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ILB: Moskau - Bukarest - Budapest: Schriftsteller erzählen ihre Heimatstädte

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Berlin

"Stadt­welt - Welt­stadt" - so lau­te­te das Motto einer Reihe des ILB (in­ter­na­tio­na­les li­te­ra­tur­fes­ti­val Ber­lin) 2010, in deren Rah­men die rus­si­sche Jour­na­lis­tin (End­sta­ti­on Russ­land), der ru­mä­ni­sche Schrift­stel­ler Klei­ne Fin­ger und der un­ga­ri­sche Schrift­stel­ler Györ­gy Dalos (Der Vor­hang) geht auf.

Das Ende der Dik­ta­tu­ren in Ost­eu­ro­pa; Leip­zi­ger Buch­preis zur Eu­ro­päi­schen Ver­stän­di­gung 2010) li­te­ra­risch durch Mos­kau, Bu­ka­rest und Bu­da­pest führ­ten.

Mo­dera­tor der Ver­an­stal­tun­gen war Omar Akbar, der ur­sprüng­lich aus Kabul stammt. Der seit 1960 in Deutsch­land le­ben­de Ur­ba­nist mach­te sich her­vor­ra­gend als Frem­den­füh­rer. Ak­bars bot eine lei­den­schaft­li­che und kom­pe­ten­te Reise durch die Ge­schich­te, Kul­tur, Po­li­tik und To­po­gra­phie der aus­ge­wähl­ten Städ­te.

Na­tal­ja Kljutschar­jo­wa Filip Flo­ri­an

Be­gon­nen hatte die Reise zu­nächst im klei­nen und ge­müt­li­chen Kon­fe­renz­raum 2 im Haus der Kul­tu­ren der Welt. Dort be­rich­te­ten die 3 Rei­se­ge­fähr­ten, Kljutschar­jo­wa, Flo­ri­an und Dalos, über die Ent­wick­lung ihrer Städ­te wäh­rend des letz­ten Jahr­hun­derts, die sich in ins­ge­samt in drei Haupt­pe­ri­oden staf­feln lasse: eine vor dem Krieg, eine unter dem Kom­mu­nis­mus und die letz­te nach dem Mau­er­fall. Jede die­ser Epo­chen hat ihre ei­ge­ne At­mo­sphä­re, Li­te­ra­tur und Ar­chi­tek­tur hervorgebracht.​

Besonders in Bu­ka­rest und Bu­da­pest sei die Stim­mung vom Ende der 18. Jahr­hun­derts bis zum Zwei­ten Welt­krieg kos­mo­po­li­tisch und durch eine star­ke Mul­ti­kul­tu­ra­li­tät aus­ge­zeich­net ge­we­sen, so die Au­to­ren. In die­ser Zeit sei Bu­ka­rest dank in­ni­ger Be­zie­hun­gen mit Frank­reich zum „Paris des Os­tens“ auf­ge­stie­gen, wäh­rend Bu­da­pest sich am Mo­dell der Stadt Wien ori­en­tier­te. Im Ver­gleich - so Györ­gy Dalos ein wenig trot­zig - spie­le die Donau, die seine Hei­mat­stadt in die zwei Teile Buda und Pest trennt, je­doch in Bu­da­pest eine weit­aus grö­ße­re Rolle als in Wien.

​Nach dem Krieg än­dern sich die Per­zep­tio­nen der ost­eu­ro­päi­schen Städ­te, nicht nur auf­grund der zahl­rei­chen, noch klaf­fen­den Wun­den, son­dern auch wegen des schrump­fen­den Kos­mo­po­li­tis­mus. Die kom­mu­nis­ti­sche Zeit bringt eine neue Kon­zep­ti­on der Ar­chi­tek­tur und des Städ­te­baus mit sich, die auch hier in Ber­lin eine große Rolle spielt.

In die­ser Zeit er­fah­ren die ost­eu­ro­päi­schen Städ­te ei­ner­seits eine be­trächt­li­che Er­wei­te­rung, an­der­seits auch wei­te­re Zer­stö­run­gen - wie der ru­mä­ni­sche Schrift­tel­ler Filip Flo­ri­an er­läu­tert - die mit dem Sturz des Re­gimes nicht etwa en­de­ten, son­dern wegen to­ben­der Spe­ku­la­tio­nen bis zum heu­ti­gen Tage an­dau­ern.

Ak­tu­ell ver­sucht man in Bu­ka­rest und Bu­da­pest die Stim­mung und den Charme von ‚da­mals‘ wie­der in den Vor­der­grund zu rü­cken. Al­ler­dings, so Flo­ri­an und Dalos, ziehe diese ur­ba­nis­ti­sche Auf­be­rei­tung nur Tou­ris­ten zu den neu auf­po­lier­ten Se­hens­wür­dig­kei­ten. Das gelte so­wohl für das jü­di­sche Vier­tel in Bu­da­pest als auch für das Bu­ka­res­ter Stadt­zen­trum, die nichts mehr mit der Stim­mung ‚von ges­tern‘ zu tun haben.    

von Ste­fa­no Lip­piel­lo