Hospitality Club - Gastfreundschaft per Mausklick
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Bianca KöndgenDas Netzwerk HospitalityClub vernetzt Gratisunterkünfte in aller Welt und ermöglichst so interkulturellen Austausch.
Stell Dir vor, du kannst um die ganze Welt reisen und musst nirgends für die Unterkunft zahlen. Stell Dir vor, du bekommt von deinem ehrenamtlichen Reiseführer einen ganz persönlichen Kulturschock verpasst. Inmitten der Wirtschaftskrise könnt ihr den all-inklusive-Tourismus-Paketen die kalte Schulter zeigen und per Hospitality Club kostenlos auf Achse gehen.
Stell Dir vor, du bekommt von deinem ehrenamtlichen Reiseführer einen ganz persönlichen Kulturschock verpasst.
Seit dem Jahr 2000 sind fast 300.000 Personen auf diese günstige Art abseits der Touristenströme gereist. Und dies dank der Gastfreundschaft der Mitglieder eines sozialen Netzwerkes, das sich über 5 Kontinente erstreckt. Marco Ugolini, ein in Amsterdam wohnhafter Italiener, ist seit 2006 Mitglied in diesem außergewöhnlichen weltweiten „Hotel“. Etwa 30 Personen habe er bisher beherbergt. Marco versichert rückblickend, bisher keine negativen Erfahrungen gemacht zu haben. Außerdem habe er so die Möglichkeit erhalten, in Estland, Litauen, Brasilien, Portugal, Polen und anderen Ländern umsonst zu “leben” und wiederholt: “Ja, genau, LEBEN. Eine Stadt und ihre Bewohner auf diese Art und Weise kennen zu lernen ermöglicht eine tatsächliche Annäherung, die kein pflichterfüllender Fremdenführer leisten kann."
Anna und Kristine, zwei 21-jährige Deutsche aus Berlin kommen gerade aus Río de Janeiro zurück, wo sie bei Andre, einer Philosophiestudenten aus Sao Paulo, zu Gast waren. Beide sind “wie verzaubert” durch ihre Erfahrung, weil sie sich vorher nicht vorstellen konnten, dass es “neben dem Riesen-Christus [Christusstatue auf dem Corcovado; A.d.R.] noch etwas anderes geben könne“. Ganz im Gegenteil, hebt Kristine hervor. „In den Vorstädten haben wir das wirkliche Leben in Rio kennen gelernt, die Gebräuche, das leckere Essen und die Freundlichkeit der Brasilianer.
Anmeldung und Funktionsweise
Um sich anzumelden, muss der Name und Vorname des neuen Mitglieds einem wirklich gemeldeten Wohnsitz zugeordnet werden können. Selbst wenn man als neuer Nutzer Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit einer solchen Unterkunftsvermittlung haben könnte, finden sich kaum negative Kommentare in den Webforen des Klubs. Sowieso empfehlen die Organisatoren, dass sowohl Gastgeber als auch Gäste zur eigenen Beruhigung Kopien von Personaldokumenten austauschen sollten. Mitglied dieses Netwerkes zu sein, heißt aber nicht, alle Unterkunftsgesuche auch annehmen zu müssen. Die Zusage eines Schlafplatzes ist abhängig von der Verfügbarkeit, der Laune des Gastgebers und seinem persönlichen Eindruck vom potentiellen Gast.
Eine der meist gelesensten Rubriken potentieller Neumitglieder sind die Erfahrungsberichte. Besucher und Einheimische veröffentlichen hier ihre Eindrücke und Bewertungen der Unterkünfte. “Eine schlechte Kritik wirkt sich im Zögern der anderen User aus, die auf der Suche nach einer Schlafcouch sind”, erklärt Simon Morrow, ein 26-jähriger New Yorker, der uns aufklärt, dass er in puncto Gastfreundschaft “niemals” Probleme gehabt hätte. Simon ist gerade nach Mailand gezogen, wo er sein Dirigentenstudium beenden will. Er ist dankbar, Mitglied des Klubs zu sein, der nicht nur ein Dach über dem Kopf vermittelt sondern auch Kontakte in alle Welt herstellt. “Dank meiner Freunde im HospitalityClub habe ich in dieser Großstadt in weniger als einer Woche eine Wohnung gefunden, was mitten im lombardischen Winter ein Wunder ist“, gesteht er. Nur einen Nachteil gäbe es, unterstreicht Marco Ugolini: Die meisten der Mitglieder befänden sich in Industrieländern. “Ich habe in Asien gesucht, aber bisher noch keine passenden Gastgeber gefunden.”
Friedensprojekt
Das Netzwerk entstand im Jahr 2000 in Deutschland aus einem Forschungsprojekt des heute 22-jährigen Studenten Veit Kühne. Er untersuchte in einer schulischen Praxisarbeit die Verbreitung von Austauschorganisationen mit pazifistischen Zielen, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden waren. Heute macht das Internet möglich, was früher durch Schlagbäume verhindert wurde: den Personenverkehr ohne Schranken. Der Gründer hebt hervor, dass es das große Ziel des HospitalityClub sei “den Frieden durch interkulturellen Austausch zu fördern.” Veit Kühne ist im Selbsttest per Anhalter um die ganze Welt gereist und will damit auch bislang nicht aufhören, solange bis der Hospitaly Club eine Million Mitglieder habe. Die größte Angst des Deutschen ist die Veränderung und Kommerzialisierung des Netzwerkes. Zum jetzigen Zeitpunkt, so auch Marco Ugolini, sei der HospitalityClub noch eine Gegenbewegung zur Massentourismusindustrie.
Translated from El club de la hospitalidad: conocer mundo sin pagar hospedaje