Europarat nimmt Dialog mit Weißrussland wieder auf
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Straßburg, Europarat, Plenarsitzung Juni 2009 Von Pauline André sommersitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) – Erste Sitzung – 22. bis 26. Juni 2009
Nachdem 12 Jahre lang keine Zusammenarbeit mit Weißrussland bestand, wendet sich der Europarat dem Land wieder zu.
Nach der Eröffnung eines Informationsbüros des Europarates in Minsk am Monatsanfang, hat sich die Parlamentarische Versammlung am 23. Juni dafür eingesetzt, den weißrussischen Abgeordneten wieder den Sondergaststatus bei Plenarsitzungen in Straßburg zu verleihen, allerdings unter gewissen Bedingungen.
Ein besonderer Sondergast. Seit 13. Juni 1997 von den Sitzungen des Europarates ausgeschlossen soll Weißrussland nun wieder seinen Sondergaststatus erhalten. So lautet die Entscheidung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) am Dienstag, dem 23. Juni. Der Sondergaststatus wurde 1989 von der Versammlung eingeführt, um den östlichen Ländern den Beitrittsprozess zu erleichtern. Der Status wird jenen Nicht-EU-Mitgliedern verliehen, die die Helsinki Schlussakte ratifiziert oder akzeptiert haben und politische Fortschritte in Bezug auf Menschenrechte und Demokratie zeigen. Andernfalls wird der Status dem betroffenen Staat aberkannt. Die weißrussischen Parlamentarier könnten also wieder an den Diskussionen des PACE teilnehmen, ohne jedoch zu wählen. Neben den Sondergästen sind zu den Parlamentarischen Sitzungen auch Beobachter zugelassen, die ebenfalls kein Wahlrecht haben, aber die Ideale und Werte des Europarates teilen. Derzeit sind drei Länder als Beobachter im Europarat vertreten: Kanada, Israel und Mexiko.
Diese Entscheidung, die mit 160 zu 167 Stimmen einstimmig getroffen wurde, ist ein wesentlicher Fortschritt für das Land, dessen Kandidatur für den Europarat seit 1993 abgelehnt wird. Und zwar aus gutem Grund: Weißrussland zählt zu den Staaten, die die Todesstrafe immer noch nicht abgeschafft haben. Die Versammlung sieht daher vor, dem Land den Sondergaststatus nur dann wieder zu verleihen, wenn die weißrussische Regierung „aus dem De-facto-Moratorium über die Todesstrafe ein gesetzliches Moratorium macht, als Übergangsstufe Richtung vollständige Abschaffung der Todesstrafe“, betont der liberale italienische Abgeordnete Andrea Rigoni, Verfasser des am 23. Juni präsentierten Berichts. Die Versammlung hob die Anstrengungen der weißrussischen Regierung zur Achtung der Menschenrechte hervor. 2008 wurden beispielsweise neun Oppositionelle freigelassen und seit 2007 ist die neue Oppositionsbewegung „Für Freiheit“ offiziell anerkannt. Die weißrussische Verfassung, die einen demokratischen Staat vorsieht, bleibt jedoch ein Phantom. In diesem Land sind Demokratie und Rechtsstaat weit davon entfernt Wirklichkeit zu werden.
Der weißrussischen Presse zufolge hat sich die Regierung bereit erklärt ein Moratorium für die Todesstrafe zu erlassen, bedacht darauf ihren Sondergaststatus wieder zu erhalten sowie ein „gutes Image“ in der Europäischen Union. Die Regierung beabsichtigt aber nicht dem Europarat beizutreten und dessen politische Werte zu übernehmen, im Gegensatz zur weißrussischen Opposition, die sich für die Mitgliedschaft des Landes einsetzt. „Dies würde der Zivilgesellschaft Weißrusslands Zugang zu einem unabhängigen Rechtssystem ermöglichen (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Anm d. Red.)“, betont das Oppositionsmitglied Anatolij Lebedko, Mitglied der in der Versammlung vertretenen Opposition. (Nach Angaben der Presseagentur BelaPan).
Weißrussland steht also drei Verhandlungspartnern gegenüber, die es zum Handeln auffordern: der Europarat, der sich bereit zeigt, dem Land wieder seinen Sondergaststatus zu geben und den Dialog aufzunehmen - vorausgesetzt, dass Weißrussland seine Anstrengungen in Richtung Demokratie weiterhin verfolgt und ein Moratorium für die Todesstrafe erlässt. Weißrussland unternimmt gleichzeitig eine Annäherung an die Europäische Union, die das Land finanziell unterstützen könnte, damit es gegenüber Russland seine Schulden in Höhe von 244 Millionen Dollar begleichen kann. Das Land muss sich letztlich mit Russland befassen, das sich wütend gegenüber der Annäherung an die EU zeigt. Die Beziehungen zwischen Moskau und Minsk sind seit ein paar Wochen sehr angespannt. Putin erhöht die Zahl der Embargos gegenüber Weißrussland. Am Freitag, dem 26. Juni beabsichtigte der russische Gasgigant Gazprom seine Gasexporte zu vermindern, laut einer Mitteilung der französischen Presseagentur (AFP). Der französische Abgeordnete Laurent Béteille meint: „Minsk braucht Europa, um sich aus der etwas erdrückenden Beziehung zu Moskau zu lösen, und aus finanziellen Gründen.“ Welche Entscheidung Minsk auch treffen mag, es handelt sich um eine grundsätzliche Wende für das Land.
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On Tuesday, June 30 2009 By Babel Strasbourg - Sessions plénières à Strasbourg - Lien permanent