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„Hitler und die Deutschen“ - eine gefährliche Beziehung

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Berlin

Die mo­men­tan wich­tigs­te Aus­stel­lung in Ber­lin ver­sucht der Be­zie­hung zwi­schen Hit­ler und den Deut­schen auf den Grund zu gehen.

von Ste­fa­no Lip­piel­lo

Im ers­ten Raum der Aus­stel­lung „Hit­ler und die Deut­schen“ sieht man einen jun­gen Of­fi­zier auf alten schwarz-weiß Fotos. Um ihn herum steht eine rie­si­ge un­ru­hi­ge Menge, die er mit der Zeit er­obern wird, indem er ihre Ängs­te und Hoff­nun­gen aus­beu­tet.

Rund 110.000 Menschen haben bisher das „Deutsche Historische Museum in Berlin besucht, um sich eine tragische Liebegeschichte aus der 30er Jahren erzählen zu lassen. Experten und Forscher haben lange zusammengearbeitet, um diese Liebesgeschichte zu rekonstruieren. Ihr Ziel bestand darin, das Aufblühen und die Wirkung dieser Beziehung zwischen einem Diktator und seinem Volk darzustellen.

Auf erste Spu­ren des Um­wer­bens stößt man schon im zwei­ten Raum, wo Kin­der „Hit­ler­chen“ zu sei­nem Ge­burts­tag gra­tu­lie­ren. Da­ne­ben lie­gen an­de­re Brie­fe von Er­wach­se­nen, in denen er „Ret­ter des Deut­schen Vol­kes“ ge­nannt wird. Hier ist sein Ge­sicht nicht mehr das eines Frem­den in der Menge, son­dern es er­hebt sich über sie, auf einer Schall­plat­te der SA. Ein Ha­ken­kreuz mit einer Rose in sei­ner Mitte er­in­nert an Hip­pie­tum in den ers­ten Jah­ren des Na­zis­mus.

Si­cher war es nicht für alle eine sol­che Liebe auf den ers­ten Blick. „Der Sinn des Hit­ler-Gru­ßes: Klei­ner Man bit­tet um große Gaben“ heißt ein Pla­kat der Epo­che, das schon eine ganz klare Idee über die mög­li­chen Grün­de die­ser Be­zie­hung hatte.

Leider war niemand in der Lage, ihn zu stoppen. Einer von ihnen war Willy Brandt, der in einem Interview mit Oriana Fallaci wichtige Worte sagte, die wie eine Mahnung an alle Völker klingen: „Im Leben eines Volks kommt der entscheidende Moment, in dem die Menschen die Macht in die Hände von Kriminellen fallen lassen.“

Die kri­mi­nel­le Seele die­ser bren­nen­den Lei­den­schaft scheint auf dem Glas vor den Uni­for­men des Re­gimes, wo man den Re­flex von hohen Flam­men, die aus der ge­gen­über­lie­gen­den Lein­wand kom­men, sehen kann. Etwas wei­ter hängt das Ge­mäl­de eines gro­ßen Idols, das von un­zähl­ba­ren Men­schen ge­schleppt wird. Es bie­tet dem Be­su­cher einen kla­ren Ein­druck von der Art der Be­zie­hung, die der junge Of­fi­zier aus dem ers­ten Raum im Sinne hatte. Uni­for­mie­rung, Stan­dar­di­sie­rung und die to­ta­le Kon­trol­le über die Kom­mu­ni­ka­ti­on, die Wirt­schaft und die Ge­sell­schaft waren seine Ziele, um die Ängs­te des Volks zu über­wa­chen und seine Hoff­nun­gen zu er­fül­len.

Da­hin­ter stehe eine der größ­ten Mar­ke­ting­ak­tio­nen der Ge­schich­te, sagt Ru­dolf Tra­bold, Pres­se­re­fe­rent des Mu­se­ums:  die schnel­le Ver­brei­tung von zwei Sym­bo­len - das Ha­ken­kreuz und Hit­ler selbst.

„Oh Gott!“, sagt eine ältere Besucherin vor den Spielzeugsoldaten, unter denen der Diktator selbst steht. Auf dem kurzen Weg bis zum nächsten Raum werden diese Spielzeuge zu echten Soldaten. In dem Album von W. Wilken mit dem Foto des Barbarossa-Feldzugs in Richtung Sowjetunion sind mehrere Szenen des echten Krieges zu sehen: Zerstörte Häuser, verstümmelten Leichen, Menschen auf der Flucht.

Die Ängste und Erwartungen, durch die der Diktator das Herz der Deutschen unterjocht hat, verwandeln sich schnell in Gewalt. Die Illusion, auf der die Ehe geschlossen wurde, ist im Alltag des Kriegsterrors zerbrochen, was im vorletzten Raum dargestellt ist. Hier stehen viele faszinierte ausländische Touristen und ein paar Klassen der dritten Generation nach der Katastrophe.