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Irland: Europas Eldorado

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Story by

Default profile picture Mojca Finc

Translation by:

Barbara Canton

Im Juli dieses Jahres haben in Irland mehr als 19.000 Menschen ihre Arbeitsstelle verloren. Wenn sich dieser Abwärtstrend fortsetzt, wir bis Weihnachten eine Viertel Million stempeln gehen. Ein Rückblick darauf, wie Ausländer die Expansion des Arbeitsmarktes vor zwei Jahren erlebt haben.

Ein Mann, Ende 30 und schwarz gekleidet, hält mich an, als ich die Grafton Street, eine belebte Einkaufsstraße im Zentrum von Dublin, entlang laufe. “Welche Sprache sprichst du? Ich kann um mich herum eine Menge Sprachen hören – Polnisch, Spanisch, Italienisch. Irisch ist fast ausgestorben, Englisch wird auch immer seltener“, sagt er, als er mir ein Informationsblatt reicht. “Gottes Weg, nicht deiner.“

Katholizismus + Guinness = Toleranz

©Katarina SkerjanecIrland, ein extrem katholisch geprägtes Land, ist für sein rapides wirtschaftliches Wachstum bekannt, dem es die Zunahme an Arbeitsstellen und Vereinfachungen bei der Beantragungen einer Arbeitserlaubnis zu verdanken hat. 2006 erlebte das Land des Guinness und des Whiskeys eine außergewöhnliche Expansion seines Arbeitsmarktes. Die Ausbildungs- und Beschäftigungsbehörde FAS verzeichnete 144.000 freie Stellen, so viele wie noch nie seit der Gründung der Behörde im Jahr 1988. Bis zum Ende des Jahres 2006 kamen 85.000 weitere Stellen hinzu. Die Arbeitslosenquote sank auf 4,1 %, der niedrigste Wert seit fünf Jahren. Beinahe 11% der Stellen sind mit Ausländern besetzt.

Die Iren haben nichts gegen Ausländer einzuwenden, die in Beschäftigungssektoren arbeiten, die für die Einheimischen uninteressant geworden sind, wie z.B. im Baugewerbe, in Kneipen, Restaurants und im Einzelhandel. Ausländer unterliegen denselben Arbeitsbedingungen wie ihre irischen Kollegen. Der Mindestlohn beträgt 8,65€. Kein Angestellter darf mehr als 48 Wochenstunden arbeiten, hat das Recht auf zwei freie Tage pro Woche und 1,6 Tage bezahlten Urlaub im Monat. Einen Ausländer zu beschäftigen birgt auch Risiken. Viele entscheiden sich dazu, nach Hause zurückzukehren.

Basislager in der Jugendherberge

Die Jobsuche beginnt normalerweise in einer der vielen Jugendherbergen der irischen Metropole. Der Internationale Herbergsverband (Youth Hostel International) ist Treffpunkt für Leute aus Brasilien, Uruguay, Argentinien, Australien, den USA, Spanien, Portugal, Frankreich, Italien und vielen anderen Ländern, die es in diesen Winkel Europas gezogen hat. Jeder hat seine eigene Geschichte, aber alle haben dasselbe Ziel: Englisch zu lernen oder ihre Sprachkenntnisse zu verbessern, eine Arbeit zu finden, um die Unkosten zu decken und ein bisschen Extrageld für Freizeit und Reisen dazu zu verdienen.

©Katarina Skerjanec

Für unsichere Neuankömmlinge, die nicht wissen, was sie erwartet, bieten die Herbergen eine gute Gelegenheit. Man kann in der Küche mit anpacken oder Zimmer sauber machen und dafür kostenlos hier wohnen. “Dieser Teilzeitjob kann auch eine gute Referenz sein, wenn man sich um eine richtige Stelle bewirbt“, erklärt der 27-jährige Eduardo. Dem Brasilianer machte es Spaß, gemeinsam mit den anderen, die im Hostel jobben und gute Freunde geworden sind, das Frühstück zu servieren. Der Speisesaal befindet sich in einer ehemaligen Kirche, die mit Flaggen aus aller Herren Länder dekoriert ist. Das Buffet ist auf dem Altar aufgebaut. Die vom hilfsbereiten Frühstückspersonal ausgewählte Musik schallt durch den ganzen Raum. “Wir sind alle Teil einer großen Familie“, fügt Eduardo hinzu. Er hatte keine Probleme, die nötigen Arbeitspapiere zu bekommen. Sein Vater ist Italiener. Für EU-Bürger stehen Irlands Türen noch ein wenig weiter offen.

