Kontinentales (D)Englisch-Bashing
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Das Englische bahnt sich schier unaufhaltsam seinen Weg in die Weltsprachen - allerdings nicht immer ohne Hindernisse. Nur die Deutschen tun sich mit dem Schutz der eigenen Sprache noch schwer.
Schlägt man in letzter Zeit die deutschsprachige Presse auf, kommt man um ein Wort garantiert nicht herum - das Bashing. Das aus dem Englischen ins Deutsche herüber geschwappte Modewort ist neuer Medienliebling. Omnipräsent! Da wäre das "Gewissenlose Islam-Bashing" in der Presse, "Schluss mit Google-Street-View-Bashing" beim ZDF, "Bashing gegen Boateng" in der Süddeutschen oder "Die politische Klasse", die laut Berliner Umschau ein regelrechtes "Sarrazin-Bashing" betreibt. Der Trend ist eindeutig - in Deutschland und Österreich wird gebasht, was das Zeug hält.
Bashing, das in einem Wort sprachökonomisch auszudrücken vermag, was wir im Deutschen mit 'an den Pranger stellen' oder 'öffentlich Kritik üben/ beschimpfen' umständlich übersetzen würden, hat wie viele andere seiner Anglizismus-Kumpanen den Weg in die deutsche Sprache - und besonders auf die Titelseiten der Medien gefunden. Und die Deutschen gehen auch nicht erst seit der letzten WM gemeinsam zum Public Viewing, canceln Flüge, recyceln um die Wette, tragen Make-up und machen Online-Banking. Denglisch - das Kofferwort aus Deutsch und Englisch - ist mittlerweile Mainstream.
Doch nicht nur die Deutschen hat das Denglischtum befallen. Ein Blick über den Rhein genügt, um festzustellen, dass auch die protektionistischen Franzosen seit Jahren mehr oder minder erfolgreich gegen das Phänomen Franglais (Français und Anglais) ankämpfen, ein Term des Grammatikers Max Rat, der bereits in den 1960er Jahren in der französischen Abendzeitung France Soir auftauchte. Denn auch im europäischen Land des Sprachpurismus wird zunehmend full time und in open spaces gearbeitet - trotz Gesetzgebung! Schon seit den 1970er Jahren versucht man das Französische im Hexagon gesetzlich zu schützen, die letzte Verfügung dieser Art nannte sich nach dem gleichnamigen Kultusminister Loi Toubon (1994). Ob der Franzose im 21. Jahrhundert nun aber wirklich remue-méninges ('Brainstorming') und courriel ('E-Mail') sagt? Fraglich… Nicht umsonst hat die Loi Toubon seinerzeit den ironischen Spitznamen „Loi Allgood“ (Toubon - tout bon - all good) verpasst bekommen.
Auch anderswo in Europa wird der Schutz der Landessprache gesetzlich verankert - so zum Beispiel in Polen, Lettland, Litauen, Ungarn oder Tschechien. Trotzdem hat sich der American Way of Life auch in diesen Ländern seinen steten Weg in die Landessprache gebahnt. Das Ponglishe (Polnisch und Englisch) hat beispielsweise das Senden von E-Mails (mejlować) und jede Menge Events (eventy) hervorgebracht. Die Italiener hatten unter Anleitung vieler prominenter Professoren, Künstler und Politiker zwar noch den kläglichen Versuch eines Manifests zur Rettung der italienischen Sprache gegen das Italenglish unternommen, aber auch hier muss das berühmte ti amo zunehmend der Neukreation lovvare (ti lovvo, lieben von englisch love) weichen. Die Russen sprechen zunehmend Ruglish, wenn sie miskols (entgangene Anrufe, missed call) von diversen chiksas (Mädels, chicks) erhalten. Und Spanglish ist nicht erst seit der gleichnamigen Filmkomödie von James Brooks (2004) ein Phänomen.
Aber während viele unserer europäischen Nachbarn doch recht vehement gegen die Anglizismen-Sintflut des englischen Giganten anschwimmen, tun wir Deutschen uns doch immer noch sehr schwer mit dem Schutz der Landessprache. Das ansonsten weitverbreitete Englisch-Bashing steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Man erinnere sich nur an den gerade frischgebackenen Außenminister Guido Westerwelle, der einen BBC-Reporter aufforderte, seine Frage doch bitte auf Deutsch zu stellen und damit eine Welle des Protests auslöste. Mit der Aktion „Lebendiges Deutsch“, die nach deutschen Entsprechungen für Statements, Headlines und Co. sucht, geht zumindest die Stiftung Deutsche Sprache in die Offensive.
Warum wir Deutschen uns so schwer tun? „Viele Deutsche flüchten nicht eigentlich aus ihrer Sprache, sie flüchten aus ihrer nationalen Haut als Deutsche. Lieber ein halber Ami als ein ganzer Nazi, man möchte endlich, und sei es auch nur leihweise, zu denen gehören, die in Hollywoodfilmen immer gewinnen, zu den Edlen, Guten und Geliebten dieser Erde“, lautet die Erklärung von Prof. Walter Krämer der Uni Dortmund in einem sprachkritischen Blog. Bamm, das hat gesessen! Und vielleicht ist an der These des werten Herrn Professor sogar etwas dran. Schließlich sind wir Deutschen die Meister im Erfinden von Scheinanglizismen wie Beamer (data projector), Oldtimer (altes Auto) oder Smoking (b.E. black tie, a.E. tuxedo), die bei Engländern höchstwahrscheinlich nur Stirnrunzeln hervorrufen und mit Starwars, Rentnern und vollen Aschenbechern nicht wirklich etwas gemein haben… Wann ist die Zeit reif für Denglisch-Bashing?
Illustration: ©Henning Studte; Videos: Les Inconnus ©glook183/Youtube