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Kreml versucht Nato-Beitritt Georgiens mit Bomben zu verhindern

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n- ost

Kultur

Der russische Präsident Dmitri Medwedew hatte zwar offiziell verkündet, dass die militärische Offensive gegen Georgien gestoppt würde. Georgien beklagt jedoch weitere Bombardements. Der Einsatz des Kremls zeigt eindeutig, wer im Kaukasus geopolitisch das Sagen hat.

Der Kaukasuskrieg ist mehr als ein Konflikt zwischen Georgiern und Osseten. Dahinter steckt knallharte Geopolitik. Tiflis will mit allen Mitteln der Nato beitreten, muss dazu aber die innenpolitischen Konflikte in den Griff kriegen. Der Kreml versucht die Erweiterung des westlichen Militärbündnisses zu verhindern - und zeigt mit dem Militäreinsatz in Georgien, wer im Kaukasus das Sagen hat.

Pokern für Nato-Beitritt

Georgiens Präsident Michail Saakaschwili hat hoch gepokert: Mit einem heftigen Militärschlag wollte er die abtrünnige Provinz Südossetien zurück unter georgische Kontrolle holen. Damit würde er einen der beiden Konflikte im Landesinneren lösen, die dem lange ersehnten Nato-Beitritt seines Landes im Wege stehen. Vielleicht würde Abchasien freiwillig folgen, die zweite Region, die seit Anfang der 1990er Jahre auf ihrer Unabhängigkeit beharrt.

Die Russen, mag Saakaschwili geglaubt haben, würden sich heraushalten. Schließlich befindet sich Südossetien auf georgischem Territorium, wo russische Truppen nichts verloren haben. Im Übrigen stünden die Amerikaner hinter seinem Land, das immerhin 2.000 Soldaten in den Irak-Krieg geschickt hat. Sie würden Russland in Schach halten, notfalls dem georgischen Waffenbruder zur Hilfe eilen.

Doch Saakaschwili hat sich gleich zweimal verkalkuliert: Binnen weniger Stunden nach den ersten Schüssen hat der Kreml Panzer über die georgische Grenze geschickt, um den gen Russland orientierten Südosseten zur Hilfe zu eilen. Und vor allem hat Bündnispartner Washington die Regierung in Tiflis im Stich gelassen: Einem Konflikt mit der Nuklearmacht Russland gehen die Amerikaner bislang aus dem Weg.

Pulverfass Kaukasus

Ursprünglich war der Krieg im Kaukasus ein begrenzter Konflikt zwischen Nationalitäten - so wie alle Reibereien, die das "Pulverfass Kaukasus" seit Jahrzehnten am Brodeln halten. Er geht auf eine fatale Entscheidung des sowjetischen Tyrannen Stalin zurück. Der hatte 1931 mit einer willkürlichen Grenzziehung die autonome Republik Ossetien in zwei Teile zerschlagen, den nördlichen Moskau und den südlichen Tiflis zugebilligt. Seit Anfang der 1990er Jahre strebt der Südteil die Autonomie von Georgien und langfristig die Wiedervereinigung mit dem Norden an.

Der Bürgerkrieg, der bis 1992 in Südossetien tobte, kostete nach Schätzungen rund 10.000 Menschen das Leben. 30.000 flüchteten aus der umkämpften Bergregion, ein Drittel davon nach Zentralgeorgien. Ganz aufgeben mochte Georgien die Region Südossetien wie auch das ähnlich umkämpfte Abchasien nicht. Beide Regionen sind im historischen Bewusstsein ein wichtiger Teil der nationalen Identität.

Außerdem will Saakaschwili den Flüchtlingen georgischer Nation die Rückkehr in ihre Heimatregionen ermöglichen - mit diesem Versprechen hat er nicht zuletzt die Wahl gewonnen. Seit den Waffenstillstandsabkommen 1992 in Süd-Ossetien und 1994 in Abchasien köchelten die Konflikte im Norden Georgiens, aber das "Pulverfass Kaukasus" explodierte nicht.

Bis zum 7. August 2008. Michail Saakaschwili muss der Konflikte im eigenen Land Herr werden, sonst wird Georgien kein Mitglied der Nato. Der Beitritt zum Verteidigungsbündnis ist aber ein wichtiges Element der georgischen Außenpolitik - nur durch eine enge Westbindung, glaubt der Präsident, könne sich sein Land aus dem Einflussgebiet Russlands lösen.

Für die Bevölkerung ist der neue Krieg im Kaukasus ein Nationalitätenkonflikt. Dem Rest der Welt geht es um knallharte Geopolitik. Der Kreml demonstrierte mit dem völkerrechtswidrigen Angriff auf Georgien die neu gewonnene Stärke Russlands. Mit der harten Attacke gegen Georgien, kaschiert als Unterstützung der russischen "Friedenstruppen" im südlichen Kaukasus, möchte Moskau vor allem den georgischen Nato-Beitritt verhindern.

Auf den Beitritt Georgiens zum Verteidigungsbündnis drängen insbesondere die USA. In einem Strategiepapier des Pentagons, das acht Tage vor Kriegsbeginn an die Öffentlichkeit kam, wurde Russland neben China als potenzieller geopolitischer Gegner bezeichnet. Die Nato-Osterweiterung um die Ukraine und Georgien wäre ein wichtiger Baustein, die Macht der Russen im postsowjetischen Raum zu zügeln. Und so eskaliert ein Nationalitätenkonflikt. Durch die Verzahnung mit geopolitischen Interessen tritt plötzlich Russland auf den Plan, vielleicht sogar die USA. Das macht das Pulverfass explosiver als es ohnehin schon ist.

Der Autor des Artikels, Florian Willershausen, ist Mitglied des Korrespondenten-Netzes n-ost

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