Hat Donald Trump wirklich von Silvio Berlusconi gelernt?
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[Kommentar] 2017 wird ein wichtigen Meilenstein für unsere Kontinentsgeschichte. Ähnlichkeiten und Unterschiede der zwei in der Politik überraschend erfolgreichen Tycoons, die nicht so ähnlich sind, wie man denkt und was wir Europäer von den lernen können.
Als Donald Trump sich im Juli 2016 als Präsidentschaftskandidat der Republikaner duchsetzte, dachte ich: „Das kommt mir bekannt vor, das hab ich irgendwann schon erlebt." Ich war nicht der einzige, dem es so ging: Auch der Italiener Luigi Zingales, der als Professor an der der Universität in Chicago lehrt, sah Trump schon vor vier Jahren als Präsidentschaftskandidaten voraus. Beppe Severgnini, ein ehemaliger Korrespondent des Economist, sagte vor Monaten voraus, dass Trump US-Präsident werden würde - genauso wie es der Regisseur Michael Moore befürchtet hatte. Und das in einer Zeit, als die Zeitungen titelten: „Trump ist ein lächerlicher Witz", oder: „Er hat keine Chance".
Was haben der alte und der neue Freund Putins gemeinsam?
Beide -Berlusconi und Trump- haben als Makler angefangen, als in Italien der Sozialist Bettino Craxi regierte und der Republikaner Ronald Reagan die USA führte. Sie haben beide viel ins TV- und Showbusiness investiert, sind dank weitreichender Medienberichterstattung oft im öffentlichen Leben präsent gewesen und haben die Wünsche der Bürger genau analysiert und verstanden. Auf der ständigen Suche nach Erfolgsgeschichten, aber auch nach Korruptionsvorwürfen, Schulden und anderen Skandalen hat unsere moderne Welt und die Medien diese Menschen relativ einfach vermarktet.
Beide haben auch eine besondere Beziehung zu Wladimir Putin: Berlusconi und Putin sind schon seit 2005 alte Freunde. Gemeinsame Fotos zeigen beide beim Spaziergang im Wald oder entlang der sardinischen Küste. 2015 trafen sich beide bei Massandra nahe Jalta, auf die von Russland annektierten Krim, und bewiesen so ihre Idee der Weltpolitik als eine Art von „Freundschaftsdienst". 2015 bezeichnete Wladimir Putin den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Trump in seiner Jahrespressekonferenz als „schillernden und äußerst talentierten Menschen" - so wie er es auch schon bei Berlusconi getan hatte. Und Donald Trump äußerte während einer Wahlkampfveranstaltung: „Ich habe immer das Gefühl gehabt, dass Russland und die Vereinigten Staaten im Kampf gegen Terrorismus und für den Weltfrieden gut zusammenarbeiten können, von den wirtschaftlichen Vorteilen einmal abgesehen, die aus gegenseitigem Respekt resultieren. Putin ist ein großer Staatsmann und es wäre eine Ehre von ihm gelobt zu werden.“
Ein gemeinsames Erfolgsrezept
Dennoch unterscheidet sie vieles: Während Trump sein Vermögen erbte, hat Berlusconi sich seinen Besitz hart erarbeitet und neben dem Studium nicht nur als Sänger, sondern auch als Staubsaugervertreter gearbeitet. Der Italiener gründete seine eigene Partei und hat inzwischen viel politische Erfahrung, während Trump mit seiner Präsidentschaft völliges Neuland betritt. Auch die USA und Italien sind kaum vergleichbar: Die politischen Systeme unterscheiden sich, genau wie die Geschichte der beiden Länder.
Aber wie hat es Trump dann soweit gebracht? Es ist der Instinkt eines Tycoons: Sein Leben lang hat er sein Business immer wieder neu erfunden, blieb stur und präsentierte öffentlich 'alternative Fakten' (log), um seine Ziele durchzusetzen. Für beide Staatsmänner gilt: Ihre Waffe ist ihre Kommunikationsstrategie, das Verständnis eigenen Wählern gegenüber. Trotz der verschiedenen Kontexte, der Unterschiede zwischen den Ländern und in der Bevölkerung funktioniert die Kommunikationsstrategie für beide.
Der "Donald-Typ" gewinnt
Staaten zu führen, als ob sie ein Unternehmen wären, zerstört, polarisiert und korrumpiert eine ganze Gesellschaft. Aber es bringt den Staaten auch mehr Macht, neue Märkte, neue Kontakte und Investitionen. So läuft es im Marketing. So sind auch Wahlkampagnen inzwischen nichts mehr als bloße Marketingstrategie, wie sie es 1994 zum ersten Mal für Berlusconi war. Berlusconi und Trump sagten, was Wähler hören wollten, ohne sich um Ideologien zu kümmern. Kapitalismus, Kommunismus oder Liberalismus sind als Konzepte schließlich so abgenutzt und verwässert, dass sie für das Fußvolk keinen Wert mehr haben.
Der "Donald-Typ" wird immer öfter gewählt, je mehr ihn Politiker, Journalisten und Medien beleidigen und verspotten, desto stärker wird er als Kandidat. Seit Jahren von der Wirtschaftskrise überfordert, ohne Hoffnung und Perspektive wird die Masse ihn unterstützen. Egal, was später passieren wird, egal, was er sagen wird. Er hatte den Willen der Bevölkerung in dieser Zeit verstanden: Viele Amerikaner wollten voller Angst und Hass das Establishment niederschlagen, koste es, was es wolle. Die Unruhe dieser prekären Zeiten hat Trump schon seit Jahren sehr genau beobachtet. Schon 1998 hatte er eine eventuelle Kandidatur zur Präsidentschaft angekündigt, die Ankündigung aber erst im vergangenen Jahr tatsächlich wahr gemacht.
Dass sich die Bevölkerung in düsteren Zeiten schnelle Lösungen wünscht und weniger über Ethik oder Fakten und Objektivität hören will, überrascht nicht. Die Journalistin Naomi Klein hat in der englischen Zeitung The Guardian über den US-Wahlkampf geschrieben: „Die Menschen haben ihre Sicherheit, ihren Status und sogar ihre Identität verloren. Dieses Ergebnis ist der Schrei eines verzweifelten Amerikas nach radikaler Veränderung.“ So ging es auch den Italienern 1994 nach den Korruptionsskandalen der ersten Republik in Italien. Somit ist die Strategie ihre einzige und richtige Analogie. Und wenn diese Menschen an die Macht kommen, dann ist es zu spät.