Marine-blaue Welle: Europa wittert Gefahr von Rechtsaußen
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Der Erfolg der rechtsradikalen Marine Le Pen im ersten Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahlen hat die Debatte um Rechtsextremismus in Europa angefacht. Kommentatoren zufolge sind die Wähler vor allem in Krisenzeiten anfällig für rechtsextreme Ideologien, die ganz Europa erfassen können.
Dala-Demokraten: Arbeitslosigkeit - Nährboden für rechtsextreme Bewegungen; Schweden
Frankreichs Rechtsaußen-Kandidatin lockt junge Protestwähler an
Der Wahlerfolg von Marine Le Pen zeigt, wie anfällig die Wähler in Krisenzeiten für rechtsextreme Ideologien sind, meint die sozialdemokratische Tageszeitung Dala-Demokraten: "Frankreich befindet sich wie große Teile Europas in einem Teufelskreis, da steigende Arbeitslosigkeit der Nährboden für rechtsextreme Bewegungen ist. Aber dieser Teufelskreis kann mit einer anderen Arbeitsmarktpolitik und einer gerechteren Verteilung der Mittel durchbrochen werden. Nur auf diese Weise können die Verbitterten und die an sich selbst Zweifelnden sehen, dass sich die Lage nicht durch ethnische Säuberung, sondern durch eine gerechte Politik verbessert. Der Sozialist François Hollande steht für genau das, während der rechtskonservative Sarkozy nicht nur mit den Rechtsextremen flirtet, sondern auch an den Einsparungen festhält, die unter seiner Ägide mit dem Fiskalpakt in der EU-Politik verankert wurden." (24.04.2012)
Népszava: Marine Le Pen hat Sehnsucht erkannt; Ungarn
Das gute Abschneiden von Marine Le Pen bei den französischen Präsidentschaftswahlen kann einen europäischen Trend markieren, meint die linke Tageszeitung Népszava: "Im ersten Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahlen hat fast jeder fünfte Wähler für Marine Le Pen gestimmt. [...] Das gute Wahlergebnis des rechtsradikalen Front National ist nicht nur aus französischer Sicht besorgniserregend. Es markiert einen Trend, der möglicherweise ganz Europa erfassen könnte: Für die Krise schieben die Menschen den etablierten Parteien und der seit Jahrzehnten herrschenden politischen Elite die Schuld in die Schuhe. Es hat den Anschein, dass sich die Menschen nach neuen Stimmen und Gesichtern sehnen. Marine Le Pen hat diese Sehnsucht erkannt, sie hat die Enttäuschung und Ernüchterung der Wähler geschickt für ihre Zwecke instrumentalisiert. Ihre 'Siegesrede' verrät alles über ihrer Strategie. Sie wolle zur führenden Kraft der Opposition werden und beide Volksparteien bekämpfen, Sarkozys konservative Regierungspartei UMP und François Hollandes Sozialisten. Laut Le Pen hängen beide am Gängelband der Banken." (24.04.2012)
The Guardian: Bedrohliches Bild des Vaters durch das der lächelnden Tochter ersetzt; Großbritannien
Zögling von Marine Le Pen: “Wenn die FN nicht gewinnt, gibt es Bürgerkrieg”
Marine Le Pen hat sich mit ihrem Rekord-Ergebnis von 17,8 Prozent zu einer wichtigen Politikerin der französischen Rechten aufgeschwungen, bedauert die linksliberale Tageszeitung The Guardian: "Mit ihrem Erfolg hat Le Pen allen Umfragewerten und Experteneinschätzungen widersprochen, was mal wieder die Kluft zwischen Kommentatoren und der Realität offenbart hat. Und sie hat deutlich gemacht, dass sie die wahre Führerin der französischen Rechten geworden ist. Sie versprach, dass ihre Partei künftig eine große Rolle in Frankreich spielen werde. Deshalb steht der Erfolg einer Partei im Mittelpunkt der aktuellen Debatte, die offen ausländerfeindlich ist und eine Kampagne gegen Einwanderung und den Islam geführt hat - obwohl sie das bedrohliche Bild des Vaters durch das lächelnde der Tochter ersetzt hat." (24.04.2012)
Tageswoche: Insgeheim wird Le Pen für eine Wahl Hollandes weibeln; Schweiz
Vor dem zweiten Wahlgang wird Marine Le Pen ihren Anhängern die Wahl des Sozialisten François Hollande empfehlen, vermutet die Online-Zeitung Tageswoche, um die eigene Position zu stärken: "Für sie ist Hollande oder Sarkozy ohnehin Hans was Heiri [Jacke wie Hose]: Beiden wirft sie vor, Hampelmänner der EU-Bürokraten und Lakaien der internationalen Finanzmafia zu sein. Insgeheim wird sie jedoch in ihrem Front National für eine Wahl Hollandes weibeln - und sei es nur in Form eines Aufrufs zum 'Changement'. [...] Sobald Sarkozy weg ist, hat Le Pen dann fünf Jahre Zeit, die ganze Rechte Frankreichs im Oppositions-Kampf gegen Hollande und gegen die Linke unter neuem Namen zu einen. 2017 will sie es dann erneut versuchen. Sie wird dann 48 Jahre alt sein und rechnet sich jetzt schon gute Chancen aus, dann zur Staatspräsidentin gewählt zu werden." (23.04.2012)
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