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Handeln, aber fair

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Was haben Handys mit dem Krieg im Kongo zu tun? Und warum denken wir bei Kaffee eher an Starbucks als an Kolumbien? Die deutsche Initiative Sukuma setzt sich auf europäischem Niveau für die Durchsetzung der Entwicklungsziele der Vereinten Nationen ein.

Was einige Leute „nicht die Bohne interessiert“, ist Sukuma wichtig. Die 2007 gegründete deutsche Initiative setzt sich für Fairen Handel ein und schreibt einen europäischen Filmpreis für Werbespots - den so genannten Sukuma Millennuium Award - aus, der sich den Themen weltweite Armut und globale Entwicklungsziele widmen soll.

©Tau Mendez Hernández„Wir möchten kreativ aufklären. Uns ist wichtig, die Menschen in ihrem Alltag zu erreichen“, erklärt der Gründer Sascha Kornek in Berlin. Wir sitzen zusammen im Büro der interkontinentalen NGO Oxfam im Prenzlauer Berg, bei einer Tasse fair gehandeltem Kaffee. Sascha erinnert sich: „Schon bei unserer ersten Ausschreibung hat sich die Sache überschlagen. Es kamen Filme aus verschiedenen europäischen Ländern an, wir bekamen Kontakte zu Luxemburg und Deutschland und kamen so richtig in Schwung.“ Sascha nimmt noch einen Schluck, lächelt und lehnt sich zurück.

Um Kaffee geht es auch im letzten Sukuma-Gewinnerspot, der Konsumenten die Geschichte hinter diesem alltäglichen Getränk erzählt: „Vom Preis einer Packung Kaffee im Supermarkt gehen mehr als 94% zu den Kaffeeröstereien und Verarbeitern im Norden. Weniger als 6% gehen an die Bauern im Süden.“ ‚Wir kaufen mehr als wir denken‘ ist das Motto von Sukuma. Sascha findet, dass die Produktionsbedingungen von Waren transparenter gemacht werden müssten: „In der Werbung bekommt man ja immer nur eine Seite des Produktes präsentiert, die andere Seite wird komplett ausgeblendet. Die Verbraucher bräuchten aber mehr Informationen, um sich besser entscheiden zu können. Wo kann man zum Beispiel nachschauen, wie welches Produkt produziert wurde?“

Jetzt schaltet sich Franziska Humbert ein, die „Kaffeespezialistin“ bei Oxfam Berlin. Oxfam Berlin unterstützt Sukuma. „Naja, man kann schon sagen, dass sich das Verbraucherbewusstsein verändert hat. Die Leute informieren sich mehr. Das sieht man ja auch daran, dass große Konzerne reagieren: Bei Lidl und Tchibo gibt es Fair-Trade, bei Jacobs den Frosch. Also es passiert was, würde ich sagen.“

©Tau

Damit könnte sie Recht haben. Beim anschließenden Einkaufsbummel durch Berliner Läden, in denen Fair-Trade-Produkte angeboten werden, sehe ich das mit eigenen Augen. Es gibt Fairtrade-Orangensaft, ©taz.deFairtrade-Kakao, sogar Fußbälle und Kleidung. Der ältere Herr im Oxfam-Laden an der Schönhauser Allee hat gerade einen fair gehandelten Schal gekauft: „Ich kaufe hier, weil man hier immer wieder mal ein Angebot kriegt. Das sind nette und günstige Sachen und die Hauptsache ist: Ich kann damit helfen.“ Auch eine Käuferin im Bioladen an der Voigtstrasse in Friedrichshain ist überzeugte Fair-Trade-Käuferin; sie hält eine Packung tazpresso in der Hand. Die von der linken Berliner tageszeitung in Zusammenarbeit mit dem Fair Handelshaus gepa kreierte afrikanische Kaffeemischung soll nicht nur das Zeitunglesen versüßen, sondern auch einen gerechteren Welthandel fördern. „Ist zwar ein bisschen teurer, aber ich setze inzwischen Prioritäten, kaufe weniger, aber fair.“

©sukuma.netDass Fair-Trade und ethisch korrekte Produkte nicht nur unter Bio-Freaks und Weltverbesserern beliebter werden, bestätigt mir gepa Deutschland: In Deutschland liegt der Anteil von Fair-Trade-Waren zwar nur bei 1%, wächst aber ständig. So hat sich das Verkaufsvolumen von Fair-Trade-Produkten zum Beispiel zwischen 2005 und 2007, von innerhalb nur zwei Jahren, verdoppelt (DAWS/Gepa-Studie 2007). In England, der Schweiz und Holland geht es dafür richtig zur Sache: Dort gibt es zweistellige Zuwachsraten, was unter anderem mit einem gut organisierten Discountersystem zu tun hat, das faire Produkte in breiter Palette unters Volk bringt.

Während in anderen europäischen Ländern also schon strukturell mehr passiert, etwa durch mehr ©berlinerbohne.deVerkaufsstellen, wird der faire Handel in Deutschland immer noch hauptsächlich durch private Initiativen getragen. So gibt es zum Beispiel seit 2006 einen eigenen Kaffee für die Hauptstadt, die „Berliner Bohne“, der zumindest schon von der Senatsverwaltung propagiert wird. Wie Sukuma ist diese Initiative heldenhafter Vorkämpfer für fairen Handel in den neuen Bundesländern. Denn dort wird nämlich insgesamt weniger Fair-Trade konsumiert als zum Beispiel im reicheren Süden Deutschlands. Sukuma wurde unter anderem wohl auch deshalb von der EU gefördert und hat Zuschüsse bekommen: „Das waren damals so um die 3000 bis 4000 Euro Fördergelder,“ erinnert sich Sascha, „für uns Studenten eine zusätzliche Motivationsspritze“.

Und was tut die EU für den fairen Handel? Im Rahmen des Cotonou-Abkommens, das die Handelsbeziehungen der EU mit den Entwicklungsländern regelt, wurden zum ersten Mal Impulse von NGO-Initiativen in die Gesetzgebung der Entwicklungspolitik integriert. Eine positive Tendenz, finden Franziska und Sascha, denn es geht dabei um Mindestpreise und die schrittweise Senkung der hohen Einfuhrzölle. „In Belgien und Frankreich gibt es zurzeit Bemühungen, den Begriff des Fairen Handels in klarere gesetzliche Vorgaben zu gießen. Das ist ein Anfang“, meint Franziska. Wie auch immer der faire Handel also demnächst in der europäischen Gesetzgebung verankert wird - im globalen Markt wie beim täglichen Einkauf sollte gelten: Handeln! Aber fair.