Kein Wunder, in Marxloh
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Berlin-Pankow und Duisburg-Marxloh - zwei Moscheen, zwei Städte, zwei Situationen. Während die Einweihung der Moschee in Berlin am Donnerstag von Protesten der Anwohner begleitet war, findet das Gotteshaus in Duisburg allseits Unterstützung. Angesichts der Struktur der Viertel kein Wunder. Donnerstag, 16.
Oktober 2008
Gleich und doch ganz anders. Gleich zwei Moscheen werden dieser Tage eingeweiht und doch könnte die Situation nicht unterschiedlicher sein. In Berlin-Pankow hat die Ahmadiyya-Gemeinde eine bescheidene Moschee errichtet, das Minarett zwölf Meter hoch, und doch laufen die Anwohner Sturm, seit Jahren schon. In Duisburg-Marxloh ist von der Ditib-Gemeinde das bisher größte muslimische Gotteshaus in Deutschland gebaut worden, allein die Kuppel erhebt sich 34 Meter, und nirgendwo ein Wort des Protests.
Während in Berlin die Einweihung der ersten ostdeutschen Moschee, obwohl sie am Rande einer Autobahn zwischen einem Fischgroßmarkt und einem Schnellrestaurant liegt, von einer Protestkundgebung der Anwohnerinitiative am Donnerstag begleitet war, findet die Eröffnung der Marxloher Moschee kommende Woche mitten in einem Wohnquartier die fast einstimmige Unterstützung des Viertel. Dies liegt wohl zum einen an dem Stadtteil, zum anderen an den Bauherrn.
Die einzigen Ausländer waren Genossen
Pankow war in der DDR das Viertel der Regimetreuen und der Parteifunktionäre, Ausländer kannte man allenfalls als Genossen der osteuropäischen Brudernationen, Muslime gab es hier keine. Allerdings lebt noch immer keiner der Mitglieder der Aymadiyya in dem Viertel, weshalb die Anwohner sich fragten, warum ausgerechnet bei ihnen die Moschee entstehen sollte. Und sich zu einer Gegeninitiative zusammenschlossen.
Ganz anders in Marxloh. Das Viertel war einmal eine Arbeiterhochburg, seit dem Niedergang der Schwerindustrie im Ruhrpott ist es vor allem eine Hochburg der Arbeitslosigkeit. Seit langem gibt es dort eine starke muslimische Minderheit, heute ist daraus eine Mehrheit geworden. Die mit EU-Fördergeldern im traditionellen osmanischen Stil errichtete Moschee macht die Anwohner stolz. Denn sie ist das einzige, das glänzt in diesem Viertel.
Wenn die NPD sich für Schwule stark macht
Die Ditib, der hier baut, ist eine vom türkischen Staat kontrollierte Organisation, konservativ aber gemäßigt, die sich seit langem um einen engen Dialog mit den deutschen Behörden und den christlichen Kirchen bemüht. So auch in Marxloh, wo von Anbeginn die Pläne mit den betroffenen Institutionen abgestimmt wurden. Dieser Offenheit ist es zu verdanken, dass die Moschee so gut angenommen wurde. Es half wohl auch, dass im Gemeindevorstand eine Reihe liberal gesinnter Frauen saß – sonst eher ungewöhnlich in der Ditib.
Auch die Ahmadiyya hat sich darum bemüht, frühzeitig die Anwohner einzubeziehen. Ihr blieb auch nichts anders übrig, da, kaum dass die Baupläne bekannt waren, sich der Widerstand mobilisierte. Wilde Gerüchte machten die Runde über die Gemeinde. Frauen- und schwulenfeindlich sei sie – ein Vorwurf, der einigermaßen hohl klingt, bedenkt man, dass an der Spitze des Protests Parteien standen (CDU und NPD), die kaum als Verfechter eines liberalen Gesellschaftsbilds bekannt sind.
Ganz falsch liegen die Kritiker mit ihren Bedenken allerdings nicht. Die Ahmadiyya ist eine islamische Splittergruppe, die von deutschen Medien gerne als Reformgemeinde bezeichnet wird. Die Ahmadis glauben, dass es nach Mohammad noch einen weiteren Propheten gab - ihren Religionsgründer. Von orthodoxen Muslimen werden sie daher abgelehnt, in Pakistan, wo die Gemeinde entstand, sind sie sogar verboten und werden verfolgt. Moderat oder liberal sind sie deshalb nicht – Angst vor ihrer Moschee muss aber auch niemand haben.