Europawahl-Parteiencheck: Binnenmarkt
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Lilian PithanAm 25. Mai ist Europawahl und wieder mal stellt sich die Frage: Welche Partei soll ich wählen? Cafébabel Berlin macht den Parteiencheck. Teil 6: Wie wird sich der gemeinsame Binnenmarkt entwickeln?
Als 1957 die Römischen Verträge unterschrieben wurden, fing alles mit den Märkten an. Denn den sechs Gründungsmitgliedern der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ging es vor allem um die Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarkts. In den nächsten 40 Jahren war er das Hauptthema eines geeinten Europas, das erst von der Einführung des Euros und der Sorge über Staatsverschuldung und Bilanzen abgelöst wurde. Ein starker gemeinsamer Binnenmarkt ist aber die Basis für jede Einheitswährung und besonders der europäische Dienstleistungsmarkt ist noch zu entwickeln. Welchen Weg wollen die Parteien einschlagen?
CDU: Alles für den Wettbewerb
Die bei den letzten Bundestagswahlen stimmenstärkste deutsche Partei stellt den Wettbewerbsgedanken ins Zentrum ihres Wahlprogramms. Das Ziel der Christdemokraten ist es, die gesamte Europapolitk an der Leistung der Musterschüler der Union (d.h. Deutschlands) auszurichten. Beim 26. Parteitag der CDU in Berlin, der ganz den Europawahlen gewidmet war, konzentrierten sich die Mitglieder auf den Ausbau der Transportnetze in Europa und eine Stärkung des Exportgeschäfts, einen gemeinsamen Energie-Binnenmarkt und das Freihandelsabkommen (TTIP) mit den USA. Das Wahlprogramm unterstreicht so den Willen der CDU, die Erfolgsgeschichte des europäischen gemeinsamen Binnenmarktes fortzusetzen, indem die USA ins Boot geholt und die größte Freihandleszone der Welt gegründet wird. Außerdem unterstützen die Christdemokraten den Vorschlag der EU-Kommission, alle Regulierungsprozesse einer "Wettbewerbskontrolle" zu unterwerfen, um der eigenen Wirtschaft nicht zu schaden.
Kurze Geschichtsstunde: Wie entstandt der gemeinsame Binnenmarkt? (EuroparlTV EN)
SPD: Union der sozialen Marktwirtschaft
Die Sozialdemokraten sorgen sich vor allem um die deutschen Arbeitnehmer und deren Rechte. Im Wahlprogramm geht es daher vor allem um Sozialdumping, das die SPD verhindern will: keine Lohnminderungen oder Kürzungen der Sozialleistungen. Konkret bedeutet das, dass die Sozialdemokraten für den europäischen Mindestlohn und eine Vereinheitlichung der Sozialsysteme, die Anerkennung ausländischer Schul-, Ausbildungs- und Hochschulabschlüsse und eine bessere Kontrolle von Zeitarbeit eintreten. Außerdem will die SPD, dass Firmen, die innerhalb des gemeinsamen Binnenmarkts agieren, in dem Land Steuern zu entrichten haben, in dem sie ihre Profite machen. Natürlich unterstützt sie auch die Forderungen nach verbindlichen Sozialstandards in allen europäischen Staaten, doch liest man im Programm keine Details über die Finanzierung derartiger Pläne. In Bezug auf das Freihandelsabkommen mit den USA fordern die Sozialdemokraten klare Bestimmungen zu Arbeiternehmer-, Umwelt- und Datenschutz, der den Deutschen seit der NSA-Spähaffäre bekanntlich sehr am Herzen liegt.
LINKE: Ein soziales Europa schaffen
Im Wahlprogramm der LINKEN nimmt der gemeinsame Binnenmarkt einen Ehrenplatz ein, da er für sie der Inbegriff des europäischen Neoliberalismus ist. Die Grundannahme ist, dass Staaten wie Deutschland, die vor allem den Export fördern, innerhalb Europas Ungleichgewichte schaffen. Im Gegensatz hierzu fordert die Linke eine "Ausgleichsunion", in der Staaten, die mit einem Exportüberschuss wirtschaften, diesen ausgleichen müssen. Um das zu erreichen, schlägt die LINKE zum einen den Ausbau des Binnenmarktes vor: höhere Löhne, mehr Investitionen in die Infrastruktur, höhere Sozialausgaben. Zum anderen fordert sie, dass bei dauerhaften Exportüberschüssen Sanktionen verhängt werden, die der Finanzierung einer Umstrukturierung in den Importstaaten dienen und die Kosten für die Weiterbildung von Arbeitnehmern, die ihre Heimatländer in Richtung der exportstarken Länder verlassen, decken sollen.
Die Grünen: Saubere Märkte
Die deutsche Umweltpartei kann das aktuelle Wirtschaftssystem natürlich kaum nachhaltig finden und fordert daher einen Kurswechsel. Die Grünen schlagen eine erhöhte finanzielle Unterstützung bzw. Steuererleichterungen für Forschung und Innovation im Bereich Umweltschutz und Nachhaltigkeit und einen besseren Austausch zwischen kleinen und mittleren Unternehmen sowie Universitäten und Forschungszentren vor. Besonders geht es ihnen hierbei um einen effizienteren Einsatz von Ressourcen und die Verbesserung der Produktionsketten. Außerdem unterstützen die Grünen den Ausbau des freien Dienstleistungsverkehrs auf dem europäischen Binnenmarkt, doch sie fordern natürlich auch hier die Einhaltung hoher Umwelt- und Sozialstandards.
Fazit: Der gemeinsame Waren- und Dienstleistungsmarkt, der der EU zugrunde liegt, bleibt das Entwicklungszentrum Europas. Er hat ebenso zu seiner Erfolgsgeschichte wie auch zu den neuesten Krisen beigetragen. Daher sprechen alle deutsche Parteien das Thema in ihren Wahlprogrammen an, auch wenn in der öffentlichen Diskussion vor allem die Finanzpolitik im Vordergrund steht.
EUROPAWAHLEN 2014 AUF CAFÉBABEL BERLIN
Weil Europa nicht nur eine hippe, spannende und junge Seite hat, sondern auch politische Institutionen braucht, ist der 25. Mai 2014 ein fixes Datum in unseren Kalendern. Wann, was, wo, warum wählen gehen? Mehr Infos zum Wahltag, den Parteien und der politischen Struktur der EU im Allgemeinen gibt es hier im Magazin und wie immer auch auf Facebook und Twitter.
Translated from Checklist per le elezioni europee: il mercato comune