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Holocaust oder low-cost?

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Eurogeneration

Neulich habe ich eine Unterhaltung mitverfolgt, die auf ziemlich komische Weise gezeigt hat, wie unterschiedlich doch der Blick der einzelnen Generationen auf die deutsche bzw. die europäische Geschichte ist. Zwei deutsche Babelianerinnen sitzen in einem Café im Marais, einem der gemütlichsten Stadviertel in Paris, und unterhalten sich. Auf deutsch, natürlich.

Bis eine ältere Frau an ihren Tisch kommt, sie ist die Mitinhaberin des Cafés, und fragt:

- Entschuldigung. Darf ich fragen, was das für eine Sprache ist, die sie sprechen?

- Das ist deutsch.

- Oh, ich hätte nie gedacht, dass das so schön klingen könnte... Darf ich Sie noch etwas fragen?

- Aber bitte.

- Wie kommen die jungen Deutschen denn mit dem Holocaust zurecht?

Hier mischt sich ein anderer Babelianer ein, ein Spanier, der am selben Tisch sitzt, die Unterhaltung aber nicht mitverfolgt hat.

- Low-cost? Das ist super! Damit kommt man für 50 Euro nach Budapest!

Dann erst haben die Mädchen auf die Frage der Dame geantwortet. Ein schönes Beispiel für die immer deutlicher werdenden Generationenunterschiede auf dem Alten Kontinent, findet Ihr nicht?

Keine Frage, der Holocaust ist und bleibt eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte. Und das nicht allein in der deutschen, sondern in der Geschichte Europas. Trotzdem ist es Unsinn, die Deutschen, ihre Sprache und Kultur ausschließlich mit diesen Gräueln in Verbindung zu bringen. In Deutschland hat man sich, bis in die heutige Generation, mit der Aufarbeitung dieser Geschichte und den Formen des Gedenkens auseinandergesetzt. Das ist hier weit umfassender geschehen als in anderen Ländern, in Frankreich beispielsweise. Natürlich hat jedes Land seine eigene Geschichte. Und langsam wird es Zeit, auch hier ein neues Kapitel aufzuschlagen, Madame!