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Jens Parker: Jung, grün, stachelig

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BerlinPolitik

In wenigen Tagen ist Bundestagswahl, doch von richtigem Wahlkampf keine Spur. Cafébabel Berlin hat sich deshalb mit Vertretern und Vertreterinnen der Partei-Jugendorganisationen unterhalten: Wer ist eigentlich die politische Jugend von heute? Und wofür steht sie? Teil 4 unserer Serie „Jung & politisch“: Jens Parker von der Grünen Jugend.

Jung. Grün. Und stachelig: So sieht sich die Grüne Jugend selbst. Seit 2007 ist auch Jens Parker dabei – vor allem im Namen der Antidiskriminierungspolitik und Europapolitik. 2012 wurde er zum Bundessprecher gewählt. Ich treffe ihn in einem Kreuzberger Café. Bei einem Kaffee sprechen wir über das Wahlprogramm der Grünen, Europa und darüber wie stachelig die Grüne Jugend wirklich ist.

Cafébabel Berlin: Jens, wie sieht dein Verhältnis zu Europa aus?

Jens Parker: Ich identifiziere mich ganz klar als Europäer. Warum sollte ich mich Menschen in Münster näher fühlen als in Brüssel?

Cb: Europa ist also in Deutschland genügend politisch verankert?

JP: Nein, auf keinen Fall. Besonders die aktuelle Bundesregierung arbeitet nicht an einem Mehr an Europa. Eher gibt es eine Tendenz zu zwischenstaatlichen Absprachen. Leider tendieren wir dadurch gerade zu einem nationaleren Europa. 

Cb: Aber was soll dagegen getan werden? Ist Europa noch zu retten?

JP: Das Europaparlament muss mehr Mitspracherecht haben – mit Initiativrecht! Wir befinden uns momentan eher in einer Lethargie. Das regt mich fast auf. Aber Europa ist nicht nur eine politische Aufgabe. Wir alle sind Europa. Alle entscheiden mit. Es ist traurig, dass immer nur einzelne Experten sprechen. Aber diese Entwicklung ist nicht alternativlos. Politik sollte hier Impulse setzen und Strukturen schaffen, die mehr Mitsprache ermöglichen.

Cb: Was war für dich ein prägender europäischer Moment?

JP: Als extrem bedeutend habe ich die Verteilung der EURO-Starterkits empfunden: ein Stück Europa in den eigenen Händen. Ich weiß noch, wie ich zur Sparkasse gegangen bin, das Paket bekommen habe und dachte „Wow eine gemeinsame Währung.“

Cb: Gibt es einen besonderen Grund, warum du dich bei der Grünen Jugend für Wirtschafts- und Finanzpolitik einsetzt?

JP: Ich glaube, dass ein anderer Finanzsektor möglich ist. Man muss den Menschen klar machen, dass das Geld auf ihrem Konto für viele Dinge verwendet wird. Es ist schon komisch: Auf Demos gegen Kohle- und Atomkraft gehen, aber das Konto bei der Commerzbank haben (die in Atomenergie investiert, AdR). Auf diesen Demos begegnen die Menschen ihrem eigenen Geld.

Cb: Ohne Job kein Geld. Jugendarbeitslosigkeit ist momentan wohl das größte Problem in Europa. Was wollen die Grünen anders machen?

JP: Es gibt im Wesentlichen drei Schritte. Erstens muss es eine Jugendgarantie geben. Die momentane Politik ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Man muss nur einmal nachrechnen: 2 Mrd. Euro über 7 Jahre und das herunter gebrochen auf alle betroffenen Länder. Mit der Grünen Jugend gehen wir sogar weiter als Bündnis 90/Die Grünen: Wir wollen eine Arbeitslosenversicherung. Aber hier bedarf es noch einer konkreten Ausarbeitung. Wir fordern zweitens eine Vermögensabgabe. Und drittens ist ein Investitionsprogramm absolut notwendig. 

Cb: Andere würden sagen, dass bereits investiert wird. 

JP: Die Grüne Jugend möchte auch den Blick auf die Richtung der Investitionen lenken: Erneuerbare Energien und effizientere Stromnetze sind da nur zwei gute Ansätze. Nur weil man mit neuen Autobahnen auch neue Jobs schafft, heißt es nicht, dass diese sinnvoll sind. Nicht jede Investition und jeder Job sind eine Errungenschaft.

Cb: Wie sieht es denn mit dem im Grünen-Wahlprogramm geforderten EU-Kommissar für Wirtschaft und Währung aus? Gibt es nicht schon zu viele Jobs in diesem Bereich? 

JP: Unternehmen ziehen aus steuerlichen Gründen innereuropäisch gern um. Das zeigt, dass der Aufgabenbereich drängt. Daher fordern wir ein neues Amt mit dem Fokus auf Wirtschaft und Währung. Wir müssen die EU-Kommission aber auch grundsätzlich demokratischer machen. Wenn wir in diesem Bereich mehr Europa wagen, dann haben wir darüber hinaus ein enormes Einsparpotential. Wenn wir beispielsweise eine europäische Außenpolitik haben, dann brauchen wir auch nur ein Auswärtiges Amt und keine verschiedenen nationalen Botschaften.

Cb: Du engagierst dich außerdem für Vielfalt und gegen Diskriminierung, insbesondere der LGBT-Community. Wie siehst du die Rolle Deutschlands in diesem Bereich? 

JP: Ich war dieses Jahr auf dem CSD in Frankfurt. Das absurde ist, dass sich Kristina Schröder (Bundesfamilienministerin, CDU) dort als progressiv feiern lassen hat. Dabei kann man eigentlich sagen: CDU gleich 'chronisch diskriminierende Union'. Denn die europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien werden von Deutschland gebremst, obwohl es sie in Deutschland bereits gibt. Das ist ziemlich problematisch. Auch über die Entwicklungen in Osteuropa bin ich sehr besorgt.

Cb: Die Grünen fordern auch eine „Politik, die über den Tag hinaus denkt“ – Was bedeutet das konkret? 

JP: Das bedeutet, dass wir eine Politik brauchen, die Mut hat Dinge zu fordern, die nicht populär, aber notwendig sind. Wir müssen immer die Dinge fordern, die wichtig und richtig sind und dafür werben.