Expendables zum EU-Gipfel: Wie elastisch ist der Euro?
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Auf dem EU-Gipfel am 8. und 9. Dezember 2011 wollen etliche Länder offenbar nicht dem Vorschlag Deutschlands und Frankreichs folgen, im Kampf gegen die Schuldenkrise die EU-Verträge zu ändern. Die deutsche Regierung lehnt aber Zugeständnisse ab. Wie dehnbar ist die Schuldenkrise noch? Pressestimmen zufolge ist Europa diesmal zum Erfolg verdammt, wird aber erneut an seiner Uneinigkeit scheitern.
De Tijd: Gefahr, dass wir in eine Negativspirale geraten; Belgien
Auf dem heute beginnenden EU-Gipfel sind die Staats- und Regierungschefs zum Erfolg verdammt, meint die Wirtschaftszeitung De Tijd: "Was alle befürchtet haben, wird langsam Realität. Die Rezession schleicht sich in die Euro-Zone. [...] Die Sparmaßnahmen werden daher die Volkswirtschaften der Euro-Zone schwer belasten. [...] Außerdem verstärken sich Euro-Krise und Rezession gegenseitig. Das Vertrauen nimmt ab, sowohl in der Währungsunion als auch in der Wirtschaft. So entsteht die Gefahr, dass wir in eine Negativspirale geraten. Diese Entwicklung muss um jeden Preis verhindert werden, denn das ist der kürzeste Weg in die wirtschaftliche Depression. 2012 wird wirtschaftlich ohnehin ein schwieriges Jahr. Wie schwierig es wird, hängt davon ab, was Europas Führer heute und morgen auf den Tisch legen können. Wenn der Gipfel erneut scheitert, muss man das Schlimmste für die Euro-Zone befürchten. Eigentlich haben sie in Brüssel nur eine Option: Die Pflicht zum Erfolg." (08.12.2011)
Expansión: Deutscher Pessimismus ein schlechtes Signal an die Märkte; Spanien
Etliche EU-Staaten wollen nicht dem Kompromiss folgen, den Deutschland und Frankreich am Montag verabredet hatten. Europas Entscheidungen scheitern immer wieder an der Uneinigkeit, bedauert die liberal-konservative Wirtschaftszeitung Expansión: "Gestern wurde wieder einmal deutlich, dass die EU unfähig ist, sich auf ein klares Vorgehen zu einigen. Während die Regierung in Paris darauf pochte, dass die deutsch-französische Achse das heute beginnende Treffen in Brüssel nicht verlassen werde, solange keine echte Lösung für die Krise gefunden ist, enttäuschte man in Berlin bereits die Erwartungen, da einige Bündnispartner den Ernst der Lage noch nicht erkannt hätten. Mit Recht kritisiert Deutschland zudem die Brüsseler Bürokratie, die die deutsch-französischen Vorschläge schon vor Beginn des Gipfels verwässern wollte. Doch für die Märkte war der deutsche Pessimismus gestern ein denkbar schlechtes Signal. Besorgt stellen sie fest, wie Europa erneut über denselben Stein stolpert: Uneinigkeit und gegensätzliche Interessen." (08.12.2011)
Rzeczpospolita: Achtung! Die Euro-Gruppe kann die Sanktionen per Abstimmung ablehnen; Polen
Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Sarkozy haben am Mittwoch in einem Brief an den Präsidenten des Europäischen RatesHerman Van Rompuy Änderungen der EU-Verträge gefordert, um die Schuldenkrise in den Griff zu bekommen. Doch ihre unklar formulierten Forderungen bergen Konfliktpotenzial, fürchtet die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita: "Der Brief enthält Passagen, die einen Aufruhr verursachen können. Erstens: Es wird suggeriert, dass die 17 Länder der Euro-Zone sowie andere 'Staaten, die das wollen' den neuen Vertrag unterschreiben können, jedoch nicht alle 27 Mitglieder der EU. Zweitens: Dort findet sich zwar der Vorschlag für die Einführung automatischer Sanktionen bei einer Überschreitung des Staatsdefizits von drei Prozent. Aber Achtung! Die Euro-Gruppe kann die Sanktionen per Abstimmung ablehnen. Das heißt, dass doch keine automatischen Sanktionen eingeführt werden." (08.12.2011)
Frankfurter Allgemeine Zeitung: Brüssel hat sich als Makler versucht; Deutschland
EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hat die von Berlin und Paris angestrebte Änderung der EU-Verträge als nicht notwendig erachtet. Deutschland warnte daraufhin vor 'Brüsseler Tricksereien'. Das ist überzogen, meint die konservative Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Der Belgier hatte die Aufgabe, eine Vorlage zu erstellen, in der alle Staaten ihre Position wiederfinden; es ist auch sein Auftrag, als institutionelle Brücke zwischen Eurozone und Rest-EU zu fungieren, also den Laden, so weit es eben geht, zusammenzuhalten. Das hat er, auch so lässt sich das Grummeln in Berlin erklären, als ehrlicher Makler versucht. [...] Sie [Merkel] wird auch wissen, dass das längerfristige Ziel - die Stabilitätsunion auf der Grundlage von Vertragsänderungen - nur erreichbar ist, wenn man sich zunächst auf Zwischenschritte einlässt, wie sie Van Rompuy vorschlägt - freilich ohne dabei den Druck aus dem Kessel zu nehmen, also die 'Sünder' aus der Haftung zu entlassen." (08.12.2011)
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