Immigration: Hindernislauf auf Polnisch
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Judith LaubSeit dem 1. Mai 2004 ist Polen offizielles Mitglied der Europäischen Union. Eine Reiseerlaubnis ist jedoch längst kein Garant für eine Arbeitserlaubnis in Europa.
Die so genannte Invasion des "polnischen Klempners" hat es gar nicht gegeben. Trotz einer allgemeinen Diskriminierungskampagne in Frankreich 2004, kurz nach der Integration der neuen Mitgliedstaaten, waren die Einwandererwellen weniger heftig als vorausgesagt. Osteuropäische Arbeitnehmer machen in Europa insgesamt weniger als 1 Prozent der Berufstätigen aus.
Jedoch werden die Klauseln, die die Mobilität der Arbeiter aus den 8 neuen Mitgliedstaaten einschränken, erst 2011 komplett aufgehoben.
Länder wie England und Spanien haben ihren Arbeitsmarkt bereits für Polen und Slowenen geöffnet. Diese Arbeitsimmigration aus dem Osten habe laut einem aktuellen EU-Bericht durchaus positive Effekte auf den gemeinschaftlichen Arbeitsmarkt: so werde beispielsweise der Arbeitskräftemangel reduziert und die wirtschaftliche Dynamik in Europa verbessert.
Trotzdem bleibt den 'neuen Europäern' der Arbeitsmarkt in den meisten 'alten Mitgliedstaaten' verschlossen. Polnische Saatsbürger können in Frankreich lediglich mit einer so genannten 'Ausländer-Arbeitserlaubnis' einen Beruf ausüben.
Europäischer Hindernislauf
Eine Arbeitserlaubnis im Hexagon zu erhalten, gleicht einem Hindernislauf. So muss sich ein zukünftiger Angestellter, nachdem er eine Zusage für eine Stelle erhalten hat, früh morgens in der Warteschlange vor der Préfecture einreihen. Dann heißt es hoffen. Dass man überhaupt dran kommt. Die ewig lange Liste der zu beschaffenden Papiere endlich in den Händen sollte man den Antrag so schnell wie möglich, komplett ausgefüllt und mit den vollständigen Unterlagen wieder 'persönlich' zur Préfecture bringen.
Bevor der Antrag jedoch abgegeben werden kann, muss der Antragssteller zu einer Art Arbeitsamt, der Direction départementale du travail. Die nationale Behörde für Migration, die ANAEM (Agence nationale de l'accueil des étrangers et des migrations), lädt den Antragsteller daraufhin zu einer medizinischen Untersuchung: die letzte Etappe des mühseligen Gangs durch die Behörden.
Die durchschnittliche Bearbeitungszeit beläuft sich in Paris und Umgebung auf vier bis sechs Monate, manchmal sogar länger. In anderen Regionen Frankreichs sieht es kaum besser aus. Die Arbeitserlaubnis ist dann für ein Jahr, wenn man Glück hat, zehn Jahre gültig. Wer nicht zu diesen Glücklichen zählt, muss sich im folgenden Jahr wieder ab 6 Uhr morgens in die Warteschlange vor der Préfecture einreihen. Beim zweiten Mal ist die Prozedur jedoch etwas einfacher.
Nichtsnutze
Renata A., heute leitende Angestellte, kennt die langwierige Prozedur. Für die perfekt zweisprachige Absolventin einer renommierten französischen Wirtschaftshochschule endete der Hindernislauf beinahe in ihrem Heimatland: in Polen. "Ich hatte während meines Praktikums Geld gespart, um danach mindestens drei Monate davon leben zu können. Ich hatte eine Zusage eines Unternehmens. Doch bei den Behörden herrschte Chaos. Manchmal musste ich bis zu vier Stunden in der Warteschlange stehen und das ab 6 Uhr morgens im Winter!", erinnert sich Renata. "Den Personalabteilungen französischer Unternehmen sind in diesen Situationen die Hände gebunden oder sie kennen sich nicht gut genug mit der Thematik aus."
Renata A. lebt seit 2003 in Frankreich und arbeitet seit drei Jahren. Langsam hat sie es satt. "Man bekommt wirklich den Eindruck ein Nichtsnutz zu sein. Nach drei Jahren habe ich noch immer keine Arbeitserlaubnis über zehn Jahre erhalten und das, obwohl ich mit einem Franzosen verheiratet bin."
Pawel. P hatte mehr Glück, da das Unternehmen die Sache komplett in die Hand genommen hat. Die Bearbeitungszeiten blieben jedoch die gleichen: vier Monate im Ganzen. "Das Warten auf die medizinische Untersuchung hat am längsten gedauert Es ist auch nicht ganz klar, warum sich darum nicht die Arbeitsmedizin kümmert. Wir kommen schließlich nicht aus einem Risikoland!"
Die ewige Scheinheiligkeit der Politiker?
Kasia, Angestellte eines amerikanischen Unternehmens in Straburg, hingegen musste sechs Monate auf ihre Arbeitserlaubnis warten. "Zum Glück arbeitet mein Freund, ansonsten weiß ich nicht, wie ich mich durchgeschlagen hätte! Dafür habe ich nun aber eine Arbeitserlaubnis für zehn Jahre erhalten. Mein Unternehmen spielte eine ausschlaggebende Rolle, da die Personalabteilung sehr gut mit diesen Problemen vertraut ist."
3 Tage nach seinem Amtsantritt begab sich der französische Präsident Nicolas Sarkozy nach Warschau. Dieser Besuch wurde seinerzeit sehr stark mediatisiert, schlielich sollte er der Beginn einer beispielhaften Zusammenarbeit und gegenseitiger Anerkennung sein. Wie ist es also möglich, dass man einerseits den Wunsch einer engen Zusammenarbeit ausspricht und sich andererseits so gleichgültig gegenüber den polnischen Staatsangehörigen in Frankreich verhält? Ein Mitarbeiter der Tschechischen Botschaft in Paris, der anonym bleiben wollte, hatte zu dieser Zeit zugegeben, dass sich polnische Einwanderer durch die Doppelzüngigkeit der französischen Regierung erniedrigt fühlen.
Translated from Immigration : en France, le parcours du polo-combattant