Indisches Feuer in Berlin
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Nach 45 Jahren in Indien kehrt eine Kreuzbergerin zurück und bringt eine uralte Zeremonie des Feuers mit.
Mitten im Zelt steht einen Kreis aus aneinander angelehnten Steinen. Die Luft riecht stark nach Weihrauch, dessen Qualm den ganzen Raum erfüllt. Nördlich vom Feuer steht die alte Yogini.
Ihr Gesicht ist gespannt, ihre ganze Aufmerksamkeit richtet sie auf die Mantras, die sie laut und klar singt. Vor ihr steht der Kreis von Steinen, in dessen Mitte viel Holz liegt, bereit, angemacht zu werden.
Die Vorbereitung hat lange gedauert. Die alte Yogini hat auf der Wiese außerhalb des Zelts die Analogien, die hinter der Zeremonie stecken, genau erklärt. Sie muss nördlich des Feuers sitzen, da sie nach Süden schauen muss. Denn da liegt das Element Feuer gemäß der indischen Vorstellung von der Welt. Das Holz muss gereinigt sein und darf nur aus einigen bestimmten Bäumen stammen, da die subtilen Kräfte stärker seien. Indem sie das Verständnis der Beteiligten über jede Handlung der Zeremonie wacht, versucht sie komplette Aufmerksamkeit während des Ritus zu erreichen. Eine der Zuschauer, dessen Augen immer ganz geöffnet sind, sagt, dass er hier sitzt, um die Strahlung der Yogini abbekommen zu können: Die Aufmerksamkeit auf sie ist groß.
Narmanda Devi Puri, die alte Yogini, ist ganz in Orange gekleidet und trägt die Haare in langen Dreadlocks, die mithilfe eines orangefarbenen Bandes über ihren Kopf gebunden sind. Ihr unbeschwertes Gesicht ist faltig und mitten der Stirn steht der typische indische rote Zirkel, der einen wichtigen energetischen Punkt des Körpers kennzeichnen soll. Sie ist 79 Jahre alt und in Kreuzberg geboren. Als 24-jährige Schauspielerin trampte sie nach Indien und kam nie wieder zurück. 45 Jahre hat es gedauert, bis ein Yoga Lehrer aus Berlin sie während einer Reise getroffen und überredet hat, für drei Tage anlässlich des Yoga Festivals in ihre Heimatstadt wiederzukehren. Dazwischen hat sie das ganze Leben am Ufer des Ganges verbrachtet, indem sie Yoga mit ihrem Mann, einen berühmten Guru im Nordindien, praktiziert hat und ihr Leben an die Götter gegeben hat.
Diese Zeremonie des Feuers leitet sie jeden Abend in Indien zum Sonnenuntergang und heute auf der grünen Wiese von Alt-Kladow vor dem Wannsee anlass des 7. Yoga Festivals Berlin. In dem blauen Zelt vor den Steinen und dem Holz ist sie von ungefähr 60 Menschen umringt. Alle sitzen auf dem Boden. Ganz nah hinter ihr sitzt eine Gruppe von Frauen im Alten der Yogini. Einige Minuten vor der Zeremonie waren sie begeistert, da sie meinten, dass Frauen in Indien diesen Ritus nur selten praktizieren.
Es fängt mit einer großen Muschel an, in die die Yogini bläst, um einen leichten Pfiff hervorzubringen. Dann beginn eine Trommel langsam und rhythmisch zu schallen. Der Geruch von Weihrauch füllt jetzt die Nase. Das friedvolle und herzlich lächelnde Gesicht der Yogin ist verändert. Die gespannten Lippen und konzentrierten Augen stellen ihre totale Aufmerksamkeit dar. Um die Kreise von Steinen herum stehen viele Blumen. Blüten haben auch die Beteiligten in der ersten Reihe, um sie als Opfergabe im Feuer zu verbrennen. Die Aufmerksamkeit des Publikums erkennt man in den auf die Yogini fixierten Augen. Niemand unterbricht den Moment um die Szene zu fotografieren, nur zwei professionelle Fotografen von außerhalb des Zeltes versuchen, die Zeremonie aufzunehmen.
Jede Geste, die die Yogini macht, ist präzise und wachsam, genau so wie ihre Stimme, klar und hoch, wenn sie die Mantras rezitiert. Sie nimmt eine Flasche von Wasser aus dem Ganges, um das Holz zu reinigen. Dann mithilfe einer Zündung, die aus einem mit einer weißen Sahne bedeckten Holzstück besteht, macht sie das Feuer los. Der kleine Funke unter dem Holz wird mit geschmolzener Butter genährt. Als die Flammen schon hoch geworden sind, hört man trotzdem nicht das Knistern des Feuers, denn alle Beteiligten singen im Einklang Mantras aus alter Tradition.
Stefano lippiello