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Friedensnobelpreis für Merkel? Nein.

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Politik

Angela Merkel soll also den Friedensnobelpreis bekommen - zumindest geistert dieses Gerücht seit Tagen durch Internet und Medien. Und beim Gerücht bleibt es hoffentlich, denn verdient hätte Merkel den prestigeträchtigen Preis, der am 9. Oktober verliehen wird, nicht. 

Ja, die Kanzlerin hat ihre Verdienste. Wo sie sonst am liebsten abwartet, hat sie sich diesmal festgelegt: Deutschland wird entgegen europäischer Regelungen so viele Flüchtlinge wie möglich aufnehmen. Ausgerechnet die „Teflon“-Kanzlerin wird zur Verkörperung eines freundlichen, selbstlosen Deutschlands. Sie, die sonst keine Emotionen zeigt, wirkt ehrlich berührt vom Schicksal der Flüchtlinge. Für ihre Überzeugungen nimmt sie Streit mit ihrer Partei, der CDU, in Kauf – gerade haben zahlreiche Mitglieder sich in einem offenen Brief gegen die aktuelle Politik ihrer Parteichefin ausgesprochen.

Merkels klare Haltung ist richtig und bewundernswert – nobelpreiswürdig ist sie nicht. Denn Tatsache ist: Europa steht noch am Anfang der sogenannten „Flüchtlingskrise“. Laut Prognosen sollen bis Ende des Jahres 800.000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Sie aufzunehmen, ist das eine. Ihnen aber langfristig die Chance auf Integration, auf ein Leben in Deutschland zu bieten, das andere.

Wir schaffen das? Die Kanzlerin nahm am 7. Oktober bei Anne Will öffentlich zur Flüchtlingskrise Stellung

Deutschland wird im Ausland für seine Willkommenskultur gefeiert – die Zustände im Land selbst sind aber oft chaotisch. Beispiel Berlin: Dort mussten am heißesten Tag des Jahres hunderte von Flüchtlingen stundenlang vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) warten, ohne mit Wasser oder Nahrung versorgt zu werden. Das übernahmen freiwillige Helfer. Im Alten Rathaus Wilmersdorf, nun eine Notunterkunft, gibt es zwei Duschen für über 200 Flüchtlinge.

Angela Merkel kann den Neuankömmlingen nicht persönlich Wasser reichen oder Duschen organisieren. Sie kann aber sehr wohl dafür sorgen, dass die Kommunen mehr Unterstützung bekommen. Denn die Kommunen sind es, die die Flüchtlinge aufnehmen, sie versorgen und integrieren. Und diese Kommunen fühlen sich von der Bundesregierung im Stich gelassen: Vor kurzem wurde ein Video öffentlich, in dem eine SPD-Politikerin aus München in Tränen ausbricht, weil ihre Stadt weder vom Bund noch von den Ländern Unterstützung erhält.

Der Friedensnobelpreis sollte an Menschen oder Organisationen verliehen werden, die Großartiges geleistet haben. Das hat Merkel bisher nicht. Momentan zumindest kostet ihre Haltung sie fast nichts. Die Kanzlerin muss erst beweisen, dass klaren Worten auch Taten folgen. Denn wenn die Vergabe des Friedensnobelpreises an Barack Obama eines gezeigt hat, dann das: Vorschusslorbeeren bringen nichts.