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#foodporn - Du bist, was du isst

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Story by

Lea Sauer

Lifestyle

Das Essen ziemlich geil sein kann, weiß jeder, der schon einmal Omas Braten oder Mamas selbstgebackene Tarte au Chocolat verspeist hat. Aber was ist so interessant am Hochladen und Betrachten von selbstgeknipsten Handyfotos mit dem Hashtag #foodporn? Ist dies einfach der größte Witz des Internets oder steckt vielleicht ein ernsthaftes Kulturphänomen dahinter?

Wer heute noch denkt, Foodporn hat etwas mit Sex zu tun, war in den letzten Jahren wohl in der Speisekammer eingeschlossen. Der Hashtag #foodporn ist mindestens so beliebt wie sein großer Bruder #selfie, auf der Seite foodpornindex.com wird einem schwindelig, so hoch sind die Zahlen, die anzeigen, wie oft der Hashtag benutzt wurde, und auch du hast es bestimmt schon gemacht. Auch du hast bestimmt schon dein Steak, dein Eis oder dein Glas Bier fotografiert, um es auf Facebook, Twitter oder Instagram hochzuladen. Nur warum? 

Willst du dich einfach daran erinnern, was du gegessen hast, um dein Essverhalten zu kontrollieren? Willst du angeben? Oder hast du gar eine Essstörung

Woher kommt #foodporn?

Zum ersten mal wird der Begriff 1991 im Oxford English Dictionary gelistet, also zu einer Zeit, in der der große Internetboom noch in den Startlöchern stand. Und, wenn man es genau nimmt, ist Foodporn auch kein reines Internetphänomen. Es begann schon viel früher, als Kochbücher Anfang der 60er immer öfter mit gestellten Hochglanzfotos versehen wurden und der Look des Essens immer wichtiger und das eigentliche Essen unwichtiger wurde. Daraus wurde ein regelrechter Absatzmarkt für Kochbücher, Kochsendungen und Küchenprodukte.

Foodporn kommt also eigentlich aus der Werbung und die ersten Foodpornos, die wir gesehen haben waren Jamie Oliver und Co. Ursprünglich steckt also das Interesse dahinter Essen und Lifestyle zu verbinden, um Nahrungsmittel somit attraktiver zu machen, denn Sex sells! Umso mehr wir mit Essen ein Event verknüpfen, und es nicht nur um Nahrungsmittelaufnahme geht, desto mehr Essen lässt sich verkaufen. Die Verlagerung und Verbreitung in den sozialen Netzwerken ist nach der Verbreitung in Fernsehen und Magazinen nur ein logischer Schritt, denn nun kann man den Foodporn nicht nur ansehen, sondern auch selbst produzieren. Und das überall. Die Foodporn-Fotos veränderten sich somit allmählich von Highend-Fotografien zu Fast-Foodporn-Schnappschüssen.

Warum brauchen wir #foodporn?

Die Kulturwissenschaftlerin Molly O'Neill gibt an, dass seit den 1980er Jahren Essen zudem belastet ist durch den gesellschaftlichen Fitness- und Gesundheitswahn. Essen ist für uns zunehmend nicht mehr nur reine Nahrungsaufnahme, sondern auch eine Freizeitaktivität geworden. Und die wollen wir feiern, wie ein Event. Das Betrachten von Essen wird somit zunehmend zu einem Ersatz für etwas, was wir uns im echten Leben verbieten. Der Foodvoyeurismus ist also eine Ersatzbefriedigung für uns. Statt den Eisbecher mit heißer Karamellsauce wirklich zu essen, schauen wir uns lieber die Fotos an und sind befriedigt. Heimlich träumen wir davon, derjenige zu sein, der das Foto macht und sind neidisch. Und deswegen produzieren wir #foodporn: wir wollen ein bisschen angeben mit dem Event Essen. Und gleichzeitig zeigen wir mit dem, was wir essen nicht nur, dass wir Genußmenschen mit viel Spaß und Freizeit sind, sondern auch, dass wir es uns finanziell leisten können. Denn wir essen ja nicht nur irgendwas. Das Steak für 25 Euro hat da dieselbe Wirkung wie die Handtasche von Chanel, der Champagner ist der Porsche Cayenne der Getränke, und schon gehören wir zur Upperclass der #foodporn-Amateure. Du bist eben, was du isst! Woher kommt diese #foodporn-Überdosis? Jeder kann mitmachen! Bei Instagram werden beispielsweise minütlich 90 Fotos mit #foodporn getagt. Tendenz sekündlich steigend. Die Beliebtheit von #foodporn scheint logisch. Essen muss jeder, die Libido des Essens vergeht nie und ist in jedem Alter gleich. Es ist für jeden und es ist unverfänglich. Ganz im Gegensatz zu seinem großen Bruder #porn. Und letztendlich ist es wahrscheinlich auch einfach ein Internettrend, der irgendwann wieder verschwinden wird. 

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