Kinn­ha­ken auch nicht zu Boden gehen?

Nach Rabat und Wolf soll die­ses Jahr der drit­te Teil der Film­tri­lo­gie von Jim Tai­hut­tu fol­gen. Was wäre wohl der nächs­te Cha­rak­ter­schritt, nach dem blö­deln­den bes­ten Freund und dem stahl­har­ten Kick­bo­xer-Kri­mi­nel­len? Am Rande der Pres­se­kon­fe­renz der Eu­ro­pean Shoo­ting Stars 2014 beant­wor­tet Mar­wan Ken­za­ri un­se­re Fra­gen. 

Wie hast du dich auf die Rolle des Majid vor­be­rei­tet?

Mar­wan Ken­za­ri: "Wenn man bei so einem Film­pro­jekt mit­macht, dann dau­ert das immer län­ger, als man zu­erst denkt. Manch­mal zwei, drei Jahre. Als Schau­spie­ler nimmt man da na­tür­lich seine ei­ge­nen Cha­rak­ter­ei­gen­schaf­ten mit. Teile von mir sind Majid, aber Majid ist auch ich. Ob­wohl Majid sehr ge­walt­tä­tig ist, war es für mich nicht wirk­lich schwer, mich in die Rolle hin­ein­zu­füh­len. Man macht eben das, was man ma­chen muss, nicht wahr? Ich glau­be sogar, dass Majid ei­gent­lich gar kein so böser Typ ist. Er ist eher ein biss­chen wie ein Hund: Der kann auch mal zu­bei­ßen und dich da­nach mit ganz treu­en Augen an­schau­en."

Wie kam es zu der in­ten­si­ven Zu­sam­men­ar­beit mit dem Re­gis­seur Jim Tai­hut­tu?

Mar­wan Ken­za­ri: "Vor sie­ben oder acht Jah­ren haben Jim und ich uns in einem Club ge­trof­fen, ein Freund hat uns vor­ge­stellt. Da­mals pro­du­zier­te Jim vor allem Vi­deo­clips für Rap­per und Sän­ger. Ich war da noch sehr jung, kannt aber diese Clips und habe mich immer ge­fragt: 'Wer macht all diese tol­len Vi­de­os?' Mit dem Tref­fen im Club fing un­se­re Zu­sam­men­ar­beit an und wird hof­fent­lich noch lange wei­ter­ge­hen, denn Jim ist si­cher einer der ta­len­tier­tes­ten Fil­me­ma­cher in den Nie­der­lan­den. Unser nächs­tes Film­pro­jekt heißt Ratu Adil, es wird um den Kon­flikt zwi­schen den Nie­der­lan­den und In­do­ne­si­en nach dem 2. Welt­krieg gehen."

In Rabat (2011), sei­nem letz­ten Film unter der Regie von Jim Tai­hut­tu, spielt Mar­wan Ken­za­ri den char­man­ten, aber ein­fäl­ti­gen Wo­ma­ni­zer Zaka­ri.

Deine Fa­mi­lie kommt aus Tu­ne­si­en und du sprichst neben Nie­der­län­disch auch Eng­lisch, Fran­zö­sisch und Ara­bisch. Was be­deu­tet das für dich als Schau­spie­ler?

Mar­wan Ken­za­ri: "Die­ser Hin­ter­grund ist ein­fach etwas, das mich rei­cher macht. Al­ler­dings würde ich nicht sagen, dass ich vier Spra­chen spre­che. Wer kann das schon wirk­lich gut und flie­ßend! Ich kann mich ein­fach auch ein biss­chen auf Fran­zö­sisch aus­drü­cken, ein biss­chen auf Ara­bisch. Das kommt mir nicht so be­son­ders vor, aber ich ver­ste­he den ara­bi­schen Humor und das ist ja schon mal was! Ich würde auf jeden Fall auch gerne mal eine Rolle auf Fran­zö­sisch oder Ara­bisch spie­len - aber na­tür­lich nur, wenn die Figur in­ter­es­sant und in­tel­li­gent ge­schrie­ben ist."

Du lebst und ar­bei­test mo­men­tan in Los An­ge­les. Was sind deine nächs­ten Film­- und Thea­ter­pro­jek­te?

Mar­wan Ken­za­ri: "Los An­ge­les ist toll, da gibt es kei­nen Win­ter! Im Mo­ment kon­zen­trie­re ich mich ganz auf Filme und mache kein Thea­ter. Im April komme ich dann zu­rück nach Ams­ter­dam, wo ich schon drei neue Spiel­fil­me am Lau­fen habe. Über die No­mi­nie­rung als Eu­ro­pean Shoo­ting Star freue ich mich auf jeden Fall, denn das wird mir als Schau­spie­ler in Eu­ro­pa si­cher wei­ter­hel­fen. Die an­de­ren No­mi­nier­ten sind üb­ri­gens alle klas­se: Wir sind in den letz­ten drei Tagen wirk­lich ein bisschen zu Freun­den ge­wor­den."

CA­FE­BA­BEL BER­LIN BEI DER 64. BER­LI­NA­LE

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