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Europäischer Rat: Ein Flüchtlingsgipfel kommt selten allein

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Brüssel

Am 17. und 18. März 2016 haben sich die Staats- und Regierungschefs ein weiteres Mal getroffen, um vor allem die Flüchtlingskrise und den damit verbundenen EU-Türkei-Aktionsplan zu besprechen. Dem Treffen waren andere Ratssitzungen und Besprechungen der Führungsebene in Europa vorangegangen, um innerhalb der 28 Mitgliedstaaten sowie mit der Türkei eine Einigung zu finden.

Es ist eine komplexe Krise, ohne einfache Lösung. So beschreibt der Europäische Rat die Flüchtlingskrise auf seiner Website. Nicht nur, dass die Situation dramatisch genug ist, die Mitgliedstaaten haben in der Vergangenheit vermehrt nur unter Schwierigkeiten Konsens finden können. So stehen im Besonderen Staaten wie die der Visegrád-Gruppe der ‚Willkommenskultur‘ anderer (insbesondere Deutschlands) entgegen. Da die Situation sich vor allem seit der Schließung der Balkanroute extrem zugespitzt hat, wurde eine Entscheidung immer dringender.

Ein holpriger Weg zum beschlossenen 10-Punkte-Plan

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, betont in seiner Pressekonferenz, dass dies die „ich-weiß-nicht-wie-vielte“ Ratssitzung zur Flüchtlingsfrage ist. Seit November 2015 hat es drei Treffen gegeben, die auf den EU-Türkei-Aktionsplan und damit auf die Migrationskrise ausgerichtet waren.

Schulz argumentiert stark zugunsten des EU-Türkei-Deals. Er macht klar, dass eine gemeinsame Lösung schnellstmöglich gefunden werden muss. Dafür müsse aber der Mechanismus der Resettlements und Relocation funktionieren. Die Debatten dazu könne er nicht verstehen, vor allem wenn die Kritik vorrangig von Staaten käme, die sich an der Verteilung nicht beteiligen möchten und laut ihm massiv zu der entstandenen Krise beigetragen haben. Dass die Kritik aber nicht nur von diesen Staaten kommt, lässt er außen vor.

Was lange währt, wird endlich gut?

Zu Beginn des Gipfels gab es jedoch noch einige pessimistische Stimmen. So sprach sich z.B. der belgische Premierminister dazu aus, dass er lieber keinen Deal, als einen schlechten Deal haben möchte. Am Ende einigen sich aber alle Beteiligten auf einen 10-Punkte-Plan. Dieser knüpft an die zuvor beschlossenen Maßnahmen an, zuletzt besprochen beim Sondergipfel am 7. März. Zudem nimmt es auch Bezug auf z.B. finanzielle Beschlüsse des Rates vom Februar 2016.

Der Plan stellt die „Wiedererlangung der Kontrolle“ über die EU-Außengrenzen wie auch einen Ende der „irregulären Migration“ in den Fokus. In diesem Zusammenhang soll das Geschäftsmodell der Schmuggler zerschlagen werden und den Flüchtlingen sollen Alternativen dazu gegeben werden, um ihr Leben nicht in Gefahr zu setzen, so Angela Merkel.

Dafür sollen konkreter die Hotspots ausgebaut und Griechenland mit allen erforderlichen Mitteln unterstützt werden. Des Weiteren soll Griechenland Soforthilfe erhalten, um die Lage im eigenen Land schnellstmöglich zu verbessern und die Umsiedlung aus Griechenland heraus beschleunigt werden. Merkel erklärt, dass die Flüchtlinge, die ab dem 20. März die griechischen Inseln erreichen, zurückgeführt werden und ab dem 4. April die Verteilung der Personen beginnen soll. Dazu seien auch alle Mitgliedstaaten bereit, wobei Ungarn und Slowakei hierzu gesondert betrachtet werden müssten. Zusätzlich werden mögliche neue Migrationsrouten, wie über Italien, wachsam beobachtet.

Kritik von Außen

Bereits vorab war viel Kritik zu dem Aktionsplan geäußert worden. Es hat viele Debatten gegeben: zur Einhaltung internationalen Rechts, zur Visa-Liberalisierungs-Roadmap der Türkei, der Zypern-Frage, den griechischen Hotspots – ob diese und andere Fragen tatsächlich geklärt wurden, bleibt abzusehen. Kritisch sind sie dennoch geblieben, da keine konkreten Änderungen, sondern vielmals nur grobe Pläne, zum Zeitpunkt des Beschlusses vorlagen.

Um der Kritik Ausdruck zu verleihen und das Augenmerk auf die Menschen zu richten, um die es hier letztlich geht, stellte Amnesty International in diesem Zusammenhang vor dem Ratsgebäude, am Schuman-Kreisel, ein Bild auf mit der Aufschrift „Handelt nicht mit Flüchtlingen“ (Engl.: „Don’t trade refugees“).

Ebenso organisierte eine Gruppe von fünf Aktivisten die #European Black Days. Die damit verbundene Aktion in Form des Austauschs über Social Media und der Abendwache vor dem Ratsgebäude am 17. März beinhaltete eine essentielle Botschaft. „Dies ist kein gewöhnliches Abkommen, es ist ein schwarzer Tag in der europäischen Geschichte“, so Chloë vom Organisationsteam. Sie erklärt: „Es ändert die Art und Weise, wie die EU seine Solidarität zeigt. Alles, wofür die EU steht, ist damit zerbrochen.“ Viele Menschen fühlen sich nicht betroffen, beschreibt Chloë. Sie hatten diese Aktion innerhalb von fünf Tagen geplant, da keine weitere Aktion dieser Art geplant zu sein schien. Sie wollten die Aufmerksamkeit der Bürger wie auch EU-Politiker darauf lenken. „Die Politiker brechen existierendes Recht, wie die Genfer Konventionen und fundamentale Menschenrechte. Sie agieren, als ob diese nie existiert hätten.“ Die Antwort der Teilnehmer auf die Beschlüsse der Politiker ist deutlich: „Schämt euch“, sagen sie.

Die Aktion sei ein Erfolg gewesen, sagt Chloë. Trotz kurzer Planungszeit, versammelten sich laut den Organisatoren ca. 1000 Menschen bei der Abendwache und 40 Organisationen, wie z.B. Amnesty International, waren involviert.

Der Deal wurde trotzdem beschlossen. Komplex ist es aber geblieben. Chloë selbst sagt, es wäre eine Frage des Willens gewesen, um eine humanere Lösung zu finden. Ob das Abkommen im Sinne der Staats- und Regierungschefs erfolgreich sein wird oder ob dies nur neue, viel gefährlichere Routen hervorbringt, wird sich zeigen. Ob dieses Abkommen, zu dem sie einheitlich zugestimmt haben, allerdings ein Zeichen für Solidarität und Einheit sein soll, bleibt fraglich.