Karrieregeile Don Quichottes? Die 1960er über die 1980er-Generation
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kflueggeNur eine Generation trennt uns. Mit einer Distanz von zwei Jahrzehnten blicken unsere Eltern zwar liebevoll, aber auch kritisch auf unsere Generation, die Kinder der 1980er Jahre. Videospiele, Arbeitslosigkeit, Reisen und Geld - eine Analyse unserer Identität aus Elternsicht.
Linda, 56 Jahre, Italien: Lehrerin und Mutter, die immer noch an eine bessere Welt glaubt
Meine Zeit, das waren die 1960er. Für meinen Sohn waren es die 1980er Jahre. Die zentralen Werte meiner Generation waren die Bereitschaft, Opfer zu bringen, Ehrlichkeit und Würde, der berufliche Stolz auf die Weiterentwicklung der Gesellschaft. Die junge Generation hat es mit dem Credo „minimaler Einsatz für maximalen Gewinn“ ersetzt. Dieser Egoismus, der das Individuum über alles und alle stellt, ist ebenso typisch für sie wie das Streben nach Erfolg zu jedem Preis, um Macht über Andere ausüben zu können. Ich finde es jedoch besonders traurig, dass die Verantwortung für diese Rückentwicklung in der Denkweise nicht bei der Jugend von heute zu suchen ist, sondern bei der „Jugend von gestern“, die sich als Erwachsene selbst verraten haben.
Thomas, 57 Jahre, Deutschland: Die Generation, die auf morgen baut und sich trotzdem (zu oft) nicht traut
Das Anforderungsprofil an die junge Generation von heute ist auf Perfektion getrimmt. Liest man in diesen Tagen Stellenanzeigen von Unternehmen mit dem Wunschanforderungsprofil an junge neue Mitarbeiter, dann gewinnt man schnell den Eindruck, hier wird Ms. oder Mr. Right gesucht: jung, perfekt ausgebildet, berufserfahren, kommunikativ, sprachbegabt, sozial kompetent - einfach jemand, der praktisch alles mitbringt für das Unternehmen.
Ein so hoher Anspruch weckt aber auch immer Versagensängste. Bin ich schon gut genug? Was muss ich noch an Qualifikation nachbessern? Darf ich gerade jetzt in der entscheidenden Phase persönliche, private Ambitionen mit Kinderwunsch und Familie haben? Angst ist immer ein schlechter Ratgeber. Dieser enorme Druck raubt der jungen Generation von heute das nach meiner Auffassung wichtigste, kreativste und ureigenste Element - nämlich die Spontanität und Leichtigkeit Dinge anzugehen, das immer das eigentliche Privileg der Jugend war.
Deshalb kann ich der jungen Generation nur empfehlen, sich viel öfter auszuprobieren ohne generellen Anspruch auf Perfektion, sich auch einmal auf eine Herausforderung oder Situation spontan einzulassen, für die man vielleicht nicht ideal geeignet scheint, oder die nicht dem Lebenstraum entspricht. Man gibt deshalb damit seine Träume nicht auf. Das trifft sowohl für Beruf als auch Familie zu. Nicht immer alles abwägen und immer haarklein kritisch überdenken, sondern spontan handeln und machen. Jugend kann kleine Schwächen mit Dynamik, frischer Herangehensweise. Power und viel Engagement allemal ausgleichen.
Die „Generation Praktikum“ hat keine Zukunft. Nicht der perfekte Job, nicht die materielle Sicherheit, nicht das perfekte Zuhause macht glücklich, sondern das Gefühl, sich einen Platz im Leben erkämpft zu haben, der Freude bereitet, an dem man sich öfter reibt, und der auch noch Luft nach oben lässt. Selbstvertrauen muss vor allem Privileg der Jungen sein, also traut euch alles zu!
