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Gauck sagt Besuch ab: Droht der Ukraine vor der Fußball-EM die Isolation?

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n- ost

Politik

Bei jungen ukrainischen Intellektuellen und Journalisten wächst die Sorge um das eigene Land. Spätestens seit der Absage von Bundespräsident Gauck sehen sie ihr Land nur wenige Wochen vor der Fußball-Europameisterschaft in der Isolation.

„Gemeinsam Geschichte schreiben“, lautet der Slogan der Fußball-EM in Polen und der Ukraine. Sechs Wochen vor Anpfiff machen sich viele Ukrainer Sorgen um das Ansehen ihres Landes. Bundespräsident Joachim Gauck hat einen für Mitte Mai geplanten Besuch in Jalta auf der Krim abgesagt. Grund sei die tiefe Besorgnis um das Schicksal von Oppositionsführerin Julia Timoschenko (siehe Video), teilte das Bundespräsidialamt mit. In der ukrainischen Presse gibt es bislang keine Reaktion auf Gaucks Absage. Doch Journalisten, Intellektuelle und Studenten fürchten seit Langem um das Image ihres Landes.

„Es ist nicht das erste Mal, dass Staatsbesuche abgesagt werden“, ergänzt Konstantin Usov, Journalist beim ukrainischen Fernsehsender TVi. „Janukowitsch ist schon lange isoliert.“ Staatschefs würden den Kontakt zum ukrainischen Präsidenten schon jetzt auf ein Minimum beschränken. „Bei seinen Auslandsbesuchen werden bloß Hände geschüttelt und Fotos gemacht“, sagt Usov. Janukowitsch sei nur an Geld und an persönlichen Vorteilen interessiert, die er aufgrund seines Amtes genießt, fügt er hinzu.

„Der deutsche Bundespräsident hat Recht“, findet Irina Krawtschuk. Die 24-Jährige spricht fließend Deutsch, ein halbes Jahr lang hat sie in Freiburg studiert. „Unsere Regierung beschädigt das Bild der Ukraine im Ausland“, fügt sie hinzu. Deutschland hat in der Ukraine ein sehr hohes Ansehen. Die diplomatischen Beziehungen sind eng, zwischen beiden Ländern gibt es zahlreiche Austauschprogramme und Kulturprojekte. Studentin Krawtschuk fürchtet, dass die Regierung Janukowitsch die guten Beziehungen aufs Spiel setzt. „Man sollte Timoschenko freilassen”, sagt sie.

Für Janukowitsch ist die Absage Joachim Gaucks ein ernstes Problem. Er muss nun fürchten, dass sich die internationale Kritik weiter zuspitzt. Dann würden viele Ukrainer ihren Präsidenten für den Imageschaden, den das Land erleidet, verantwortlich machen. Deshalb versucht Janukowitsch das Problem herunterzuspielen. Auf zunehmenden internationalen Druck reagiert er mit dem Verweis, er wolle zunächst „abwarten, bis die Staatsanwaltschaft den Fall untersucht hat“.Doch vermutlich nutzt er die Maifeiertage, um die Sache auszusitzen. In der ersten Maiwoche machen die meisten Ukrainer Urlaub, Zeitungen erscheinen nicht, auch die Räder der Politik stehen still.

Nach der Europameisterschaft stehen Wahl an

Ausländische Diplomaten glauben auch deshalb nicht, dass es vor der Europameisterschaft zu Massenprotesten kommt. „Es herrscht große Verdrossenheit im Land“, sagt ein deutscher Diplomat, der seinen Namen nicht öffentlich nennen will. Die Opposition sei zerstritten, gute ausgebildete junge Leute würden eher eine Zukunft im Ausland suchen.

Die Situation könne sich jedoch nach der Europameisterschaft ändern. Im Oktober stehen in der Ukraine Parlamentswahlen an. Vor den Wahlen könne es zu Protesten kommen, die zum Sturz der Regierung führen, ergänzt der Diplomat. „Wenn Janukowitsch das Land in die Isolation treibt, werden ihm das die Menschen sehr übel nehmen.“

Der Autor dieses Artikels, André Eichhofer, ist Mitglied des Osteuropa-Korrespondenten-Netzwerks n-ost.

Fotos: (cc)photocapy/flickr, Video: euronewsde/YouTube

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