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Frankreichs Image-Offensive: Sarko-Solo gegen Gaddafi

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Politik

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hat den Nationalen Übergangsrat der libyschen Rebellen als offizielle Vertretung des Landes anerkannt. Außerdem will er den EU-Partnern am heutigen Freitag Pläne zu Luftangriffen gegen das Gaddafi-Regime vorlegen. Die Presse kritisiert den Alleingang, der allen Beteiligten schade.

De Volkskrant: Einige peinliche Situationen; Niederlande

Die Anerkennung des Nationalen Übergangsrats der libyschen Rebellen durch Paris ist voreilig und schadet der EU, meint die linksliberale Tageszeitung De Volkskrant: "Jahrelang war Frankreich das europäische Land, das die engsten Beziehungen zu den autokratischen Regimen in Nordafrika unterhielt. Das führte in den vergangenen Wochen zu einigen peinlichen Situationen, als der Volksprotest wie ein Wirbelwind durch die Region zog. Durch diesen Umbruch scheint Paris sich nun für die Flucht nach vorne zu entscheiden. Der französische Schritt ist sehr unglücklich, vor allem weil die Situation in Libyen extrem verworren ist. [...] Einmal mehr sieht es danach aus, dass die Franzosen zwar viel von Europa reden, aber im entscheidenden Moment doch lieber ihr eigenes Profil schärfen wollen. Die Regierungschefs der Europäischen Union kommen heute auch auf Anregung von Paris zusammen, um die Lage in Libyen zu besprechen. Durch das einseitige französische Vorgehen hat die Konferenz von vornherein an Effektivität eingebüßt." (Artikel vom 11.03.2011)

Der Standard: Versuch, Frankreichs Image im Maghreb aufzupolieren; Österreich

Mit der Anerkennung des Rebellenrats in Libyen und dem Vorlegen von Angriffsplänen handelt der französische Präsident Nicolas Sarkozy zu hastig, findet die linksliberale Tageszeitung Der Standard: "Ausschlaggebend für Sarkozys Aktion war zweifellos ein Versuch, Frankreichs verblassendes Image im Maghreb aufzupolieren - und dazu gleich auch noch aus seinem persönlichen innenpolitischen Tief herauszukommen. Die Frage einer militärischen Operation treibt Sarkozy seit Tagen um: Noch Anfang der Woche hatte er eine No-Fly-Zone mit dem Argument abgelehnt, der Westen könne sich 'kein weiteres Afghanistan leisten'. Nun scheint er seine Meinung vollständig geändert zu haben. Und das wirkt improvisiert. Schnelle Entschlüsse sind in Kriegszeiten manchmal nötig. Aber es wäre zweifellos besser, wenn sich die EU-Mitglieder über diesen Ernstfall einig würden, bevor Pläne publik werden. Falsche Hilfe kann den Rebellen nur schaden." (Artikel vom 11.03.2011)

Tages-Anzeiger: Vorpreschen soll wohl in erster Linie der dramatisch geschrumpften geopolitischen Rolle Frankreichs einträglich sein; Schweiz

Die plötzliche Kursänderung des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy im Libyen-Konflikt wirkt verkrampft und hilflos, meint der linksliberale Tages-Anzeiger. Deshalb werde Sarkozy sein eigentliches Ziel auch nicht erreichen: "Sein unvermitteltes Vorpreschen soll wohl in erster Linie der dramatisch geschrumpften geopolitischen Rolle seines Landes einträglich sein. Von den großen westlichen Ländern hat Frankreich in den letzten drei Monaten dieser Zeitenwende in der arabischen Welt die bescheidenste, zuweilen kleinlichste Figur abgegeben - geprägt und geniert durch die alte Doppelmoral im Umgang mit Herrschern. [...] Sarkozy operiert nun also vor allem an einer Imagekorrektur. Es drängt Frankreich, das schon immer eine verklärte und überhöhte Vorstellung seiner eigenen internationalen Rolle hatte, in diesem historischen Moment zurück auf die Weltbühne. Im Solo. Mit einem spektakulären, vielleicht gar riskanten, sicher aber höchst angestrengten und heuchlerisch anmutenden Rückwärtssalto."

(Artikel vom 11.03.2011) 

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