Generation What: Selbstporträt der europäischen Jugend
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Juliane Büchner„Eure Generation hat die beste Bildung, die die Welt je gesehen hat. Es ist notwendig, dass ihr euch kraftvoll und dynamisch zeigt.“ Die Köpfe hinter dem Projekt Generation What? helfen der europäischen Jugend, ihr eigenes Porträt zu zeichnen. Die enorme vergleichende Studie soll jungen Menschen nicht nur ermöglichen, sich selbst kennenzulernen, sondern auch, eine aktive Gemeinschaft zu bilden.
Fast 10 Millionen Antworten von über 250 000 Menschen aus 12 Teilnehmerländern in Europa und eine internationale Version für den Rest der Welt: Generation What? hat in der letzten Woche quasi das Internet übernommen. Das Ziel: das „Bedürfnis nach Gemeinschaft“ vieler europäischer Bürger auf dem gesamten Kontinent anzusprechen. Interview mit Christophe Nick, dem Gründer der Produktionsfirma, die das Projekt mit angestoßen hat.
cafébabel: Woher kommt die Idee zu diesem Projekt und wie hat sie so viel Antrieb bekommen?
Christophe Nick: Ich habe vor 15 Jahren mit Dokumentationen angefangen, immer mit Blick auf die am tiefsten gespaltenen Bereiche der französischen Gesellschaft. In den frühen 2000ern habe ich eine Serie über Gewalt im Alltag gemacht. Danach sind wir tiefer ins Bildungssystem eingestiegen, dann haben wir uns auf die Arbeitswelt konzentriert. Als 2010 die Wirtschaftskrise ihren Höhepunkt erreichte, wurde klar, dass die größte Spaltung in der Gesellschaft der jungen Generation ihre Stimme nahm. Deshalb wollten wir unsere vierte Serie auf dieser neuen Generation aufbauen. Aber wir beschränkten uns nicht auf die herkömmlichen Dokumentationstechniken, wir wollten junge Menschen selbst zu Wort kommen lassen. Wenn das Fernsehen ein Porträt einer Generation zeigen kann, können wir mit dem Internet wirklich sicherstellen, dass junge Menschen sich direkt mit diesem Selbstporträt konfrontiert sehen.
Nach Monaten der Arbeit starteten wir das Projekt in Frankreich. Es war ein enormer Erfolg, also wollten wir es unbedingt nach Europa tragen und herausfinden, ob die Krise in Frankreich spezifisch für uns war oder ob andere Länder sie auch wahrnehmen – und wenn ja, wie.
Und damit hört es nicht auf. Wir wollen den Fragebogen auf die arabische Welt ausweiten, Japan hat uns schon kontaktiert und die USA sind wegen der kommenden Präsidentschaftswahlen interessiert. Es könnte ein weltweites Projekt werden.
cafébabel: Habt ihr mit diesem Erfolg gerechnet?
Christophe Nick : Nicht in diesem Ausmaß, nein. Es ist total unglaublich, weil es jetzt noch schneller geht als in Frankreich, und da war es schon bemerkenswert. Irgendwie setzt es sich auf sozialen Netzwerken durch, sogar in weniger gut vernetzten Ländern, wie den meisten in Osteuropa und im Balkan. Das war sofort so. Eine Menge von unserem Datenverkehr kommt sogar aus den USA. Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) ermuntert jeden, teilzunehmen. Zu einigen Fragen über Europa können sie nichts sagen, aber sonst war die Rückmeldung überwältigend.
cafébabel: Was hat euch am meisten motiviert, als ihr die Plattform aufgebaut habt?
Christophe Nick : Es war sehr schwierig, die teilnehmenden Länder und die Verbreitungsmedien dazu zu bringen, miteinander zu arbeiten und sich dem Projekt zu verpflichten. Im Allgemeinen versetzen junge Leute sie in Panik. Sie machen sich Sorgen, dass die Jugend sich nicht mehr für sie interessiert. Wir sagen ihnen „Es ist Zeit, dass ihr junge Leute auf dem Schirm habt!“ Das ist ihnen zwar klar, aber sie haben auch Angst davor. Im weitesten Sinne ist das bezeichnend für die europäische Krise. Wenn man sich das Fernsehen anschaut, ist es offensichtlich. Man hört: „Wir würden gern, aber wir wissen nicht wie, wir können mit den jungen Menschen nicht mehr reden und wissen nicht, wie wir ihnen Platz einräumen können.“ Unsere Mission war es, die Medien zu überzeugen, der Jugend Raum zu geben und die Klappe zu halten, sie anzuhören, sie reden zu lassen und ihnen zu sagen: „Macht den Mund auf und nehmt die Dinge selbst in die Hand!“ Und für die Medien war es eine Ohrfeige.
cafébabel: Denkt ihr, dass es einen echten politischen Einfluss haben wird, wenn ihr der Jugend die Möglichkeit gebt, „den Mund aufzumachen“?
Christophe Nick: Möglich ist das schon. Erstens werden in 15 Tagen mehr als eine Million junge Europäer ihre Meinung gesagt haben, wenn alles mit der jetzigen Geschwindigkeit weitergeht. Und so eine Stimme hat Gewicht. Zweitens bekommt man Lust, den Fragebogen mit Freunden zusammen auszufüllen. Und zusammen kann man anfangen zu diskutieren und sich bewusst werden, dass wir keine Masse von Individuen sind, sondern eine echte Gemeinschaft, die ignoriert wird. Das ist das Wichtigste, wenn man einen Einfluss auf das soziale Leben haben will. Drittens stellen wir wirklich viele Fragen, bei denen wir bereit sind, das Internet für qualitative Analysen zu verwenden, bei denen man auch nach eigenen Vorschlägen gefragt wird. Man sollte das Projekt auf Vorschläge für Aktionen, Reformen oder Gesetze ausweiten. So wird es von ganz allein konkreter, verwandelt sich in eine Reihe von Forderungen.
Dahinter liegt der Gedanke, dass wir jungen Menschen bewusst machen möchten: Die Grenze, die sie daran hindert, sich mit vollem Recht in die Gesellschaft zu integrieren, wird in diesem Moment überschritten - und jetzt liegt as an ihnen! Generation What? ist ein Werkzeug, das der Jugend Gehör verschaffen will. Ganz Europa leidet darunter, dass junge Menschen nicht an Entscheidungsprozessen beteiligt werden, es ist eine Verantwortung für alle Generationen. Es ist wirklich Zeit, dass ihr euch bewegt und euren Platz einnehmt!
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Ich bin ein Brüsseler: Dieser Artikel wurde von unserem Lokalteam cafébabel Brüssel veröffentlicht.
Translated from Génération What? : le premier portrait de la jeunesse européenne (1/2)