Hoffnung auf Frieden
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eva herrmannDie Pälestinenser demonstrieren ihre Demokratiefähigkeit und erfüllen damit die Grundbedingungen der "Road Map". Es ist an Israel, den nächsten Schritt zu tun, sagt Galia Golan von der Friedensorganisation Peace Now.
Die Wahlen in Palästina, hauptsächlich die im Januar stattfindenden Präsidentschaftswahlen, aber auch die seit Dezember laufenden Kommunalwahlen und die Parlamentswahlen im Mai, stellen eine große Herausforderung dar. Sie bedeuten eine Herausforderung für Israel, besonders für Premierminister Ariel Sharon, weil sie seiner Behauptung zuwiderlaufen, dass es keinen politischen Partner auf palästinensischer Seite gäbe. Mit Arafats Tod ist Sharons Vorwand um Verhandlungen zu vermeiden – der angebliche Widerwillen des Palästinenserführers gegen eine friedliche Lösung - zunichte gemacht worden. Die ordnungsgemäße Machtübertragung an Machmud Abbas, eine Führungsfigur, die beständig mehr für Verhandlungen als für den Einsatz von Gewalt eingetreten ist, bedeutet einen Wechsel, der für Sharon schwer zu ignorieren sein wird. Hinzu kommt, dass die Entscheidung der Fatah, Machmud Abbas als Präsidentschaftskandidaten zu wählen, dem Weg in Richtung Verhandlungen bereits einiges an Legitimität verliehen hat. Auch der Rückzug der Kandidatur von Marwan Barghouti ist ein weiteres Zeichen für die Rückkehr zu rechtmäßigen Verhältnissen. Barghouti ist zwar ein Fürsprecher des Friedens mit Israel, aber dennoch der Fatah-Mann, den man am meisten mit der Rückkehr zum bewaffneten Kampf der Intifada in Verbindung bringt. Wenn die kommenden Wahlen, sowohl auf lokaler als auch auf parlamentarischer Ebene, den Weg von Machmud Abbas weiter legitimieren, werden Sharon und Israel sich einer neuen und verpflichtenden Realität gegenübersehen.
Schritte in Richtung Demokratie
Die palästinensischen Wahlen bedeuten auch eine Herausforderung für die Vereinigten Staaten und insbesondere für Präsident Bush. Der amerikanische Präsident hat "Demokratisierung" an die Spitze seiner im Nahen Osten zu verfolgenden politischen Ziele gesetzt. Und die Palästinenser scheinen in der tatsächlichen Umsetzung einer solchen Anstrengung weiter zu gehen als jede andere arabische Gesellschaft. Mit einer hoch entwickelten Zivilgesellschaft und dem Bestreben, demokratische Institutionen aufzubauen, hat die palästinensische Öffentlichkeit den demokratischen Prozess an der Basis vorangetrieben. Obwohl die laufenden Wahlen nicht völlig frei sind von Korruption oder politischen Spannungen, sind sie bis jetzt durch demokratische Abläufe und ordnungsgemäße Handhabung gekennzeichnet. Wenn diese Situation während des gesamten Wahlprozesses aufrechterhalten wird, werden die Palästinenser auf dem besten Wege sein, vielen der amerikanischen Forderungen zu entsprechen. Genauso werden die anderen Mitglieder des Nahost-Quartetts (die EU, die Vereinten Nationen und die Russische Föderation) gefordert sein, denn auf palästinensischer Seite bedeutet die Einhaltung der ersten Stufe des "Road Map"-Friedensplanes tatsächlich Demokratisierung.
Um den demokratischen Prozess zu unterstützen, hat Israel für die wenigen Tage der Wahl dem Rückzug seiner Streitkräfte aus palästinensischen Städten und Gemeinden (die nach Beginn der zweiten Intifada wiederbesetzt wurden) und der Aufhebung von Straßensperren innerhalb der Autonomiegebiete zugestimmt. Hier bietet sich eine Gelegenheit für Israel, der ersten Stufe der "Road Map" zu entsprechen, indem man diesen Schritt ausbauen und dauerhaft gelten lassen würde. Auf diese Weise könnten die Wahlen tatsächlich eine Basis für den Beginn des "Road Map"-Planes schaffen, insbesondere wenn die Legitimität, mit der sie die neue Führung untermauern, diese befähigt, weitere Erfordernisse der ersten Stufe zu erfüllen: Nämlich die palästinensischen Sicherheitskräfte neu zu organisieren und zusammenzuschließen, eine Waffenruhe zu verhängen und die Beendigung der Gewalt zu garantieren.
Begründeter Optimismus
Zweifellos ist dies eine optimistische Sicht der Situation und der Zukunftsaussichten. Aber dieser Optimismus wird möglicherweise durch zwei Entwicklungen gestützt. Zum einen wäre der bereits offen wahrnehmbare Wandel innerhalb der palästinensischen Bevölkerung zu nennen. Jüngste Umfrageergebnisse zeigen einen Anstieg - bis hin zu einer absoluten Mehrheit - in der Unterstützung einer Beendigung der Gewalt und in der Befürwortung der Zwei-Staaten-Lösung. Gemäß einer der Erhebungen ist die palästinensische Öffentlichkeit zwar nicht davon überzeugt, dass die neue Führung in der Lage sein wird, die notwendigen Veränderungen umzusetzen, trotzdem aber glaubt die Mehrheit daran, dass momentan größere Aussichten auf Frieden bestehen. Ein ähnlich vorsichtiger Optimismus konnte auch unter den befragten Israelis festgestellt werden. Beide Gesellschaften scheinen bereit dafür zu sein, die Gewalt hinter sich zu lassen. Auf beiden Seiten ist man der Auffassung, dass genug Blut vergossen wurde - und dass das Blutvergießen uns dem Frieden nicht näher gebracht hat. In Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall. In Anbetracht der extrem schwierigen Umstände und der enormen Verluste an Menschenleben innerhalb der vergangenen vier Jahre der Feindseligkeit, ist die Skepsis in Bezug auf den Friedenswillen der jeweils anderen Seite immer noch sehr hoch. Der zweite Grund zur Zuversicht ist die Hoffung, dass sich Israel, die USA und die weiteren Mitglieder des Nahost-Quartetts nach der Wahl einer neuen, rechtmäßigen und Frieden suchenden palästinensischen Führung der Herausforderung der Wiederaufnahme der Verhandlungen stellen. Die Hoffnung, dass wir die Skepsis überwinden und wir so den Weg in Richtung einer friedlichen Lösung einschlagen.
Translated from Hope for peace