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Gordon Brown: so vorsintflutlich wie die englischen Steckdosen!

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Eurogeneration

Der 5. März war ein besonderer Tag: Ich habe ihn in London verbracht – London zur Zeit Gordon Browns des Ersten. Kurz zuvor hatte dieser in einer hitzigen Debatte im Parlament das von Blair angekündigte Referendum über die Europäische Verfassung abgelehnt, weil sie nun als Lissabon-Vertrag firmiert.

Bekanntlich unterscheidet dieser sich nicht wesentlich vom alten Verfassungsvorschlag, aber die New Labour – und mit ihr die autistisch veranlagten politischen Eliten des Alten Kontinents – bestätigt hier nur die Linie der Euroskeptiker.

Aber der 5. März war trotzdem ein schöner sonniger Tag. Ich mache also einen Spaziergang vom Bahnhof St. Pancras zur Old Street. Hier links ein Graffiti am Trafalgar Square, mit Big Ben im Hintergrund.

Besonders auffällig: Die Engländer scheinen das Licht nicht gewöhnt zu sein, die italienischen Turistinnen haben bereits die unvermeidliche Sonnenbrille ausgepackt.

Ich treffe einen alten Studienfreund und echten Babelianer der Eurogeneration, Alberto, der eine Community für Unternehmen im sozialen Interesse leitet. Chapeau! Als ich ihm cafebabel.com vorführen will, scheitert das – wie so oft – an den englischen Steckdosen. Immer diese vorsintflutlichen Kommunikationsbarrieren!

Später bin ich mit Annette aus der Londoner Lokalredaktion von cafebabel.com verabredet, die auch Mitveranstalterin der Diskussionsrunde an der London School of Economics ist, an der ich teilnehmen werde: „Neue Medien und Demokratie in Europa“. Bei einem Abstecher in den Supermarkt stelle ich fest, dass die Preise in London weit niediger sind als zu Zeiten vor der Einführung des Euro in Italien, als ich nach dem Abitur zwei Monate in England war. Aber wahrscheinlich sind die Preise bei uns einfach gestiegen.

Ich erinnere mich an einen wunderbaren Abend aus dieser Zeit, an dem ich mit meinem Kumpel Luca, einem schottischen Yuppie und einer Reihe Passanten Musik genau vor diesem Geschäft in Covent Garden Musik gemacht habe. Heute heißt es kurioserweise „French connection“.

In Covent Garden, in Neal‘s Yard, gibt es ein Lokal, in dem die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Dort treffe ich Zsofia, eine Ungarin, die am College of Europe studiert hat und nun als Pressereferentin des European Council on Foreign Relations arbeitet, ein neues Studienzentrum, das von George Soros gesponsort wird und als „erster paneuropäischen Think-Tank“ bezeichnet wird.

In einer Seitenstraße von Neal‘s Yard finde ich diesen schönen Satz, der meiner Reise ein bisschen Magie verleiht: „Lebe das Leben, wie du es dir erträumt hast“.

Nicht entgehen lassen solltet Ihr Euch diesen sympathischen Gelegenheitsphilosophen.

Nach der Diskussion, in der mich vor allem Andreas, der Autor des Euroblog Kosmopolit, sehr beeindruckt, verlagern wir uns in den Pub und danach zu Annette nach Hause, wo ich einen Schnappschuss von ihrem Nachttisch mache: vier Bücher in vier verschiedenen Sprachen. Tja, so gehört sich das für die Babelianer.

Am nächsten Morgen treffe ich in der Nähe des neuen Bahnhofs von St. Pancras, von wo mein Eurostar nach Paris startet, noch auf diese skurrile Person. Ein letzter Gruß aus swinging London.