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Guillemots: Neue Klänge von der Insel

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Default profile picture Julia Eichhorst

BrunchKultur

„Guillemots“ heißt der neue Britpop-Export aus London. Während des Inrocks-Festivals in Frankreich wollen die vier Musiker das europäische Festland erobern.

Guillemots? Ist das nicht das englische Wort für Alks, diese Vögel mit kurzen Flügeln, die auf Klippen leben? „Ich würde nicht sagen, dass Guillemots besonders kurze Flügel haben“, antwortet Bandgründer und Mastermind Antony Hutchins, alias Fyfe Dangerfield. „Dieser merkwürdige Name kommt von einem meiner frühen Songtexte.“

Nach der Veröffentlichung ihres neuesten Albums „From the Cliffs“ schwimmen die Musiker aus London auf einer Welle des Erfolgs. Inzwischen ist die 2004 gegründete Band an der französischen Küste gelandet, in der Hoffnung, auch den Kontinent zu erobern. Am 10. November sind sie in Lille auf dem Inrocks-Festival zu sehen, danach geben sie im Rahmen des selben Festivals Konzerte in Paris (11.), Nantes (12.) und Bordeaux (14.)

Schreibmaschine und Streichholzschachtel

Obwohl sie ihren Britpop-Wurzeln treu bleiben, besteht die Band aus völlig unterschiedlichen Musikern. Man fragt sich, wie die vier zusammengefunden haben: der englische Sänger Fyfe Dangerfield, der Gitarrist McLord Magrao aus dem brasilianischen Sao Paulo, der schottischen Drummer Rican Coal und die kanadische Bassistin Aristazabel.

„Ich habe mich für die Arbeit mit Magrao entschieden, weil er wusste, wie man auf einer Schreibmaschine und einer Streichholzschachtel spielt“, erklärt Fyfe. Rican hingegen beeindruckte ihn sofort mit seinem großen Appetit: „Der Hauptgrund, warum Rican der Drummer der Guillemots wurde, war, dass er drei Portionen auf einmal gegessen hat.“

Man könnte denken, dies sei wieder dieser übliche Promotion-Müll, den aufstrebende Bands Musikjournalisten und Fans auftischen. Aber die Mitglieder dieser ironischen und kosmopolitischen Band können beeindruckende musikalische Lebensläufe vorweisen.

Dangerfield beschäftigte sich bereits als Kind in Birmingham mit Musik und kennt sich sowohl mit experimenteller und klassischer Musik aus. Rican Caol saß schon für die irische Folkband The Fureys am Schlagzeug, bevor er zu den Guillemots kam. Die musikalische Karriere von McLord Magrao hingegen begann zunächst mit altmodischen brasilianischen Sambamelodien und endete bei Gigs mit einer Deathmetal-Band in Sao Paulo. Sein Musikverständnis wurde von dem brasilianischen Liedermacher Tom Zé, Ex-Faith no More-Sänger Mike Patton und John Frusciante, dem Gitarrist der Red Hot Chilli Peppers beeinflusst.

Bassistin Aristazabal Hawkes studierte Jazz an der New School in New York. Sie trat den Guillemots bei, obwohl Fyfe Dangerfield Angst hatte, sie könnte ihn „mit ihrer Jazz-Vergangenheit fertig machen“. Dennoch mag sie es nicht, auf einen Stil festgelegt zu werden. Kürzlich verbrachte sie einen ganzen Sommer damit, auf einem Kreuzfahrtschiff in einer Band zu spielen, deren Chef auf den Namen Johnny Favourite hört.

Musik für die Massen

Die Musik der Guillemots ist ein Schmelztiegel verschiedener musikalischer Genres. Doch eigentlich kann keines der Mitglieder den Sound der Band wirklich beschreiben. Ihre Musik ist zu unabhängig und fremd, um als Pop durchzugehen. Und dennoch bleibt sie ihren Hörern zugänglich. Ihre jazzartigen Experimente führen sie nicht zu weit weg von handwerklich einwandfreiem Indie-Pop. Und letztendlich sind sie weder Rocker noch Songwriter, zumindest im strengen Sinne. Ihre Songs sind für die Massen gedacht – nach eigener Aussage am liebsten für betrunkene Massen.

Die Guillemots verbindet eher eine Haltung als ein spezifisches Genre oder ein bestimmter Musikgeschmack. Sie sind eine originelle Band, die dem Hörer dennoch viele Anknüpfungspunkte bietet. Man muss sich nur „I Saw Such Things In My Sleep“ (Fantastic Plastic, 2005) anhören und „From the Cliffs“ (Naive, 2006), vor allem aber ihr LP-Debüt „Through the Windowpane“ (Naive-Polydor, 2006). Ihre dritte Single „Made Up Love Song #43“ ist wohl die gelungenste. Es ist ein perfektes Liebeslied, der auf anspruchsvolle Weise die Wave-Songs der Achtziger verarbeitet und einen an die Dexy’s Midnight Runners denken lässt.

An regnerischen Tagen, sagt Dangerfield gerne, sei in London „Poesie auch in einer leeren Coladose zu finden”. Und tatsächlich: Wenn man genau hinhört, klingt die Band oft britischer als zunächst gedacht.

Guillemots geben im Rahmen des Inrock-Festivals vier Konzerte in Frankreich: 10. November in Lille, 11. November in Paris, 12. November in Nantes und 14. Nov. in Bordeaux

Translated from Pop band Guillemots flock south