Made in Italy: Ohne Innovation stirbt der Mythos
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Katha Kloss150 Jahre nach der Geburt des Stiefels, wie wir ihn heute kennen, wird unser Italienbild immer noch eher von der subtilen Schönheit der Renaissance beeinflusst als von den Helden des Risorgimento. Die ursprünglich in Florenz geborene Kulturbewegung, die daraufhin in ganz Europa widerhallte, repräsentiert auch weiterhin das „italienische Modell“. Doch verkauft dich dieses auch in Zukunft?
In den vereinigten Staaten hat die Saga des Paten ein Italien- (und Italiener) Bild hinterlassen, das nur schwer aus den Köpfen zu verbannen ist. Und trotzdem ist das Image, das in der Welt maßgebend ist, weiterhin das eines Landes, dessen Stärke - wie im 16. Jahrhundert - eher in einem kulturellen, auf Schönheit und Lebensfreude basierenden Modell als auf Einheit und Zusammenhalt basiert. Dieses Modell findet seine Ursprünge im Laufe der Renaissance. Im Italien von Leonardo da Vinci und Michelangelo stand die Produktion von Luxusgütern im Zentrum der Höfe und lokalen Lehnsherrschaften: Da gab es die Medici in der Toskana, den Papst in Rom, die Bourbonen im Süden und eine Unzahl an weiteren Grafschaften und Herrschaftshäusern. Italien wurde somit von einer Bande Schneider, Maler, Musiker, Poeten und Köchen bevölkert, deren Aufgabe es war, das Leben am Hofe so heiter und überraschend wie möglich zu gestalten. Der ästhetische Wert und die Suche nach dem guten Geschmack bleibt bis heute Markenzeichen für Italien.
In dem Buch A Dark Heart of Italy (Feber and Feber Limited, 2003) des britischen Journalisten Tobias Jones erklärt der Autor: „Je mehr ich die friedliche Schönheit Italiens aufsaugte, desto raffinierter erschien sie mir. Der Anfang der Schönheit in Italien, sagte ich mir, ist der gleiche wie bei einem eleganten Kleidungsstück: die Möglichkeit den Betrachter zu verführen oder zu beruhigen.“ In der Folge trug der Mythos des Dolce Vita (süßen Lebens) den Rest zu dieser Versinnbildlichung Italiens bei.
Mit Italiens Kreativität geht’s bergab
Doch exportiert sich Italien über diese Allgemeinheiten hinausgehend auch weiterhin gut nach Europa und in die Welt? Schon immer war das „made in Italy“ im Ausland Synonym für Qualität und Design. In einem Europa des blauschimmrigen Mozzarella und chinesischer Billigprodukte schlägt sich Italien wacker, um seine landeseigene Nahrungs- und Textilproduktion dank eines Etikettierungs- und Rückverfolgbarkeitsprinzips weiter durchzusetzen. Doch die Dinge ändern sich. 2010 veröffentlichte das einflussreiche US-amerikanische Magazin Forbes eine Liste mit den 100 bekanntesten Marken der Welt. Und zur allgemeinen Überraschung erreichte die erste italienische Marke auf der Liste, Gucci, nur den 50. Platz (und dabei gehört die Marke mittlerweile zum französischen Luxusriesen François-Henri Pinault). Es ist auch nicht weiter erstaunlich, dass die Hightech-Unternehmen vier der ersten fünf Plätze des Klassements belegen (in der Reihenfolge: Apple, Microsoft auf den ersten beiden Rängen, dicht gefolgt von IBM und google), ein Bereich, in dem Italien noch Einiges aufzuholen hat, trotz der Domination des Elektronikherstellers Olivetti in den 1980ern. Das bedeutet aber trotzdem nicht, dass Fashion allgemein aus der Mode gekommen ist: In der Forbes-Liste konnte Frankreich mit Louis Vuitton den 18. Rang ergattern.
In den letzten Jahren hat das Bel Paese nur sehr wenig in Recherche und fortschrittliche Technologien investiert, was auch viele negative Konsequenzen für die Innovationskapazitäten des Landes hatte. Bill Emmott, der ehemalige Direktor des Economist, erklärte kürzlich in seinem Buch Forza, Italia: „Man könnte denken, dass die Italiener außergewöhnlich kreativ sind, weil es genau das ist, was das nationale Gedächtnis will. Und trotzdem, wenn man sich das Land als Ganzes anschaut, wird diese Idee genauso schnell wieder verworfen.“ Emmott bezieht sich in seinem Buch auf die Daten der Consulting-Gesellschaft Creativity Group Europe von 2005, die aussagen, dass die Super-Hirne Italiens (Ingenieure, Architekten, Mediziner, Mathematiker u.a.) gerade einmal 9% der Arbeitskraft in Italien ausmachen. In Irland und Spanien, wo die Krise ebenfalls heftig wütet, sind es beispielsweise 20% und 14%. Eine Zahl, die sich nicht nur in der bekannten Unfähigkeit der Italiener begründet, schlaue Köpfe aus dem Ausland anzulocken, sondern auch darin, die eigenen in der Heimat zu halten und zu fördern.
China rettet das « made in Italy »
Doch trotz dieser Limits und einer fehlenden Werbestrategie für das „made in Italy“, trotzen die italienischen Exporte der Konkurrenz. Laut der von Promoteia, Confindustria und Sace lancierten Studie Esportare la dolce vita (Export des süßen Lebens), war der Export italienischer Luxusgüter zwischen 2000 und 2008, dank der florierenden Absatzmärkte in den Schwellenländern, besonders dynamisch. In China, der Ukraine und Russland steigt die Lebensqualität und dementsprechend die Nachfrage nach adäquaten Produkten.
Italien kann sich also gewissermaßen noch auf den Lorbeeren von gestern ausruhen, vom positiven Image, das der Stiefel nachwievor im Ausland genießt. Doch Italien riskiert, sich zunehmend in einem Kampf gegen seine Unfähigkeit in puncto Wandel zu verlieren und vergisst neue Wege der Kreativität zu suchen.
The Independent hat seine Top 15 des « made in Italy » veröffentlicht, eine Liste der Elemente und Persönlichkeiten, die das Bel Paese weltbekannt gemacht haben: 1) Claudia Cardinale 2) das Farniente 3) Autos 4) Gondolieri 5) das Sonnett 6) Eis 7) Caruso 8) Federico Fellini 9) Latein 10) die Mafia 11) das antike Rom 12) Casanova 13) Dante 14) Leonardo Da Vinci 15) Roberto Baggio
Fotos: Homepage (cc) gnuckx/flickr; Leonardo (cc) e l e f a n t e/flickr; Claudia Cardinale dovima_is_devine_II/flickr
Translated from Made in Italy, senza innovazione il mito affonda