Katar: Ein Land so groß wie Korsika finanziert PSG
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TextwolffSeit diesem Sommer sind die Prinzen sprichwörtlich im Parc des Princes [Stadion in Paris]. Und man kann sagen, als neue Eigentümer des Fußballclubs Paris Saint-Germain haben die Katarer nicht an Geldern gespart, um aus dem französischen Hauptstadtverein wieder ein Kronjuwel zu machen. Doch für wessen Krone? Für die des Imperiums Sarkozy oder für das Emirat Katar?
Was aber bringt die milliardenschweren Scheichs dazu, in Frankreich und Europa zu investieren?
Paris erlangt endlich ein wenig seiner vergangenen Fußball-Magie zurück. Mit mehr als 80 Millionen Euro Transfergeldern für neun neue Spieler (von denen zwei vor der katarischen Übernahme eintrafen) hat sich der Club Paris Saint-Germain mit einer echten Armada gewappnet. Darüber hinaus kann der Verein mit dem Geldadel der europäischen Vereine konkurrieren. Zum Beispiel hat der PSG den Argentinier Javier Pastore Intermailand oder Chelsea für 40 Millionen Euro vor der Nase weggeschnappt. Ja, der Pariser Fußballclub sorgt dafür, dass Spieler vom Kaliber eines Jérémy Ménez, der früher für AS Roma spielte, Mohamed Sissoko von Juventus oder Diego Lugano von Fenerbahce erneut Interesse an der französischen Meisterschaft haben. Und mit dem Nimbus des neuen Managers - kein Geringerer als der Brasilianer Leonardo - kann der PSG in seiner katarischen Neuauflage einer der großen europäischen Vereine werden.
Reichtum in einem kleinen, feudalen Land
Von jetzt ab sind also 70% der PSG-Anteile im Besitz der staatlichen Investitionsbehörde Katars - der Qatar Investment Authority. Ihr Chef ist Scheich Tamim bin Hamad Al-Thani, 31 Jahre alt und Kronprinz von Katar. Verschiedenen Quellen zufolge verfüge der Fond über ein Kapital zwischen 50 und 100 Milliarden US-Dollar.
Ein paar Zahlen zu diesem Land, dessen Hauptstadt Doha heißt: Kaum größer als Korsika ist Katar seit 1971 unabhängig. Von den fast 1,7 Millionen Einwohnern stammen nur 200.000 aus Katar, alle übrigen sind ausländische Arbeitnehmer. Das Prokopfeinkommen ist mit 60.000 US-Dollar eines der weltweit höchsten. Bezogen auf seine Erdöl- und vor allem Gasexporte ist das Land eine Supermacht. Die Katarer haben außerdem die weltweit höchsten CO2-Emissionen pro Einwohner. Zwar befindet sich Katar in einem Reformprozess, seit 1995 seinen Vater entmachtete. Doch das Land am Persischen Golf ist nach wie vor eine absolute Monarchie - keine Demokratie. Noch immer sind die Gesellschaft und die Gesetze sehr konservativ. Das gilt insbesondere für den Umgang mit Frauenrechten, Todesstrafe, Homosexualität, Gewerkschaften und den Rechten zugewanderter Arbeitnehmer. Vor allem der Verkauf von Alkohol unterliegt einer strengen Kontrolle.
Mit Al-Dschasira hat einer der einflussreichsten Fernsehsender der muslimischen Welt seinen Sitz in Doha. Der Sender ist eine echte politische Waffe und dient den von Wikileaks enthüllten Botschaftsdepeschen zufolge zuweilen auch den Interessen des katarischen Emirs Al Thani. Übrigens wird der Vorsitzende von Al Jazeera Sport, Nasser Al-Khelaifi, ein Vertrauter von Scheich Al-Thani, dem Aufsichtsrat des Pariser Clubs vorstehen.
