Gelmini-Bildungsreform: Protestwelle in Italien
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Petra MalfertheinerDer italienische Senat hat am 29. Oktober für die umstrittene Bildungsreform gestimmt, die in ganz Italien massive Protestwellen ausgelöst hat. Von durchgemachten Nächten und Bildung unter freiem Himmel.
Die italienische Bildungswelt demonstriert gegen die grundlegenden Veränderungen, die das so genannte Gelmini-Dekret - seit dem 29. Oktober ein Gesetz - mit sich bringt. Doch wogegen richtet sich der Protest?
Änderungen in der Grundschule: Die Wiedereinführung des „einzigen Lehrers” und die Zusammenführung der humanistischen und wissenschaftlichen Fächer sowie die Abschaffung des Nachmittagsunterrichts haben mit rund 80.000 weniger Arbeitsplätzen einen drastischen Stellenabbau des Lehrpersonals zur Folge. Hinzu kommt eine Reduzierung der Assistenz- und Vertretungslehrer, die nur einen befristeten Arbeitsvertrag haben.
Kritik auch gegen die Neuerungen in den Oberschulen: Studenten und Professoren kritisieren auch die clevere Taktik, durch die man die Aufmerksamkeit vom eigentlichen Inhalt der Gelmini-Reform weglenke. Die drastischen Kürzungen der Gelder hätten nämlich zur Folge, dass die staatliche Schule immer mehr zu einer privaten Bildungsinstitution werde. Die Oberschüler argumentieren, dass Maßnahmen wie die „Wiedereinführung der Betragensnote” als vollwertige Note nur dazu dienen, die Aufmerksamkeit von den vorgesehenen Kürzungen wegzulenken.
Und die Uni? Das umfassende Gesetzespaket, das Ende des Sommers in aller Eile verabschiedet wurde, ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Paket voller Überraschungen. Doch diese blieben nicht lange vom scharfen Blick der Universitätsangehörigen unbeachtet. Die wichtigsten Neuerungen sind die radikale Kürzung (über eine Milliarde Euro) der Gelder für staatliche Hochschulen in den kommenden drei Jahren sowie eine Reduzierung der Neuanstellungen von Dozenten auf 20 Prozent. In anderen Worten: Nur für jeden fünften Professor, der in Pension geht, wird ein neuer eingestellt. Außerdem sieht das Gesetz für die staatlichen Hochschulen die Möglichkeit vor, durch eine Änderung des Rechtsstatus‘ zu privaten Einrichtungen zu werden. Die Gesetzesgegner befürchten eine Art Privatisierung der öffentlichen Universitäten, die den logischen Rhythmen des Markts folgen müssen.
Tagsüber demonstrieren, nachts in der Schule
Das Hauptziel dieser Initiativen ist die Wahrnehmung in der Gesellschaft. So bildete sich eine neue Form der friedlichen Besetzung. Als Protestmaßnahme gegen den Stellenabbau haben zehntausende Grundschullehrer friedlich die Aulen in den Schulen von früh bis spät am Abend besetzt und dabei den Schülern und Eltern die Konsequenzen der Bildungsreform geschildert. Die Oberschulen und Universitäten in Rom, Mailand und Turin konnten das Interesse der Presse gewinnen, indem die Studenten Nächte in den Schulgebäuden verbrachten und den Unterricht unter freiem Himmel abhielten - all dies unter Aufsicht der Professoren, Eltern und des Schulpersonals. Leider blieben dabei auch Zwischenfälle nicht aus: In Rom und Mailand wurden bei Ausschreitungen zwischen Studenten und Polizisten einige Beteiligte verletzt. Silvio Berlusconi sagte, es tue ihm „leid, dass so viele Jugendliche von der Linken enttäuscht und auf den Arm genommen werden“.
Wenn Europas Bildungswelt protestiert
Translated from La scuola italiana protesta