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London: Schmelztiegel Theater

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Default profile picture sibylle neuhaus

Das Ensemble der Sardinierin Filomena Campus experimentiert in London mit mehrsprachigem Theater.

Schauspieler verschiedener Herkunft, Aufführungen in mehreren Sprachen und viel Lust am Experimentieren: Das waren die Voraussetzungen für die Gründung des Ensembles Theatralia, das die Italienerin Filomena Campus 2003 in London gegründet hat. Das Abenteuer beginnt in Campus’ Heimat Sardinien, wo die Schauspielerin jahrelang ihre Mehrsprachigkeit kultiviert. Sie veranstaltet Theater-Workshops an der Universität von Cagliari, bevor sie 2001 beschließt, nach England zu ziehen. „Hier kann ich besser mit Leuten aus der ganzen Welt arbeiten, um eine Theatersprache zu schaffen, die die Grenzen mit sämtlichen zur Verfügung stehenden Mitteln überwindet –mit Wörtern, Musik, Tanz und Videoprojektionen“.

Improvisation statt Texttreue

Wie erarbeitet Campus ihre Aufführungen? „Während man mit einer Gruppe von Schauspielern übt, entsteht oft die Lust, an einem Skript oder an einem Text zu arbeiten, der sich auf ein gesellschaftliches Problem bezieht. Wir nennen das devising theatre: Man arbeitet mit einem vorhandenen Text und gestaltet ihn nach dem kreativen Input eines jeden einzelnen“. Fast nie befolgt die Gruppe einen vorgegebenen Theatertext wortwörtlich.

Auf diese Weise entstand 2004 das Stück Not in my name. Es wird von zehn Schauspielern aus verschiedenen Teilen Europas interpretiert, deren Sprachen zu einem Stück verschmolzen und dadurch aufgewertet werden. Das Stück basiert auf der wahren Geschichte der Karla Tucker. Sie wurde 1998 als erste Frau seit dem amerikanischen Bürgerkrieg zum Tod verurteilt.

Interaktive Performance

Theatralia hält sich auch mit ihrem neuesten Werk, Il Misterioso („Der Geheimnisvolle“), an die Mehrsprachigkeit. Es kam im November 2006 am Camden People's Theatre auf die Bühne. Das Stück ist eine Bearbeitung eines Texts des berühmten italienischen Schriftstellers Stefano Benni und erzählt vom Leben und Werk des Jazzmusikers Thelonious Monk, der 1982 starb. Die Inszenierung setzt darauf, die Zuschauer in die Aufführung einzubeziehen. Das Theater ist wie ein Jazzclub der 50er Jahre eingerichtet und der Zuschauer erhält ein Blatt, auf dem ein Satz steht, den man während der Vorstellung hersagen muss. Es kann auch durchaus passieren, dass man neben einem Schauspieler zu sitzen kommt, der sich im Zuschauerraum versteckt.

Auf welche Schwierigkeiten stößt man, wenn man einen italienischen Text auf Englisch bearbeitet? „Das Schwierigste ist die Übersetzung. Bei einem ausgesprochen lyrischen Text wie Il Misterioso riskiert man, einen Teil dieser Poesie zu verlieren, die im Klang der Wörter steckt. Der Klang hat eine eigene Sprache, die im Rhythmus des Worts eingeschlossen ist, und sie kann man nicht auf das Englische übertragen“. Filomena hat daher beschlossen, einige Teile des Textes auf Italienisch zu lassen: „Wir haben italienische Textteile auf den Körper der Schauspielers projiziert. Gleichzeitig wird die englische Version gesungen“.

Und das scheint zu funktionieren. „Mein Englisch ist noch nicht perfekt. Dank der Zweisprachigkeit des Spektakels konnte ich dem Verlauf der Geschichte folgen“, meint die italienische Studentin Valentina nach der Aufführung. „Auch der Tanz und die Bilder sind hilfreich“.

Ein Theater, das verschiedene Sprachen braucht, ist nichts Neues: Im Taubstummen-Theater verwendet man oft einen Dolmetscher, der die Zeichensprache übersetzt. Aufführungen, die vollständig in Fremdsprachen aufgeführt werden, bedienen sich einer Tafel mit laufenden Untertiteln. Campus erklärt: „Diese Strategie kann funktionieren. Der Zuschauer läuft allenfalls in Gefahr, einige Bewegungen oder Ausdrücke des Schauspielers zu verpassen“.

Translated from Theatralia, se il teatro diventa Babele