Ein Schaufenster für Katar
Die Übernahme des PSG ist nur eine der wahnwitzigen Investitionen dieser Landzunge im Persischen Golf. Dank seines Erdölsegens plant Katar gigantische Investitionen in Bildung, Landwirtschaft, Industrie und Tourismus. Das Land will bis 2016 durchschnittlich 15 bis 18 Milliarden US-Dollar pro Jahr für die Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen und Projekten zur ökonomischen Diversifizierung aufwenden. Der Sport hat für Katar eine wichtige Schaufensterfunktion. Die Investitionen sind eher am Renommé orientiert als an der Rentabilität, was auch die jüngsten Ankäufe des PSG wie auch des spanischen Ligisten Malaga belegen. Der spanische Verein ist seit 2010 im Besitz von Abdullah Bin Nasser Al-Thani, einem weiteren Mitglied der Herrscherfamilie. Angetrieben von dem früheren Real-Madrid-Coach, Manuel Pellegrini, hat auch Malaga diesen Sommer Irrwitztaten auf dem Transfermarkt vollbracht: Sowohl der Niederländer Ruud Van Nistelrooy und der Franzose Jérémy Toulalan sowie die international aktiven Spanier Cazorla und Joaquin konnten geködert werden. Kaum noch zählbar ist die Zahl jener Stars, die bei den katarischen Meisterschaften von den Ölmilliarden profitieren wollen, wie Pep Guardiola [derzeitiger Trainer des FC Barcelona, A. d. R.], wenn er noch aktiv wäre, Sonny Anderson, Romario oder diesen Sommer Mamadou Niang.
Auch mit dem FC Barcelona hat Katar einen Vertrag geschlossen. Dieser Verein hatte in seiner langen und ruhmreichen Geschichte bisher nur einmal Sponsorenwerbung auf den Trikots, nämlich im letzten Jahr für Unicef. Dann aber wurde im Dezember 2010 ein Vertrag mit sechsjähriger Laufzeit über 180 Millionen Euro abgeschlossen, der die Aufschrift „Qatar Foundation“ auf die Trikots des Barça bringt - und Unicef auf die Spielerrücken verbannt.
Das Emirat ist auch Gastgeber für andere sportliche Großveranstaltungen, so zum Beispiel für das Auftaktturnier der Herrentennisserie ATP, die Katar Exxon Mobile Open und im Radsport für die Tour du Quatar, die von den Veranstaltern der Tour de France organisiert wird. Nicht zu vergessen - das Springreiten mit einer Etappe der prestigereichen Global Champion Tour. Und 2015 wird die Handballweltmeisterschaft der Herren in Katar stattfinden. Am meisten Furore aber machte die Nachricht, dass Katar zum Austragungsland der Fußballweltmeisterschaft 2022 erklärt wurde. Für ein kleines Wüstenland kommt dies einer Titanenaufgabe gleich. So sind zum Beispiel zahlreiche überdachte und klimatisierte Stadien zu errichten - recht nützlich bei Sommertemperaturen von bis zu 50 Grad. Eine Wahl, die angesichts des Niveaus der katarischen Nationalauswahl umso mehr erstaunt: Platz 89 im Gesamtklassement des Weltfußballverbands FIFA. Außerdem stehen die Führungsebenen der FIFA unter massivem Korruptionsverdacht.
Was motiviert sie?
Warum also bemühen sich diese paar Milliardäre so um Bekanntheit und Anerkennung? Werfen wir zunächst einen Blick auf die geopolitische Lage: Umklammert von drei „Giganten in Gärung“ – Iran, Irak und Saudi-Arabien – kämpft Katar um Fortbestand und Bekanntheit. Hierfür gönnt man sich Werbefeldzüge im Wert von vielen hundert Millionen Euro.
Und außerdem lädt Paris ja bekanntlich zum Träumen ein. Als Eigentümer zahlreicher Luxusresidenzen verbringen die Katarer gerne ihren Urlaub in der Lichterstadt, deren Wahrzeichen - der Eiffelturm - die PSG-Trikots ziert. Doch zu Zeiten der weltweiten Finanzkrise und dem von Michel Platini und den Gremien der UEFA angestrebten financial fairplay erregt diese neuerliche Übermacht katarischer Petrodollars Stirnrunzeln. Zweifelsohne aber ist dies die einzige Lösung, um der französischen Meisterschaft wieder zu ihrer alten Magie zu verhelfen.
Fotos: Homepage (cc)twofourseven/flickr; katarisches Paar (cc)Ammar Abd Rabbo/flickr; EAU gegan Katar (cc)fchmksfkcb/flickr; Leonardo ©Wikipedia; Video (cc)PSGofficiel/flickr
Translated from Football, pétrodollars et PSG : Qatarira bien qui rira le dernier