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Gespannte Stimmung beim G20

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Meinungsverschiedenheiten über Konjunkturprogramme und die Regulierung der Finanzmärkte sorgen für Spannungen auf dem G20-Gipfel in London. Noch ist fraglich, ob sich die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer auf ein gemeinsames Vorgehen einigen können.

©eurotopics„Die Krise entlässt Regierungen und holt immer mehr Unzufriedene auf die Straße“ - Gândul, Rumänien

Zu dem unerwartet angespannten Klima auf dem G20-Gipfel in London schreibt die rumänische Tageszeitung Gândul: "Zwei Faktoren mit einer hoch explosiven Ladung haben das Verhandlungsgebiet vermint: die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Teilnehmern, die besonders die Reform des internationalen Finanzsystems betreffen, und die Anhäufung schlechter Nachrichten aus der Weltwirtschaft über ernste politische und gesellschaftliche Auswirkungen im Vorfeld des Treffens. Die Krise entlässt Regierungen und holt immer mehr Unzufriedene auf die Straße. [...] Die zwei erschwerenden Umstände sind mit einander verknüpft. Man kann die Krise nicht beenden, solange man nicht ihre Ursachen bekämpft, also den großen Unterschied zwischen der Finanz- und der Realwirtschaft."

(Artikel vom 02.04.2009)

„Was kann ein solch uneinheitlicher Haufen gegen die erste weltweite Rezession der Nachkriegszeit ausrichten?“ - Les Echos, Frankreich

Laut der Wirtschaftszeitung Les Echos verfolgen die Staats- und Regierungschefs beim G20-Gipfel ganz unterschiedliche Ziele: "Alle sind sich darüber einig, dass der G20-Gipfel nicht scheitern darf. [...] Jedoch ist offensichtlich, dass ein G20-Gipfel zuerst aus zwanzig Egos besteht. Barack Obama möchte den etwas ängstlichen Europäern den Geist der Wiederbelebung predigen. Nicolas Sarkozy will die Ordnung im kapitalistischen Haus unverzüglich wiederherstellen. Hu Jintao will, dass China endlich als großer Steuermann weltweiter Angelegenheiten anerkannt wird. Die Liste könnte mit Gordon Brown weitergehen, der versuchen wird, seinen Platz am Steuer Englands zu behalten, indem er sich als Retter der Weltwirtschaft darstellt. Oder Angela Merkel, die vielleicht vor allem darum besorgt ist, [...] ihren Mitbürgern den Alptraum der Hyperinflation zu ersparen. Was kann ein solch uneinheitlicher Haufen gegen die erste weltweite Rezession der Nachkriegszeit ausrichten?"

(Artikel vom 02.04.2009)

©Room1834/flickr

„Internationaler Aktionsplan, der sich an den USA und Großbritannien orientiert“ - The Independent, Großbritannien

Die liberale Tageszeitung The Independent meint, dass Frankreich und Deutschland die angelsächsische Dominanz beim G20-Gipfel in London herausfordern: "Der sehr späte und sehr öffentliche Einspruch von den Führern der zwei größten Volkswirtschaften zeigt das ganze Projekt für globales Wirtschaftsmanagement in einem anderen Licht. Die Kombination aus einem neuen und unerprobten Präsidenten im Weißen Haus, einem aufsteigenden China, einem freundlicheren Russland und einer lauteren deutsch-französische Allianz markiert einen Signalwechsel. Gestern schienen die Vereinigten Staaten und Großbritannien plötzlich ein wenig kleiner, China ein wenig größer und Kontinentaleuropa eine Macht, mit der man rechnen muss. Heute Abend mag sich der Beginn einer Umverteilung der Macht als illusorisch erweisen, wenn ein internationaler Aktionsplan vereinbart wird, der sich an den USA und Großbritannien orientiert. Sollte es jedoch anders kommen, dann könnten wir einer ganz anderen Zukunft entgegen sehen."

(Artikel vom 02.04.2009)

„Gefahr: Abschlusserklärung, die sich durch ein sorgfältig formuliertes Nichtssagen auszeichnet“ - De Morgen, Belgien

Bei dem G20-Gipfel zeichne sich eine neue Front zwischen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy einerseits und Barack Obama anderseits ab, meint die Tageszeitung De Morgen: "Die amerikanische Vision, dass der unregulierte freie Markt am Ende mehr Vorteile als Nachteile bietet, lebt doch. Die USA wollen also höchstens den Superboni und anderen Formen der Gier einige moralische Einschränkungen auferlegen. Das ist nicht im Sinne von Sarkozy, der auf eine weltweite Regelung drängt. [...] Es besteht tatsächlich die Gefahr, dass die Meinungsunterschiede zu einer Abschlusserklärung führen, die sich durch ein sorgfältig formuliertes Nichtssagen auszeichnet und in der nur wenige oder gar keine konkreten Handlungspunkte stehen. Das wäre sehr schade. Denn noch vor ein paar Monaten, als das wirkliche Ausmaß der Katastrophe deutlich wurde, hofften viele Spitzenpolitiker, [...] dass dieser Gipfel zu einem neuen Bretton Woods führen könnte, mit strengeren Regeln für die Finanzwelt."

(Artikel vom 02.04.2009)

„Sarkozys Drohung ist kindisch, fast unverantwortlich“ - Cinco Días, Spanien

Die spanische Wirtschaftszeitung Cinco Días kommentiert die Drohung des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, den G20-Gipfel zu verlassen, wenn er mit dessen Verlauf bezüglich der Kontrolle von Steuerparadiesen nicht zufrieden sei: "Die theatralische Betonung der Steuerparadiese ist doppelt ironisch. Erstens, weil sie praktisch nichts mit der aktuellen Krise zu tun hat. Und zweitens, weil Frankreich wohlwollender Beschützer von zwei der sichersten Finanzhäfen Europas ist: Andorra und Monaco. [...] Da derzeit nur ein Drittel der Wähler mit ihm zufrieden sind, könnte Sarkozy versucht sein, eine geschwollene Geste zu zeigen. Eine solche Haltung würde belegen, dass er noch viel darüber lernen muss, wie man sich auf der internationalen Bühne benehmen sollte. Aber schon die Drohung ist kindisch, fast unverantwortlich. Es ist Zeit, dass der französische Präsident erwachsener wird."

(Artikel vom 02.04.2009)

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