Europawahl-Parteiencheck: Kultur und Bildung
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Am 25. Mai ist Europawahl und wieder mal stellt sich die Frage: Welche Partei soll ich wählen? Cafébabel Berlin macht den Parteiencheck. Teil 2: Was können die Parteien mit ihrer Kultur- und Bildungspolitik für Europa tun?
"In Vielfalt geeint" lautet das Leitthema der Europäischen Union - ein Widerspruch in sich? Denn wie kann gleichzeitig eine gemeinsame europäische Identität entstehen und die Einzigartigkeit eines jeden Landes und seiner Kultur(en) gewürdigt werden?
SPD: Kulturpolitik? Hauptsache dezentral!
Die SPD versteht Kulturpolitik unter rein strukturpolitischen Gesichtspunkten. Hauptsache sie ist dezentral und nicht zentralistisch angelegt - daher der direkte Verweis auf die "Städte, Kommunen und Regionen, in denen sich die kulturelle Vielfalt Europas entfaltet" und die gestärkt werden sollen. In dieser Logik ist der Zugang zu öffentlich-rechtlichem Rundfunk, Internet und Kulturangeboten Sache der (teilweise bankrotten) Kommunen. Insgesamt hält sich die SPD mit europäischen Bekenntnissen zurück: "Die EU sollte nur das regeln, was die Städte, Kommunen. Länder oder Staaten nicht besser selbst regeln können." Lediglich die Medienvielfalt und Pressefreiheit wird europaweit in den Blick genommen. Schwaches Engagement für Europa.
So lustig stellt sich die Europäische Kommission ihr neues Bildungsprogramm Erasmus Plus vor.
Die Grünen: smarte Verknüpfung von Kultur- und Bildungspolitik
Die Grünen sind ein paar Schritte weiter. Sie fordern ganz konkret ein höheres Budget für interkulturellen Austausch, transnationale künstlerische Kooperationen, Förderung europäischer Filmproduktionen und der Entwicklung qualitativ hochwertiger Computerspiele. Forderungen für die Bildung der europäischen Jugend werden mit Kulturpolitischem elegant verknüpft: Austauschprogramme sollen durch einen Jugendfonds Teil des EU-Haushalts werden, allen Jugendlichen soll unabhängig von ihrer sozialen Herkunft der Zugang zur "europäischen Erfahrung" gewährleistet werden. Ein Jugendkonvent, bei dem junge Menschen Vorschläge über die Zukunft Europas erarbeiten, soll ihre Perspektive einbinden. Die Grünen sorgen sich auch um die hohe Arbeitslosigkeit in einer Generation, die "in einem vereinten Europa aufgewachsen und mehrheitlich von der europäischen Idee überzeugt ist." Die sogenannte Jugendgarantie soll arbeitslosen Jugendlichen bis 30 Jahre nach spätestens vier Monaten eine Arbeitsstelle oder einen Ausbildungsplatz garantieren. Respekt vor so viel Engagement – bleibt abzuwarten, was davon umgesetzt wird.
CDU: Medienrecht und Netzpolitik auf europäischer Ebene regeln
"Die Europäische Union ist mehr als ein Binnenmarkt" – ein Satz, der erstaunlicherweise unter dem Punkt Kultur im Wahlprogramm der CDU steht. Obwohl auch hier die Kulturhoheit der Mitgliedstaaten als Prinzip vorangestellt wird, scheint sich doch jemand Gedanken um aktuelle Entwicklungen gemacht zu haben: Ein modernes Urheberrecht, das den Herausforderungen des digitalen Zeitalters gerecht wird, der Schutz einer vielfältigen europäischen Medienlandschaft und die einheitliche Regelung von medienrechtlichen und netzpolitischen Fragen – so viel Fokus auf aktuelle medientechnische und – politische Entwicklungen hätte man der CDU gar nicht zugetraut. Begrüßt (nicht unterstützt!) werden auch mehrsprachige Medienangebote, die dazu beitragen, eine europäische Öffentlichkeit zu schaffen – das freut die Babelianer!
FDP: Europa als Innovationsraum und Bildung als Menschenrecht... für Akademiker!
Kulturpolitik wird im Wahlprogramm der FDP nicht mit einer Silbe erwähnt, dafür wird Bildung groß geschrieben – "denn diese ist seit jeher der Schlüssel zur Freiheit, zum sozialen Frieden und gesellschaftlichen Aufstieg." Europa dient hier als Pool für die besten Ideen und Modelle, die der angeschlagenen Wirtschaft helfen können. Auch wenn Bildung bei der FDP "als Bürgerrecht jedem Menschen unabhängig von seinem Hintergrund offen steht", beziehen sich die meisten Forderungen auf die akademische Bildung in den – Achtung! – Mitgliedstaaten selbst. Daher fokussieren sich viele Forderungen auf innereuropäische, transnationale Forschungskooperationen, Förderung diverser Austauschprogramme und Vernetzung von Unternehmen und Forschungseinrichtungen oder die Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses. Europa soll zu einem "Innovationsraum" ausgebaut werden, der sich durch seine wirtschaftliche Stärke auszeichnet – Bildung ist der Schlüssel dazu.
Die Linke: idealistisch - Kunst und Kultur als Selbstzweck
Bildungs- und Kulturpolitik tauchen in den Wahlprogrammen immer wieder als wichtige Motoren für das wirtschaftliche Wachstum in Europa auf. Kulturpolitik ökonomischen Zielen unterzuordnen – damit hat Die Linke ein Problem, denn "linke europäische Kulturpolitik setzt sich für den Schutz von Kultur um ihrer selbst willen ein". Für sie stehen der kulturelle Austausch in Europa, die gleichberechtigte Teilhabe am kulturellen Leben sowie der finanzielle Ausgleich zwischen Kreativen und Nutzern im Fokus. Kunst- und Kultur als Selbstzweck verstehen und nicht mit angeblichen Effekten und Wirkungen überfrachten – da gehen Kreative, Künstler/innen und Kulturschaffende voll mit. Denn wirtschaftliche Interessen bestimmen viel zu oft über künstlerische Autonomie.
EUROPAWAHLEN 2014 AUF CAFÉBABEL BERLIN
Weil Europa nicht nur eine hippe, spannende und junge Seite hat, sondern auch politische Institutionen braucht, ist der 25. Mai 2014 ein fixes Datum in unseren Kalendern. Wann, was, wo, warum wählen gehen? Mehr Infos zum Wahltag, den Parteien und der politischen Struktur der EU im Allgemeinen gibt es hier im Magazin und wie immer auf Facebook und Twitter.