Elias, 56, Frankreich: Am Ende gewinnt die Lebensfreude
„Alte oder junge Generation - gibt es wirklichen einen Unterschied zwischen uns oder ändert sich mit dem Alter einfach nur der Blickwinkel? Werden die Jungen von heute mit ihrem unschuldigen Enthusiasmus die blasierten, zynischen Alten von morgen? Die Generation unserer Kinder verdient dennoch meine Bewunderung: Sie sind neugierig und kennen keine Grenzen. Die stetige Verbesserung von Kommunikation und Transport eröffnet immer mehr Möglichkeiten und erlaubt ihnen den Zugang zu einer Welt des rasanten technischen Fortschritts. So sehr die Elterngeneration häuslich und heimatverbunden ist, so mobil ist die Jugend. Grenzen werden einfach ignoriert. Ihre Einstellung ist noch viel höher einzuschätzen, bedenkt man die vielen unkenden Kassandras auf dieser Welt, die permanent Katastrophen prophezeien. Krieg, Terrorismus, Fundamentalismus, die absichtliche Zerstörung unseres Planeten - nichts bleibt ihnen erspart. Und trotzdem steigt die Geburtenrate [in Frankreich, A.d.R.], Paare finden sich, Kinder werden geboren und am Ende gewinnt wieder die Lebensfreude. Dafür möchte ich euch ein Lob aussprechen: Bewahrt euren Enthusiasmus und lasst niemanden eure Träume zerstören. Das Glück existiert - man muss es nur sehen.
Jolanta, 50 Jahre, Polen: Besonders die jungen Frauen verdienen Respekt
Als Mutter von zwei Töchtern durfte ich Zeuge sein, wie die Generation, die in den 1980er Jahren geboren wurde, erwachsen geworden ist. Diese Generation hat Zugang zu vielfältigen Bildungsmöglichkeiten im weitesten Sinne des Begriffs, sie bewegen sich spielerisch durch eine Welt digitaler Technologien, eine Welt ohne Sprachbarrieren, ein vereintes Europa. All diese Zutaten sorgen dafür, dass die junge Generation für neue Erfahrungen und Herausforderungen bereit ist.
Besonders die kreativen, mutigen, unabhängigen und toleranten jungen Menschen können sich schnell an die wechselnden Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt anpassen... Das liegt aber auch daran, dass Karriere und hohe Gehälter einen hohen Stellenwert in ihrem Leben einnehmen. Natürlich gibt es auch junge Menschen, die es nicht schaffen, mit den Herausforderungen des Arbeitsmarktes offensiv umzugehen, aber generell weiß diese Generation, wie man für seine Prinzipien kämpft. Besonders die jungen Frauen verdienen Respekt für die Effizienz, mit der sie ihre beruflichen Rechte einfordern.
Kurz gesagt, ich schätze bei den jungen Leuten vor allem ihren Mut und ihren Ehrgeiz. Ich wünsche ihnen Erfolg im beruflichen, aber auch im privaten Leben. Schließlich möchte ich betonen, dass sie ihr Leben nicht nur auf beruflichen Erfolg ausrichten dürfen, sondern auch an andere Werte denken sollten.
Teresa, 46, und Juan Luis, 49, Spanien: Solidarische Menschen, die sich trotzdem 'reinhängen' müssen
Die Kinder der 1980er Jahre begeisterten sich für Superman, Knight Rider und Espinete [eine Figur in der spanischsprachigen Ausgabe der Sesamstraße; A.d.R.]. Sie waren die letzte Generation, die auf der Straße mit „Tazos“ (in Deutschland hießen diese Spielchips „Caps“) und Kreiseln gespielt hat, und die erste, die sich mit Videospielen vergnügt hat. Sie waren die letzten, die als Schüler noch das BUP- und das COU-System erlebt haben (ehemalige Abschnitte des spanischen Schulsystems vor dem Übergang zur Universität), und die Pioniere von ESO (das neue System). Diese Generation besteht aus Jungs und Mädels, die mit einem Überfluss an Informationen leben, die alle eine Universitätsausbildung genießen und Fremdsprachenkenntnisse erwerben dürfen; eine Generation, die perfekt mit neuen Technologien umgehen kann und die besser als alle anderen weiß, wie man mit Zelt und Rucksack die Welt entdeckt. Es sind solidarische junge Menschen, die das Positive der Kulturen aus aller Welt aufnehmen. Aber es ist auch eine Generation, die sich trotz alledem und in Anbetracht der heutigen Umstände reinhängen muss, um sich beruflich abzusichern und sich eine würdige Zukunft zu erarbeiten.
Fotos: (cc)Anomieis/flickr; Familie heute: (cc)Le Silly/flickr; Familie gestern (cc)Sheriff of nothing/flickr
Translated from Des Don Quichotte carriéristes : la génération 1980 vue par la génération 1960