Lage in Ägypten eskaliert: Wo sind Europa und die USA?
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In Kairo haben sich Anhänger und Gegner des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak am Mittwoch Straßenschlachten geliefert, bei denen mehrere Menschen getötet wurden. Europas Presse macht das Regime für die Eskalation der Gewalt verantwortlich und beklagt die geringe Unterstützung der Opposition durch EU und USA.
Delo: Mubarak wird als Mörder in Rente gehen; Slowenien
Ägyptens Präsident Hosni Mubarak hat blutige Auseinandersetzungen zwischen Regierungsanhängern und der Opposition initiiert und damit einen friedlichen Wandel verhindert, meint die Tageszeitung Delo: "Der Angriff auf die Demonstranten war genau organisiert und geschickt durchgeführt. Der Angriff trägt die Handschrift des ersten Mannes des ägyptischen Geheimdienstes, Omar Suleiman, den Präsident Mubarak am Freitag zum Vizepräsidenten des Landes ernannt hat. Wie sich gestern gezeigt hat, lässt ihm Mubarak freie Hand bei der Abrechnung mit den Gegnern des Regimes. Es ist völlig klar, dass ein sogenannter friedlicher Übergang nicht mehr möglich ist. Die kommenden Tage werden blutig werden. Der letzte ägyptische Pharao Hosni Mubarak wird wohl als Mörder in Rente gehen. Er hat gesagt, die Geschichte wird über ihn urteilen. Zumindest einmal hat er die Wahrheit gesagt." (Artikel vom 03.02.2011)
Dagens Nyheter: Dass EU und USA Präsident Mubaraks Versprechen glaubten, macht den Verrat nur noch größer; Schweden
Angesichts der Gewalt auf den Straßen Kairos meint die liberale Tageszeitung Dagens Nyheter, dass die EU und die USA die ägyptische Demokratiebewegung zu wenig unterstützt haben: "Die gewalttätigen Zusammenstöße in Kairo bedeuten eine politische und menschliche Katastrophe für Ägypten und sind ein Problem für die EU und die USA. Die friedlichen Demonstrationen und die Forderung nach Meinungsfreiheit und Demokratie sind mit brutaler Gewalt niedergeschlagen worden. Sowohl US-Präsident Obama als auch die EU-Außenministerin haben Präsident Mubaraks Regime in der vergangenen Woche konkrete Ratschläge gegeben. Aber die Bilder aus Kairo zeigen mit aller Deutlichkeit, dass sie die Lage falsch eingeschätzt haben. Mubarak erklärte am Dienstag, dass er nicht wieder kandidieren will. Die Mitteilung wurde in Washington und Brüssel willkommen geheißen. [...]. Aber haben sie sich wirklich die ganze Rede angehört? [...] Mubarak hatte nämlich auch angekündigt, Sicherheit, Gesetz und Ordnung im Land wiederherstellen zu wollen. [...] Die Forderung nach Demokratie war zu schwach. Dass die EU und die USA darüber hinaus Präsident Mubaraks Versprechen glaubten, macht den Verrat nur noch größer." (Artikel vom 03.02.2011)
Süddeutsche Zeitung: Die Armee, auf die das Volk gehofft hat, wäscht ihre Hände in Unschuld; Deutschland
Mit dem Einsatz von Gewalt gegen seine Gegner hat Ägyptens Präsident endgültig seine Legitimität verspielt, kritisiert die linksliberale Süddeutsche Zeitung: "In seiner Rede an sein Volk hat der 82-Jährige betont, dass er sein Leben der Nation gewidmet habe und am Ende in Würde abtreten wolle. Noch nicht beantwortet hat er die Frage, warum er für sechs weitere Monate im Amt sein Land ruiniert. Wie wollen Amerikaner und Europäer jetzt noch mit dem langjährigen Partner in Kairo zusammenarbeiten? Und: Das Land lebt vom Tourismus: Wer wird nach diesen Fernsehbildern vom Mittwoch noch einen Urlaub am Roten Meer buchen, die Pyramiden sehen wollen? Die Armee, auf die das Volk gehofft hat, wäscht ihre Hände in Unschuld. Am Tahrir-Platz in Kairo, auf dem Dach des Ägyptischen Museums, standen Elite-Truppen. Sie sahen den blutigen Krawallen ebenso ungerührt zu wie die Soldaten in den Panzern, die über den Platz verteilt waren. Das Argument der Offiziere: Wir haben die Demonstranten am Morgen aufgefordert, nach Hause zu gehen. Will heißen: selbst schuld."
(Artikel vom 03.02.2011)
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