Fabienne Bruguière: 'Die Landwirtschaft kann frauenfeindlich sein'
Published on
Translation by:
Margarethe PadyszEine Weinbauerin in den Vierzigern aus der kleinen Kommune Pic St. Loup im französischen Languedoc-Roussillon über Liebe, den grünen Finger und die immer wichtiger werdende Rolle von Frauen im Weinanbau.
'Mas' heißt Haus. Und 'Thélème' ist namentlich das Kloster, das der französische Held Gargantua mit jeglichen Arten von kleinen Freuden erfüllt hat. Beide zusammen ergeben 'Mas Thélème' - ein freudenerfülltes Haus und außerdem Namensgeber des kleinen Weinguts von Fabienne and Alain Bruguière in der Region Languedoc-Roussillon, wo das Paar eines von insgesamt 36 Weingütern besitzt.
Ihr Abenteuer mit dem Wein ist für Fabienne Ergebnis ihrer familiären Prägung. Sie erinnert sich, dass ihr "Großvater, ein Belgier, vor dem Zweiten Weltkrieg in die Region immigrierte, um seine Familie zu ernähren. Nachdem mein Vater später die Fotos seiner früheren Schulklasse in Frankreich wieder hervorgekramt hatte, wollte er an den Ort seiner Kindheit zurückkehren", erzählt Fabienne. "Der Trip endete keineswegs nostalgisch. In den Siebzigern haben wir ein Haus in Languedoc gekauft und kamen dann jeden Sommer hierher zurück. 1999 bin ich dann selbst in das kleine Dorf Lauret gezogen."
Languedoc, Wein und Liebe
In Pic St. Loup besitzen Fabienne und Alain heute 20 Hektar Weinberg. Beide sind gerade imstande so viel selbst zu bewirten. Ihre jährliche Produktion beläuft sich auf 7000 Flaschen. "Das ist wirklich nicht viel, aber diese Menge wird der Theorie von Alain gerecht, dass man aus jedem Stamm einen guten Wein machen kann - man muss nur ein entsprechend kleines Gebiet unter seiner Obhut haben, um es im genügenden Maße bewirtschaften zu können", so die Philosophie im Hause Mas Thélème.
Das kleine Weingut besteht aus einer Garage in Verbindung mit einem Keller - einer der wenigen Orte, an dem der Wein gleichzeitig fermentiert, zu seiner Güte gelangt und in Flaschen gelagert wird. Der europäische Weinmarkt macht insgesamt 45 Prozent des weltweiten Weinhandels aus und ab dem ersten August tritt die im April 2008 verabschiedete Reform des Weinsektors in Kraft, die den europäischen Wein wettbewerbsfähiger machen soll. Bruguière denkt jedoch, dass die Reform keine großen Konsequenzen für ihr Weingut haben wird. Ihre ersten beiden Jahrgänge kamen 2005 in den Handel. "Gut auskennen tun wir uns nicht. Aber wir sind wachsam."
'Ich habe schon immer kleinere Firmen bevorzugt.'
Die Zusammenarbeit beruht zudem auf guten nachbarschaftlichen Beziehungen. Für Fabienne Bruguière, die zunächst eine Business School besuchte, bedeutete diese Lebensart einen vollkommenen Bruch mit ihrem vorherigen Broterwerb. In ihrem früheren Leben war sie Assistentin eines Marketingdirektors in einer großen Werbeagentur - ein Job, den Bruguière heute als "aggressiv" bezeichnet. Sie arbeitete auch in kleineren Kommunikationsbüros in Brüssel und Paris. "Ich habe schon immer kleinere Firmen bevorzugt, da man dort wandlungsfähiger sein muss." Ihre vielseitigen Erfahrungen konnte sich Fabienne Bruguière auch bei Mittelmeerklima zunutze machen: Sie entwarf ein Logo für die eigenen Weine, auf dem der Name der Weinproduktion, Mas Thélème, in Linien dargestellt ist, die an die Bergspitze der Region erinnern - Pic Saint Loup. Für Fabienne ist Leidenschaft "einer der Gründe, Wein im Einklang mit sich selbst und der Landschaft herzustellen."
Fabienne hat die Werbewelt aus einem einfachen Grund zurück gelassen: "Ich traf den Mann meiner Träume und ging nach Lauret." Seit 2003 und einer ersten Jahrgangsproduktion von 8000 Flaschen ist das Paar auf dem Weingut unzertrennlich. Das Paar hat seit diesem ersten Jahr kein freies Wochenende mehr gehabt. Alain sei bereits seit 1989 Weinbauer, erzählt Fabiene Bruguière weiter. "Von Anfang an achtete er darauf, dass ich eine harte Trainingsphase bekam, auch wenn ich nicht gleich einen grünen Finger hatte. Ich habe Wein zwar schon immer gemocht, hätte aber nie gedacht, dass ich eines Tages im Weinbau landen würde."
Was bekommt sie im Gegenzug? "Die größte Kontrolle über die Qualität des Weins, der aus unserer Produktion stammt. Das Wissen darum, dass wir nicht allein auf der Suche nach dem richtigen Geschmack sind, der hier auf der Erde des Languedoc geboren wird - mit dem Duft von Lavendel und Rosmarin."
Wein im Zeitgeschehen
In Mas Theleme datiert man die Anfänge der Weinherstellung auf 600 v. Chr. „Die Griechen stellten Wein nur für den Eigenbedarf her. Später tauchten Römer auf und verkauften den Wein nach ganz Europa. Allerdings nahm aufgrund der hohen Zahl an Abnehmern die Weinqualität ab. "Das war der Anfang vom Ende", versichert Fabienne Bruguière.
Anfangs war Pic St. Loup ein Lieferant billiger Weine für die nordfranzösischen Märkte. Zusammen mit der Industriellen Revolution entstand der Bedarf, die Arbeiter mit einer großen Menge an günstigem Wein zu versorgen, dem manchmal von den Produzenten Wasser beigemischt wurde - oftmals sogar eins zu eins. "Nach einer Reblausepidemie hat sich die Qualität des Weins abermals verschlechtert. Es gab immer weniger Weingüter, doch die Nachfrage nach Wein aus Languedoc versiegte nicht."
Weiblicher Wein
'Es ist so ein Gefühl, nicht ernst genommen zu werden.'
Für die Zukunft träumt Fabienne von einem "feministischen Weinprojekt". "Ich denke über den Kauf eines Gutes nach, das nur von Frauen bewirtschaftet wird", erklärt sie. "Ich hatte oft den Eindruck, dass die Landwirtschaft in einigen Regionen in Südfrankreich frauenfeindlich eingestellt ist. Ich war oft frustriert, wenn meine Vorschläge bei Meetings einfach ignoriert wurden. Wenn Männer mit den gleichen Ideen kamen, wurden sie angehört. Es ist so ein Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Ich habe zum Beispiel den Eindruck, dass ich mehr Kundschaft anziehe, wenn mein Mann bei Verkostungen neben mir am Stand steht. Aber zum Glück interessieren sich zunehmend auch Frauen für die Weinproduktion. Einige sind wir schon Pic St. Loup: Wir stehen uns nahe, helfen uns gegenseitig und sind sehr entschlossen."
Translated from Fabienne Bruguière: Pani na winnicy