Warum sind fließende Englischkenntnisse eine Voraussetzung für einen Putzjob?

“Manchmal ist es wirklich schwierig, in Dublin einen Job zu bekommen, obwohl viele Stellen im Internet ausgeschrieben sind“, sagt Eduardo. Fast kein Arbeitgeber beantwortet E-Mails. Am Besten gibt man seinen Lebenslauf persönlich ab. Wer dabei einen guten Eindruck hinterlässt, wird meist zum Vorstellungsgespräch eingeladen. “Manchmal sind die ungeschriebenen Regeln nur schwer zu verstehen. Warum braucht man zwei Vorstellungsgespräche, um als Kellner zu arbeiten? Warum sind fließende Englischkenntnisse eine Voraussetzung für einen Putzjob? Nach ein paar Monaten Jobsuche wurde Eduardo in einem angesagten Pub im Zentrum angestellt. Aber schnell zog es ihn zu neuen Ufern. Er und sein Bruder Pedro suchten eine Herausforderung und fanden Arbeit in London. Sie sagen, dass sie es nicht eilig haben, in den nächsten Jahren nach Hause zurückzukehren.

Manche haben schon innerhalb einer Woche Glück. Andere geben verzweifelt auf, wie Jakub, ein 25-jähriger Architekturstudent aus Polen, der über Arbeitsagenturen einen Job suchte. “Ich war offen für alles. Sie versprachen sich zu melden, aber niemand rief an. Ein Typ, der vor mir dran war, hatte keinerlei Erfahrung und bekam einen Job“, beschreibt er. Nachdem er nach mehr als einem Monat fast sein ganzes Geld ausgegeben hatte, kehrte er nach Polen zurück. Es gibt jedoch viele polnische Immigranten, die in Irland als Sicherheitspersonal, Verkäufer, Kellner oder Reinigungspersonal arbeiten. Sie haben eigene Geschäfte, Bäckereien und Restaurants eröffnet, und es gibt sogar polnischsprachige Medien.

©Katarina SkerjanecEinige Familien wollen nicht zurückkehren. “Als ich Arbeit suchte, konnte ich kein Wort Englisch sprechen. Meine Chefin schrieb mir auf, was sie von mir erwartete, und ich habe in einem Wörterbuch nachgeschlagen“, erzählt Dorota, eine Krankenschwester, die in einem von Dublins noblen Geschäften putzt. Sie lebt seit einigen Jahren mit ihrem Mann und ihrem Sohn glücklich in der Stadt und sagt, dass sie nur noch zu Besuch nach Polen zurückkehren wird. 

Versiegt die Goldgrube?

Nachdem man eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen hat, wofür eine Elektrizitäts- oder Gasrechnung einer Privatwohnung oder das Bestätigungsschreiben einer Jugendherberge ausreicht, kann man als Ausländer eine Personennummer (Personal Public Service) beantragen. Damit ist es möglich, ein Bankkonto zu eröffnen, das normalerweise Internet- und Telefonbanking kostenlos beinhaltet. Über 300.000 Personennummern gingen an Einwanderer aus den Ländern, die 2004 der Europäischen Union beitraten. Innerhalb einer Woche hat man alle nötigen Papiere beisammen und die Arbeitssuche kann beginnen. Alles kostenlos. So einfach, so reizvoll. Fragt sich nur, wie lange noch. Experten sagen die höchste Arbeitslosenquote in Irland für zehn Jahre voraus. Es wird geschätzt, dass sie Ende 2008 die 5,5 Prozentmarke erreicht.

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Translated from Ireland: doors wide open for foreign labour