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Knecht Ruprechts fieser Freundeskreis

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Katha Kloss

Turm zu BabelGesellschaft

„Morgen Kinder wird’s was geben“… Aber was? Die europäischen Weihnachtstraditionen bringen nicht immer nur Gutes mit sich.

"Hast denn die Rute auch bei dir?" Ich sprach: "Die Rute, die ist hier; Doch für die Kinder nur, die schlechten, Die trifft sie auf den Teil, den rechten." So stellt das Christkind in Theodor Storms Gedicht Knecht Ruprecht, Europas fiesesten Weihnachtsschreck, dar. Denn laut spätmittelalterlicher Tradition kommt am 6. Dezember nicht nur der Heilige Nikolaus, um über Nacht blankgeputzte Kinderstiefel zu füllen. Sondern er hat auch seinen Kumpanen, sein negatives Alter Ego im Schlepptau, der Europas Kiddies die Frömmigkeit eintrichtern soll - wenn’s sein muss per Rute. Schließlich sollen sie ja nicht zu verwöhnten kleinen Monstern werden.

Dafür sorgen in nachbarschaftlicher Tradition auch die Kollegen Hans Trapp im Elsass, der Zwarte Piet ('Schwarze Peter') in den Niederlanden und die Hardcoreversion, der Père Fouettard ('Peitschvater') im Nordosten Frankreichs. Um so richtig gruselig zu wirken, wird Knecht Ruprecht in den verschiedenen Ecken Europas oft mit der Farbe schwarz beschrieben, in Belgien und Holland tritt er gar als mohrenschwarzer Sklave in bunter Kleidung in Erscheinung. In der Schweiz hat sich vielleicht auch deshalb der Name Schmutzli für die dunkle Gestalt durchsetzen können, die statt Bonbons Kohle, wahlweise auch Zuckerrüben verteilt.

Im katholischen Mitteleuropa, so zum Beispiel in Österreich, Ungarn oder Tschechien, treibt allerdings der Krampus sein Unwesen, eine gehörnte Teufelsfigur heidnischer Tradition, die nicht zögert, unartige Kinder in der Butte auf dem Rücken zu verschleppen. Vorsicht sei geboten, denn der Krampus tritt gerne in Horden auf. Bis heute finden in vielen Städten traditionelle Umzüge statt, zu deren Anlass vermummte Gestalten durch die Straßen ziehen.

Während der Heilige Nikolaus besonders in den protestantischen Gegenden Europas allmählich dem Christkind weichen musste, hat sich sein ominöser Knecht als hartnäckiger Überlebenskünstler erwiesen. Nur den katholischen Süden Europas hat seine Rute ausgespart. Hier gibt es seit vorchristlichen Zeiten bereits andere Übeltäter, wie beispielsweise die italienische Befana, eine hässliche Alte, die per Besen ihr Unwesen treibt. Als 'befana fascista' hat sie versucht ihr Image aufzupolieren, indem sie sich im Namen der 'Romanisierung' Italiens zur Wohltätigkeitshexe entwickelte und Kinder mit Geschenken überhäufte. Den Ruprecht-Kohletrick ("Carbone dolce") für freche Kinder hat aber auch sie bis heute im Repertoire. Allerdings ist sie der dämonische Nachzügler unter Europas Weihnachtsschrecken. Die Befana rauscht erst einen Monat später, zu den Heiligen drei Königen am 6. Januar, durch den Schornstein.

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