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Iran – Ausgang ungewiss

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Islam in Europa

''Überrascht vom Ausmaß der Proteste schwankt das iranische Regime bisher zwischen Nachgeben und Repression. Die Rede des Revolutionsführers deutet allerdings darauf hin, dass das Regime hart bleiben will. Sollte es sich für die Unterdrückung der Proteste entschließen, könnte das für die Stabilität des Systems unkalkulierbare Folgen haben.'' Samstag, den 20.

Juni 2009

Revolutionsführer Ayatollah Ali Khamenei (Flickr)In seiner Ansprache beim Freitagsgebet an der Teheraner Universität - einst Ausgangspunkt der Revolution, heute erneut im Fokus der politischen Auseinandersetzung - hat Revolutionsführer Ali Khamenei sich erneut klar hinter Präsident Mahmud Ahmadinejad gestellt. Zugleich hat er deutlich gemacht, dass weitere Proteste der Opposition nicht geduldet würden. Sollte diese sich nicht an das Demonstrationsverbot halten, müsste sie für die Folgen selbst die Verantwortung tragen. Trotz dieser offenen Warnung und damit in Verstoß gegen die Anordnung des obersten Machthabers, hat Mussavi erneut zu Massenkundgebungen aufgerufen.

Nachdem Ahmadinejad die Proteste zunächst spöttisch und verächtlich mit dem Geschrei von Fußballfans verglichen hatte, die ihre Niederlage nicht akzeptieren wollen, nimmt das Regime, beunruhigt von der Heftigkeit der Proteste, die auch eine Woche nach den manipulierten Wahlen unvermindert andauern, die Situation inzwischen ernst – sehr ernst. Dennoch scheinen die Hardliner um Revolutionsführer Khamenei und Staatspräsident Ahmadinejad, überrascht und überfordert von den Ereignissen, bisher zu zögern, welche Strategie sie wählen sollen.

Einerseits hat das Regime seit dem Wahlabend, als die Anhänger Mussavis und Karrubis erstmals auf die Straßen strömten, um gegen die Fälschung der Wahl zu protestieren, versucht, [durch den Einsatz regimetreuer Milizen|http://www.faz.net/s/Rub868F8FFABF0341D8AFA05047D112D93F/DocATplScontent.html|de], wie der Bassij und der Hezbollah, die Proteste gewaltsam zu unterbinden, dabei die Anhänger der Opposition auf offener Straße verprügelt, verhaftet und bis in die Häuser verfolgt, wiederholt auch Schusswaffen eingesetzt, was bereits mindestens 15 Menschen in Teheran und der Provinz das Leben gekostet hat.

Das Regime weiß um das Mobilisierungspotential von Märtyrern

Mir Hossein Mussavi auf einer Demonstration am Montag (Flickr)Andererseits zögert das Regime bisher offenbar, den Sicherheitskräften freie Hand bei der gewaltsamen Unterdrückung der Proteste zu geben, was sich daran zeigt, dass Polizei und Pasdaran offenbar keinen Schießbefehl haben und die tödlichen Schüsse weniger gezielten Anweisungen folgten, als dem Handeln Einzelner entsprangen. Das Regime fürchtet nicht zu Unrecht, dass jeder Tote die Stimmung weiter anheizt und der Opposition einen Anlass für erneute Proteste liefert – allzu gut steht ihnen das Beispiel der Revolution 1978 vor Augen.

Damals nutzte die Opposition das Gedenken an die Opfer der Repression, um erneute Proteste zu organisieren, was zu einem Protestzyklus im Takt der islamischen Trauerzeit führte. Die Opposition machte sich dabei die Verehrung zunutze, die im Schiismus traditionell dem Märtyrer für die gerechte Sache entgegen gebracht wird. Seit dem Martyrium Imam Hosseins bei Kerbala, das zu den Gründungsmythen der Schiiten gehört, besitzt der unschuldig verfolgte Kämpfer im Iran die spontane Sympathie der Menschen.

An Mussavi oder Karrubi traut sich das Regime bisher nicht heran

Opfer der Repressionen in Teheran (Flickr)Um Mussavi und Karrubi nicht zu Märtyrern zu machen, hat das Regime es daher bisher vermieden, sie festzusetzen. Stattdessen hat es zahlreiche oppositionelle Politiker und Publizisten aus der zweiten Reihe verhaftet, darunter der Vorsitzende der reformorientierten Beteiligungspartei und Bruder des früheren Präsidenten, Mohammad Reza Khatami, der frühere Herausgeber der ersten Reformzeitung Jame'eh, Hamid Reza Jalaiepour, und der frühere Vizepräsident Khatamis und prominente Blogger Mohammad Ali Abtahi.

Dass auch der führende Vordenker der Reformbewegung, Said Hajjarian, und der frühere Sprecher Khomeinis und heutige Vorsitzender der liberal-islamischen Freiheitsbewegung, Ibrahim Yazdi, verhaftet worden sind, zeigt, dass die Festnahmen bisher vor allem dazu dienen, die wirklichen Akteure der Proteste einzuschüchtern. Denn weder Hajjarian, der seit einem Attentat 2000 schwer behindert ist, noch Yazdi, der schwer krank im Krankenhaus liegt, haben bei der Organisation der aktuellen Demonstrationen eine wichtige Rolle gespielt.

Der Wächterrat will durch die Prüfung der Einwände Zeit gewinnen

Nicht nur in der Behandlung der führenden Oppositionsakteure zeigt sich die Unsicherheit des Regimes, das angesichts des Ausmaßes der Proteste zögert, hart durchzugreifen. Nachdem klar geworden ist, dass die Wähler – anders als offenbar erwartet – die massiven Manipulationen nicht hinnehmen würden, hat der zwölfköpfige Wächterrat, der für die Überprüfung der Ergebnisse zuständig ist, angekündigt, die 646 Beschwerden der Opposition zu untersuchen, und sich bereit erklärt, die drei unterlegenen Kandidaten am Samstag zu empfangen.

Da eine Revidierung des Ergebnisses oder gar eine Annullierung der Wahl vom streng konservativen Wächterrat aber nicht zu erwarten ist, dürfte diese Maßnahmen in erster Linie darauf zielen, Zeit zu gewinnen. Tatsächlich könnte eine Strategie, die statt auf offene Konfrontation auf die stille Zermürbung der Oppositionskräfte setzt, in der Hoffnung, dass die Proteste irgendwann nachlassen werden, dem Regime am ehesten erlauben, den Sturm zu überstehen. Nach der Rede Khameneis ist aber zu befürchten, dass das Regime doch auf die gewaltsame Unterdrückung der Proteste setzt.