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Europas Presse sorgt sich um Afghanistan

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GesellschaftPolitik

Afghanistan kommt nicht zur Ruhe. Nach einer Reihe von Anschlägen im September, die sich gegen die Besatzungsmächte richteten, beschäftigen sich auch Europas Tageszeitungen mit der prekären Lage des Landes.

Die Presse spricht im Einklang von einem “Krieg gegen den Terror”. Sie schenkt Afghanistan nach den Kriegen im Irak und Libanon wieder mehr Beachtung. Der Konflikt am Hindukusch sei zu einem “vergessenen Krieg” geworden, der nun “wieder ausbrach”, wie es The Independent in Großbritannien formuliert.

Der Auslöser: Kabuls sicherstes Viertel, das die US-Botschaft beherbergt, wurde am 8. September von dem wohl “schlimmsten und mörderischsten Anschlag seit dem amerikanischen Einsatz im Jahre 2001” getroffen, wie die französische Le Monde schildert. Den Grund nennt die spanische Zeitung El Pais. Sie geht davon aus, dass “die Taliban im Jahre 2006 wieder belebt wurde und seit Anfang des Jahres mehr als 2000 Menschen das Leben nahm”.

Überforderte NATO

Im österreichischen Standard gesteht ein NATO-Kommandant, “die Taliban unterschätzt zu haben.” Die Rüstungskräfte reichten nicht aus, um die schwierigen Kampfbedingungen zu bewältigen. Und im französischen Le Figaro weist ein NATO-General darauf hin, dass die Lage in Afghanistan “viel schlimmer als die tägliche Gewalt im Irak” sei und spricht vom “stärksten Widerstand, auf den Bodentruppen der NATO je gestoßen sind”. Deshalb ruft die NATO in der englischen Zeitung The Guardian dazu auf, mehr Verstärkung aus der EU in den Süden des Landes zu schicken. Dort sei die Gewalt besonders stark.

Angesichts des erneuten Aufflammens des Konflikts und der hohen Opferanzahlen zeigen sich die Medien über die Zukunft Afghanistans beunruhigt. Die Süddeutsche Zeitung beobachtet, daß die “Sicherheitslage in Afghanistan so schlecht wie nie seit dem Sturz der Taliban ist” und Der Standard zweifelt, ob die derzeitige Lage es überhaupt ermöglichen würde, “das Land unter Kontrolle zu bringen”.

Problem Opium

Genau dies wird durch die massive Opiumproduktion erschwert. Le Monde schätzt, dass 2006 "mehr als 90 Prozent der weltweiten Opium-Produktion aus Afghanistan kam." Doch die Zeitung nennt auch die Gründe: Bauern, die oft in großer Armut lebten, bauten lieber Drogen als landwirtschaftliche Produkte an, da sie nur so ihre Familie versorgen könnten. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung feststellt, sind “die Versuche, afghanischen Bauern andere Erwerbsmöglichkeiten zu bieten, fehlgeschlagen”. Die Drogengelder finanzierten „Aufständische und internationale Drogenkartelle“ finanzieren, erläutert die FAZ weiter.

Doch wie lässt sich nun die Krise in Afghanistan bewältigen? Kann eine militärische Besatzung allein das Land retten? Der Standard sucht in einem Interview mit Joanna Nathan, einer Expertin des Think Tanks International Group, nach einer Antwort. Darin sagt Nathan, dass man “Afghanistan seit fünf Jahren hat verfaulen lassen” und wenn man weiterhin “nur militärisch vorgehe”, könne man die Aufständischen nicht besiegen. Es brauche ausreichende diplomatische Bemühungen. “Ohne massiven Druck auf Pakistan, die Rückzugsgebiete der Taliban zu kappen”, sei die Krise nicht zu bewältigen, schlussfolgert die Expertin.