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Fotoausstellung in Berlin: Augenblicke für die Ewigkeit

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BerlinKultur

Glanz, Glamour und Rebellion: Das Willy-Brandt-Haus Berlin zeigt in der Doppelausstellung Der ewige Augenblick / Papas Kino ist tot Werke der Porträt-Fotografin und Dokumentarfilmerin Digne M. Marcovicz sowie ausgewählte Stücke aus dem Nachlass des wegbereitenden Regisseurs Hansjürgen Pohland. Eine gute Gelegenheit, auch abseits der Berlinale in die Welt des deutschen Films einzutauchen.

Ein Augenblick ist vor allem eins: vergänglich. Kaum wird man sich seiner bewusst, ist er auch schon vorbei, unwiederholbar, ein Teil der Vergangenheit. Und trotzdem nannte Digne M. Marcovicz, eine der bekanntesten Porträt-Fotografinnen Deutschlands, ihren 2012 erschienenen Fotoband Der ewige Augenblick. Das Willy-Brandt-Haus in Berlin zeigt nun in einer gleichnamigen Ausstellung ausgewählte Fotos aus diesem Band sowie einige von Marcovicz‘ Dokumentarfilmen.

Authentizität, Nähe und Charakter

Eigentlich, so erzählte die 2014 verstorbene Digne M. Marcovicz in einem Interview mit der taz, wollte sie Schauspielerin werden. Das sei aber „zu unsicher und kostspielig“ gewesen. Also wurde die 1934 geborene Berlinerin jüdischer Abstammung eben Fotografin. Als feste Freie des Spiegel knipste sie sich in den 1960er bis 1980er Jahren quer durch das kulturelle Leben der Bundesrepublik. Alles, was in der Szene Rang und Namen hatte, landete vor Marcovicz‘ Linse, zum Beispiel der Schriftsteller Günter Grass. Zur Filmszene hatte die Fotografin eine besondere Beziehung: Hinter den Kulissen fotografierte sie u.a. die Schauspielerin und Fassbinder-Muse Hanna Schygulla (Die Ehe der Maria Braun) und den Regisseur Volker Schlöndorff (Die Blechtrommel).

Stets legte Marcovicz bei ihren Arbeiten Wert darauf, dass die Bilder eine Geschichte transportierten. Es ging ihr um Authentizität, um Nähe und Charakter. Ihre Bilder sind von bestechender Klarheit, sie halten einen Augenblick fest und sind doch so viel mehr als eben dieser flüchtige Moment.

Deutschland, immer wieder

Obwohl es mit der eigenen Schauspielkarriere nichts wurde, hielt Digne M. Marcovicz am Traum vom Film fest. In einem Interview mit der konkret erinnerte die Fotografin sich: „1979 fuhr ich mit dem Chefredakteur des Börsenblatts für den deutschen Buchhandel zur Buchmesse nach Moskau, und auf dieser Reise habe ich zum ersten Mal gefilmt, mit so einer kleinen Super-8-Kamera ohne Ton. Ich habe das dann alles von der Pike auf gelernt, ein Kollege hat mir die Kamera erklärt. Ich habe auch selbst geschnitten (…).“ Learning by doing. Marcovicz wagte sich bald an eigene filmische Projekte, drehte Dokumentarfilme. Einige davon sind nun in der Ausstellung im Willy-Brandt-Haus zu sehen.

Digne M. Marcovicz hat immer mal wieder im Ausland gelebt: in Italien, in Israel. Und doch zog es sie wieder zurück in die deutsche Heimat, dorthin, wo man ihrer Familie so viel Leid antat. Marcovicz‘ Vater und ihre Halbschwester wurden 1942 wegen ihrer Verbindung zum Widerstand („Rote Kapelle“) verhaftet und hingerichtet. Für ihr Buch Massel. Letzte Zeugen (2007) sprach Marcovicz mit Holocaust-Überlebenden, also Menschen, die Massel gehabt hatten – Glück. Ob in ihren Fotografien, Dokumentarfilmen oder Büchern – für Digne M. Marcovicz standen immer die Menschen im Mittelpunkt. Sie fing ein, was essenziel war und hielt Vergängliches für die Ewigkeit fest.

Papas Kino ist tot

Parallel zu Der ewige Augenblick präsentiert das Willy-Brandt-Haus die Ausstellung Papas Kino ist tot – Filme von Hansjürgen Pohland und unveröffentlichte Fotografien von Will McBride, Michael Marton, Jean-Gil Chodziesner-Bonne. Gezeigt werden u.a. unveröffentlichte Fotografien, Drehbuchfragmente und Filmplakate aus dem Nachlass des 2014 verstorbenen Hansjürgen Pohland, seines Zeichens wichtigster Vertreter des Neuen Deutschen Films, kontrovers und experimentierfreudig. Die Fotografien stammen von Will McBride, Michael Marton und Jean-Gil Chodziesner-Bonne; entstanden sind sie in den 60er Jahren während der Produktion der Pohland-Spielfilme Katz und Maus, Tobby und Das Brot der frühen Jahre.

Der Titel der Ausstellung Papas Kino ist tot stammt von einem Manifest (auch Oberhausener Manifest genannt), welches Hansjürgen Pohland zusammen mit anderen Filmverrückten 1962 veröffentlichte: Er forderte einen Bruch mit den bestehenden Produktionsverhältnissen und ein Ende der Lethargie – Papas Kino ist tot wurde zum Manifest des Neuen Deutschen Films. Im Manifest heißt es: „Dieser neue Film braucht neue Freiheiten. Freiheit von den branchenüblichen Konventionen. Freiheit von der Beeinflussung durch kommerzielle Partner. Freiheit von der Bevormundung durch Interessengruppen.“ Und durch das Willy-Brandt-Haus weht ein Hauch von Rebellion.

Die Ausstellungen sind vom 5. Februar bis 11. März 2016 im Willy-Brandt-Haus Berlin zu sehen, Dienstag bis Sonntag 12 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei, ein Ausweis erforderlich.

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Ich bin ein Berliner - dieser Artikel stammt von unserem cafébabel Berlin-Team.